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meister von Steinen, dem Geburtsort
des Meisters. Sein
Andenken werde im ganzen
Wiesental lebendig bleiben.
Wer hätte die Laudatio auf
den großen Meister vom Oberrhein
besser und überzeugender
halten können als der feinsinnige
, gelehrte, ewig junge
Präsident der „Badischen Heimat
", der jahrzehntelang mit
Bühler befreundet gewesen,
auch alle Schicksalsschläge tapfer
mit ihm getragen hatte?
Mit einer aus tiefem Wissen
kommenden Sicherheit ließ er
die künstlerische Entwicklung
Bühlers vor den Hörern wiedererstehen
, erläuterte den tiefen
Sinn seiner Farben, der
mystischen Zusammenhänge
im zukunftsweisenden Schaffen
des Meisters. Die Schlußworte
des Redners wurden von allen
verstanden:
Und hinter ihm, im wesenlosen
Scheine,
liegt, was uns alle bändigt:
das Gemeine.
Es ist wirklich wesenlos geworden
, was den Menschen
Hans Adolph Bühler zu bändigen
versuchte, aber niemals
den Künstler erreichte, dem
die lichten Geister in seiner
selbstgewählten Einsamkeit
auf dem Sponneck treu zur Seite blieben.
So dachten wohl alle, während der Sohn des
Künstlers und getreue Bewahrer des Erbes
denen den Dank aussprach, die durch ihr Wort
und ihre Gegenwart bezeugten, daß die Ehrfurcht
vor der Kunst Hans Adolph Bühlers sie
hier zusanimengeführt. Er sagte „Vater", nicht
„mein" Vater und nahm so alle Anwesenden in
den magischen Kreis des Türmers vom Sponneck,
in seine nähere Verwandtschaft auf; behielt die
reiche, zukunftsweisende Hinterlassenschaft nicht
für die Blutsverwandten, sondern teilte mit den
Freunden im Dorf und am Kaiserstuhl, mit allen
Menschen guten Willens. Die Enkelinnen des
Meisters hoben nun das Tuch in den Farben der
Treue und des ewigen Lichts mit so anmutigen
wie natürlichen Gebärden hinweg. Die Gedenktafel
in den Farben eben gepflügter Erde wurde
sichtbar. Der Enkel trug die darin eingemeißelten
Verse des Großvaters vor. Sie klangen noch
einmal auf in den Tönen einer erhebenden
Musik, geboren aus dem Herzen des Volkes und
gesungen, als wäre es die Stimme des Landes.
Wie vorhin die Worte des Seelenhirten als
klares Echo vom Sponneckturm zurückkamen,
sozusagen mit Brief und Siegel des großen Alten,
wurde nun die neue Gedenkplatte ein edler
Spiegel der Sonne. Genau in ihrer Mitte leuchtete
sie wieder, verteilte sich in starken Strah-
Hans Adolf Bühler
len bis an die Ränder, und war so der edle
Schlußakkord einer vollkommenen Feier.
Nachher stiegen die Bauernsöhne und -töchter,
auch manche Alten hoch hinauf bis in die Turmstube
, beschauten des Meisters Wandzeichnungen
, bestaunten die Aussicht, grüßten den alten
Rhein und den jungen Kanal, der nun die
Schiffe trägt und verstanden gewiß die Wolken-
spüele über den Ländern jetzt besser.
Drinnen im Wohnhaus, mitten unter den
Werken des Heimgegangenen, war der Sonnenuntergang
noch eine charismatische Zugabe zu
dem durch Pinsel und Künstlerhand Ausgesagten
. Auch was der junge Hausherr berichtete,
ließ noch einmal freudig aufhorchen.
Der Sponneck wurde zur Verteidigung gegen
Angreifer vom Schwarzwald oder, vom Westen
her erbaut, wahrscheinlich auf römischen, vielleicht
noch älteren Grundmauern. Aber er hat
im Laufe der Geschichte nicht ein einziges Mal
kriegerischen Zwecken gedient; nie mußte Blut
um seinen Besitz fließen. Von einem Erdbeben
her bröckelte der Turm ab. In beiden Weltkriegen
wurde er nur äußerlich beschädigt. Rainer
Maria Rilke wollte sich hier niederlassen, entschloß
sich aber dann doch für Muzot im Wallis.
Hätte er es gewagt, war es licht und hell um
ihn geworden. Aber Hans Adolph Bühler hatte
das verbriefte Recht, ausgestellt in der Kanzlei
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