http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1961-12/0007
In ottonischer Zeit war es die Reichenau, die
neben einer Reihe bedeutender Zentren des
frühmittelalterlichen Goldschmiedehandwerks am
Niederrhein die Goldschmiedekunst zu einer besonderen
Blüte führte, nachdem schon um 900
mit dem Werk des Mönchs Tuotilo von St. Gallen
, der die Elfenbeintafeln eines Bucheinbandes
in Gold und Edelsteine faßte, sich die ersten
Höhepunkte dieses Handwerks bekundeten. Hatten
dann noch im 13. Jahrhundert die Goldschmiedewerkstätten
des Breisgaus durch die
Silberbergwerke und ihre zeitweise reichen Erträge
einen wesentlichen Antrieb erhalten, so
verschob sich mit dem beginnenden 14. Jahrhundert
der Schwerpunkt wieder an den Bodensee
. „Die künstlerische Kultur der Landschaften
am Oberlauf des Rheins war durch das ganze
Mittelalter hindurch von größter Bedeutung.
Hier, in der Südwestecke des Reiches, war der
Austausch mit den Nachbarländern besonders
rege, nach Süden über die Alpen nach Italien,
im Westen durch die burgundische Pforte und
über die Vogesenpässe nach Frankreich. Ein
reicher Strom von Einflüssen von draußen wird
aufgenommen, wird immer wieder von neuem
auf das entschiedenste in eigenes umgeprägt auf
Grund einer hohen bodenständigen künstlerischen
Tradition und Begabung, strahlt wieder
nach Osten und Norden in die deutschen Lande
aus, um auch von dort wieder rückläufig neue
Befruchtung und Anregung zu erfahren" *.
Geradezu „fremdartig und altertümlich zurückgeblieben
" 10 wirkt unser Kreuz gegenüber
der Gruppe um das Freiburger Böcklin - Kreuz
mit ihrem „geschlossenen und oberrheinischen'
Charakter", den Kreuzigungsgruppen und Einzelkruzifixen
aus Villingen, Saulgau, Bodman,
Tennenbach u. a. m., „einer eindrucksvollen"
Reihe", in die auch das zweite, um 1280 an-
St. Trudpert. Blick zur Empore.
Reliefplatte mit einer Darstellung der Stifterin Anna
Auf der Rückseite des Kreuzes Foto: Geiger
zusetzende Reliquienkreuz aus dem Klöster
St. Trudpert, das sich heute in der Eremitage
in Leningrad befindet, einzuordnen ist, einer
Gruppe, „die die Entwicklung dieses Typus zusammen
mit den Tympanen von Freiburg und
Straßburg und anderen Beispielen in Stein
und Holz repräsentieren" (Werner Noack). Das
St. Trudperter Kreuz, das früher als „eines
der charakteristischen Denkmäler süddeutschen
Kunstgefühls" galt, dessen Entstehung in Niedersachsen
um 1160 bis 1170 aber wohl als gesichert
betrachtet werden darf, weicht in seinem
Stil grundsätzlich vom
Charakter der oben angeführten
Goldschmiedearbeiten
ab. Ein mit
Silberblech beschlagener
Holzkem bedeckt
die vier Arme des
Kreuzes, an deren Enden
sich die einfachen
Rechtecke finden. Flach
getriebene Figuren,
niellierte Darstellungen
und Ornamente
schmücken das Silberblech
. Der Kruzifixus
der Vorderseite ist an
ein in das Silberblech
getriebenes Baumstammornament
geheftet
, dessen abgeschnittene
Aststümpfe und
schuppige Rinde auffallen
mögen. Das „Astkreuz
", der Nimbus
Christi und die Gewänder
der einzelnen
Foto: r. Feger Figuren sind vergol-
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