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ben der Außenwelt und der eigenen Persönlichkeit
verbunden war. Um die Ursache dieser Störung
abzuklären, machte er einen Selhstvensuch,
indem er die sehr kleine Menge von 250 Millionstel
Gramm dieses Stoffes einnahm. Schon
diese geringe Dosis hatte dramatische Wirkungen
: Störungen im Raum- und Zeitempfinden,
Depersonalisationserscheinungen und Farb-Hallu-
zinationen. Anschließende systematische Untersuchungen
zeigten, daß bereits ein Fünftel dieser
Dosis, nämlich 30—80 Millionstel Gramm, psychische
Veränderungen hervorzurufen vermögen,
die an Symptome der Schizophrenie erinnern.
Damit war ein außerordentlich wirksamer, die
psychischen und geistigen Funktionen spezifisch
beeinflussender Stoff gefunden worden, der in
der experimentellen Psychiatrie eine große Rolle
spielen sollte.
Mancher wird sich fragen: Welchen Zweck
hat die Herstellung eines Stoffes, der Symptome
von Geisteskrankheiten hervorruft? Die Delysid-
Entdeckung ergab ganz neue Möglichkeiten für
die experimentelle Erforschung psychischer Vorgänge
. Sie förderte das Verständnis für die Entstehung
und Ausdrucksform von Geisteskrankheiten
, leistete aber auch einen namhaften Beitrag
für den Ausbau der eben aufkommenden
Psychopharmakologie, jenes Spezialzweigs der
Arzneimittellehre, die sich mit der medikamentösen
Beeinflussung psychischer Vorgänge befaßt.
Ähnliche Symptome konnten bereits früher durch
Mescalin, den Wirkstoff der mexikanischen Kaktusart
„Peyotl" hervorgerufen werden. Man benötigte
dazu aber 10 OOOfach größere Mengen.
Der Umstand, daß derart geringe Delysid-Dosen
so weitgehende psychische Veränderungen hervorrufen
, legte die Hypothese nahe, daß gewisse
psychische Erkrankungen durch Delysid-ähnliche
„Spurenstoffe" entstehen könnten: Ihre Bildung
könnte durch falsch gesteuerten Abbau körpereigener
Stoffe, zum Beispiel Adrenalin oder
Serotonin verursacht sein.
Mit der Delysid-Entdeckung hat die SANDOZ-
Forschung das Gebiet der psychisch wirksamen
Stoffe betreten. Von da führte der Weg über die
Erforschung des „heiligen" Pilzes Teonanacatl zur
Untersuchung der mexikanischen Zauberdroge
Ololiuqui, in der — erstmals in einer höheren
Pflanze — Mutterkornalkaloid - Derivate gefunden
wurden, wodurch sich ein Kreis in der Mutterkornforschung
schloß. Weitere Erfolge wurden
auf dem Gebiet der herzwirksamen Glykoside,
der Peptidforschung und der Synthesen erzielt.
(Schluß folgt.)
A. Eisele:
(Schluß)
Die katholische Pfarrei Kandern
Wir berichten jetzt nur noch von den Ereignissen
, die uns hier in Kandern angehen. Am
23. Mai 1861 wurde in der neuen Kirche das
erste Paar getraut. Lorenz Fritz, Bürger in Griesheim
und Pächter in Kandern, heiratete Sophie
Köbel, Tochter des verstorbenen Maurermeisters
Joh. Gg. Köbel. Am 14. November 1861 fand die
erste Taufe statt; die Eltern waren der Kaufmann
Karl Wilhelm Sänger, ev. Konfession, und Anna
Eva geb. Kalb aus Miltenberg in Bayern, kath.
Konfession. Das Kind erhielt den Namen Hedwig.
Noch immer wohnte der Pfarrkurat in Bürgeln,
und es war besonders im Winter für ihn sehr
beschwerlich, den regelmäßigen Gottesdienst in
Kandern zu besorgen. „Wegen Pfarrmangel"
mußte von Mai 1877 an der Pfarrer von Liel die
Kuratie Bürgeln-Kandern mitversehen, bis dann
auch hier wegen Erkrankung ein anderer Weg
gesucht werden mußte. 1888 wurde das Anwesen
des Ernst Dreher, das heute im Besitz der Familie
Kolb ist, um 14 000 Mark als Pfarrhaus
angekauft; aber erst 1901 wurde die Kuratie
endgültig nach Kandern verlegt. Im selben Jahre
wurde an die Kirche eine Sakristei angebaut.
Schon 1899 hatte Pfarrkurat Stehle begonnen,
für zwei neue Glocken zu sammeln. Diese beiden-
Glocken (ein Kilo vom besten Material kostet
3,— Mark, Bilder, Inschriften und Verzierungen
unentgeltlich, heißt es im Voranschlag) sollten
1368 Mark kosten. Dazu kam ein neuer eiserner
Glockenstuhl für 210 Mark und sonst noch allerlei
. Die Glocken wurden bei Grüninger in Villingen
gegossen und auf Pfingsten 1901 geliefert.
In der hiesigen Gemeinde wurden 1544 Mark
gesammelt. Der Kirchenfond in Rippoldsau gab
„guttatsweise" 100 Mark. Im Spätjahr 1904 war
der Rest bezahlt. Zehn Jahre später brach der
Krieg aus, dem die beiden Glocken zum Opfer
fielen. Als 1952 ein neues Geläute angeschafft
werden sollte, wurde die alte Glocke von 1861
überprüft. Es stellte sich heraus, daß der Ton im
Laufe der Jahre gelitten hatte und nicht zum
neuen Geläut paßte. Man dachte daran, diese
Glocke in die neue katholische Kirche in Marzell
zu geben. Aber auf Veranlassung des Verfassers
dieser Abhandlung wurde eine andere Lösung
gefunden: die Glocke war für die Kanderner
Kirche geschenkt worden und sollte deshalb hier
bleiben. Weil sie im Türmchen der Friedhofkapelle
keinen Platz fand, kam sie ins Heimatmuseum
. Nach Marzell aber kam die Glocke, die
bisher im Türmchen der Friedhofkapelle hing.
Sie war 1720 von der Gemeinde aus freiwilligen
Beiträgen um 33 Gulden samt dem Türmchen in
Steinenstadt gekauft worden, wo sie vordem in
einer Kapelle des hl. Martin hing, die 1283 erstmals
erwähnt wird und die die Erinnerung wach
hielt an die Zeit, in der Steinenstadt zum Kloster
St. Martin in Tours gehörte (Urkunde vom
31. August 790).
Die Zahl der Katholiken nahm zu; für den
Geistlichen kam die Betreuung der Patienten in
den neu erbauten Heilstätten dazu. Darum wurde
durch den Freiburger Erzbischof Thomas Nörber
die Pfarrei Kandern errichtet. Zu ihr gehören
folgende politische Gemeinden: Kandern mit da-
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