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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1962-03/0011
Paul Stintzi, Mülhausen:

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(Schluß.)

Ensisheim seit 1648

Schwer hatte der Dreißigjährige Krieg das
Städtlein heimgesucht. Schweden und Lothringer
, Franzosen, Kaiserliche, die Truppen des
Herzogs Bernhard von Weimar hatten Ensisheim
genommen und verloren, ausgeplündert, in Brand
gesteckt. Nur dreißig Häuser standen noch, als
man den Frieden schloß. Furchtbar war die
einstige Hauptstadt durch Hunger und Pest entvölkert
worden. Das moralische Elend spiegeln
wohl am besten die zahlreichen Hexenprozesse
wider.

Im Jahre 1658 bildete der König von Frankreich
den Conseil Souverain d'Alsace, dessen Sitz
Ensisheim wurde und dessen erster Präsident
der Intendant Colbert de Croissy, der Bruder des
bekannten Ministers Colbert war. Wieder war
Ensisheim Mittelpunkt der Verwaltung geworden
. Bossuets Vater saß im Conseil Souverain,
der im Gebäude des Ensisheimer Regiments, du
Regime d'Ensisheim tagte.

Aber schon nach einigen Jahren wurde der
Sitz des Conseil nach Breisach verlegt. Damit
begann Ensisheims Niedergang. Ein französischer
Historiker hat einmal geschrieben, Flori-
mont im Territoire de Beifort sei gefallen mit
dem Untergang der Herrschaft. Dasselbe ist der
Fall für Ensisheim, das seine Rolle als Mittelpunkt
nach 1660 ausgespielt hatte. Die zahlreichen
Adelsfamilien, die sich schon zur Zeit der
Habsburger hier niedergelassen hatten, die Juristen
, Beamten, Schreiber, die hier gearbeitet,
verließen Ensisheim. Was nützte es, daß das Amt
Ensisheim zur priorite royale wurde, daß sich
hier eine „maitrise des eaux et fruits" bildete,
daß das Städtlein sich weiter seiner Rechte erfreute
, — Ensisheim sank zum Bauemdorf herab
und hatte keine große Geschichte mehr.

Die Bewohner lebten fortan vom Ackerbau
und vom Handel. Ensisheim wurde Kantonsort,
blieb aber ein Dorf mitten in der weiten Ebene,
mitten in den Feldern und Äckern. Kornbeladen
rumpelten die Wagen über das Pflaster der Gassen
, im Herbst brachten sie die Kartoffelsäcke
heim, bis an die alten Mauern reichte das Mattfeld
, durch das der Quatelbach wie vor Zeiten
seine ruhigen Wasser an den Wall und von dort
durch die Gitteranlagen der Sträflingsanstalt
führte. Ensisheim hatte nach 1870 bis kurz vor
dem ersten Weltkrieg eine kleine Garnison, von
Mülhausen abkommandiert. Die Mannschaft lag
in der „Kaserne" und versah den Wachtdiens im
Gefängnis.

„Anse", wie die Elsässer sagen, hatte einen
wenig angenehmen Klang... Einsam lag Ensisheim
an der großen Landstraße Colmar—Basel,
die damals so ruhig war. 1886 baute man eine
Dampfstraßenbahn von Mülhausen über Battenheim
nach Ensisheim, eine klassische Lokalbahn,
die mehr denn einmal entgleiste, bei den Zollhäusern
den „Rank" nicht nehmen konnte oder
stecken blieb — doch immer ging es glimpflich

und gemütlich zu. Im Jahre 1901 wurde die
Bahnlinie Colmar—Ensisheim—Bollweiler angelegt
. So war Ensisheim dem Industriezentrum
Mülhausen und der Bahnlinie Mülhausen—Bollweiler
—Colmar näher gerückt, auch Gebweiler,
zu dessen Kreis es gehört. Vor dem zweiten
Weltkrieg wurde die Straßenbahnlinie zwischen
Battenheim und Ensisheim unterdrückt, dafür
aber Ensisheim mit Wittenheim (Industrie) verbunden
und an die bereits bestehende Linie
Wittenheim—Mülhausen angeschlossen und diese
elektrifiziert.

Kurz vor dem ersten Weltkrieg wurden die
Kaligruben zwischen Ensisheim und Ungersheim

Beim Kloster der Kapuziner Aufn Sdiwobthaler, Zillisheim

erschlossen. Das schlafende Dorf erwachte, erhielt
eine neuen Charakter durch den Bau von.
Arbeitersiedlungen, durch die Einwanderung
fremder Arbeitskräfte, wurde wieder zum Städtlein
. Im ersten Weltkrieg blieb es verschont trotz
der relativen Nähe des Hartmannsweiler Kopfes.
Es wurde sogar Schnellzugsstation, denn die
Schmalspurlinie Bollweiler—Ensisheim—Colmar
wurde durch deutsche Pioniere in eine Normalspur
umgebaut und von Ensisheim eine Linie
durch den Hardtwald angelegt. Diese mündete
zwischen der Napoleonsinsel und der Grünhütte
in die Linie Mülhausen—Neuenburg ein. So

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