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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1962-01/0012
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Stromaufwärts von Neuenburg, eine schwache
Wegstunde davon entfernt, liegt Ottmarsheim.
Als Kern ältesten Habsburger Stammgutes und
Sitz einer vornehmen Abtei der Benediktinerinnen
nahm das Sundgaudorf über geraume Zeiten
hinweg unter den Ortsvogteien seiner Umgebung
eine bevorzugte Stellung ein, und wie damals
ist auch heute noch sein im 11. Jahrhundert
nach dem Vorbild der Aachener Pfalzkirche
Karls des Großen erbaute Gotteshaus weit über
das oberelsässische Gebiet hinaus bekannt.

Ihren Namen führt die Gemeinde zu Ehren
des hl. Otmar von St. Gallen. Als Vorsteher der
von Gallus nach der Regel des irischen Glaubensboten
Columban im Jahre 612 gestifteten
Mönchszelle gestaltete er diese aus bescheidenen
Anfängen zu einem bedeutenden Mittelpunkt
wirtschaftlichen und religiösen Lebens im Raum
zwischen Alpen und Bodensee und schuf damit
die Voraussetzungen für ihre so rasche Aufwärtsentwicklung
zu einer der angesehensten kulturellen
Einrichtungen des Mittelalters. Da er
auf kirchlichem Gebiet neben anderen Neuerungen
auch die Benediktiner - Regel einführte, gilt
er als der eigentliche Gründer des Klosters
St. Gallen.

Von der großen Beliebtheit Otmars zeugen
zahlreiche Schenkungen, die ihm während seiner
40jährigen Tätigkeit als Abt (von 719 bis 759)
besonders gegen Ende seines Lebens aus allen
Gegenden des alemannischen Gebietes zuteil
wurden. Zu den allerletzten zählt die des Strach-
frid, welcher alle seine Güter in den drei Siedlungen
Müllheim, Egringen und Onninchova
„dem Kloster der hochheiligen Kirche des Heiligen
Gallus im Thurgau" übereignete. Als am
27. Oktober 758 der Mönch Teothbaldus das Pergament
ausfertigte und Gozbert, einer der Zeugen
, dasselbe unterschrieb, waren dem Abt die
vonseiten der fränkischen Verwaltung gegen ihn
gerichteten Anfeindungen schon lange bekannt.
Doch dachte dieser nicht im entferntesten daran,
daß der Tag ihm noch bevorstünde, an welchem
er, der Freiheit beraubt und von seinem so lieb
gewordenen Sitz verbannt, sein Leben in Gefängnishaft
beschließen sollte. Es geschah bald
nach dem 1. März 759, an welchem Tag Otmar
letztmals als Abt im St. Galler Urkundenbueh
genannt wird.

Die beiden Jahrzehnte um die Mitte des
8. Jahrhunderts waren für die Geschichte unserer
Heimat von einmaliger Bedeutung. Während
ihres Ablaufs vollzog sich die gewaltsame Beseitigung
des letzten alemannischen Stammesherzogs
samt seines ihm treu ergebenen Adels sowie
die Eingliederung des eroberten Gebietes
und seiner kirchlichen Einrichtungen in das von
Pippin 754 geschaffene karolingische Königreich.
Während der Bischof von Konstanz und der Abt
der Reichenau dem fränkischen Geist von Anfang
an die Tore öffneten, ging Otmar eigene
Wege.

Über ein schweres Jahrzehnt hinweg verstand
er es, dank seiner ihm angeborenen Klugheit
und reichen Erfahrung, den andauernden Versuchen
der immer mächtiger werdenden Reichskirche
und des Königshofes zu Paris, St. Gallen
in die Abhängigkeit des Bistums Konstanz zu
bringen, aus dem Wege zu gehen.

Dabei stieg sein Ansehen unter der mit althergebrachter
Sitte und Eigenart aufs engste verwachsenen
alemannischen Bevölkerung von Jahr
zu Jahr. Die Zahl der Schenkungen aus den
Kreisen des noch vorhandenen Adels und der
Besitzenden vermehrte sich erst recht, jedoch
mit ihr auch der Haß und Neid seiner stammesfremden
Widersacher.

Der einflußreichste unter diesen war der bekannte
Graf Ruthard. Als Sproß eines austrasi-
schen Adelsgeschlechtes trat er schon in jungen
Jahren in den Dienst der Karolinger und brachte
es zu einem der zuverlässigsten Helfer und engsten
Vertrauten König Pippins. Mit dessen besonderen
Vollmachten ausgestattet erschien er
nach der Einverleibung des elsässischen Stammesgebietes
nach 740 an verschiedenen Orten
zwischen Vogesen und Oberrhein und zehn Jahre
darauf in Alemannien, um auch hier, zusammen
mit wenigen anderen bekannten fränkischen
Großen, anstelle der beseitigten Herzogsmacht
die Grafschaftsordnung einzuführen. Die materielle
Grundlage seiner Verwaltungsarbeit war
der der herzoglichen Familie und den Adeligen
enteignete Besitz, welcher seitdem als Reichsgut
der Staatskasse unterstellt und von den über die
einzelnen Gaue verteilten Königshöfen verwaltet
wurde. Da diese jedoch nicht in der Lage
waren, die umfangreichen Ländereien schnell
und restlos zu erfassen, kamen manche davon
„auf unrechtmäßige Weise" in falsche Hände.
Daß es gerade dieser angesehene Graf Ruthard
war, welcher an acht Orten im oberen Breisgau
— in Otlingen, Tumringen, Haltingen, Eimeidingen
, Binzen, Rümmingen, Wollbach und
Gotonesvilare — größere Hofanlagen mit allen
Ländereien, Einrichtungen sowie beschäftigten
Leuten auf ungesetzlichem Weg an sich brachte
und für die hohe Summe von 5000 Solidi weiterverkaufte
, hat Karl der Große 26 Jahre später
im Zuge der Karolingischen Renaissance in
einem Dokument vom 30. August 790 für alle
Zeiten gebrandmarkt. Als derselbe Ruthard, so
berichten die Quellen, „aus Neid und Habgier
am Eigentum des hl. Gallus sich vergriffen, die
Klosterbesitzungen beeinträchtigt, vieles widerrechtlich
an sich genommen" hatte, wandte sich
Otmar an den König mit der Bitte um Schutz.
Da er bei diesem kein Gehör fand, Ruthard aber
fortfuhr, das Klostergut von St. Gallen zu schmälern
, erneuerte der Abt seine Schritte bei Pippin.
Daraufhin wurde er „von dem genannten Grafen
ergriffen, festgenommen und auf einem seiner
Güter in Bodman am Westufer des Bodensees
eingekerkert".

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