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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1962-03/0018
Emil Baader:

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Johann Wilhelm Schmidt aus Königsbach

Königsbach, im Pfinzgau gelegen, im schönen
Kämpfelbachtal, ist die Heimat des berühmten
Renaissancebaumeisters Hans Schoch (1550 bis
1631), dem gegenwärtig eine Gedenkstätte in seinem
Heimatdorf geschaffen wird.

Wer aber denkt daran, daß einer der getreue-
sten Freunde Johann Peter Hebels in Königsbach
beheimatet war; waren doch die meisten Freunde
des Dichters „Oberländer". Johann Wilhelm
Schmidt ist der Name von Hebels Königsbacher
Freund. Im gleichen Jahr wie Hebel geboren
(1760), hat er gemeinsam mit Hebel das „gymnase
illustre" in Karlsruhe besucht. Gemeinsam mit
ihm trat er die Reise in die Welt an, in die Welt,
die Universität heißt. Das war am 28. April 1778.

Beide standen im 18. Lebensjahr. Freilich
hatten die beiden verschiedene Ziele. Den einen
zog es nach Erlangen, den andern nach Jena. Die
Wegstrecke von Durlach nach Bruchsal aber legten
die beiden gemeinsam zurück. Beide waren
bester Laune. Das bezeugen die Stammbuchein-
träge, die sie einander gegenseitig widmeten.
Hebel, mit irdischen Glücksgütern nicht gesegnet
, schrieb seinem Freund ins Stammbuch:

Ich bin hier in der Fremde
Und habe nur ein Hemde,
Wenn das zur Wasche springt,
So lieg ich in dem Bette,
Wie Phylax an der Kette,
Bis man mir's wiederbringt.

Dies sind zugleich die ersten Reime, die uns
von Hebel überliefert sind. Sie sind ein Beweis

für seinen unpathetisch - realistischen Sinn. Ehe
sich die Freunde in Bruchsal trennten, griff auch
Schmidt zur Feder. Er revanchierte sich, Hebels
heiteren Ton aufnehmend, mit dem Sprüchlein:

Es drohe Mißwachs und Verlust
Gelehrten Schmierereien,
Nur wolle meines Madchens Brust
Und guter Wein gedeihen!

So zogen die beiden frohgemut in die soeben
gewonnene Freiheit des akademischen Lebens.
Hebel ließ es sich, trotz Geldnöten, in Erlangen
nicht schlecht gehen. Er trat der Verbindung der
„Mosellander" bei, der manche Badener angehörten
. Schmidt blieb nur kurze Zeit in Jena,
dann folgte er seinem Freunde nach Erlangen.
In neuen Stammbuchversen wird das Sie durch
das Du ersetzt. Die Freundschaft bewährte sich
durchs ganze Leben. Schmidt wurde Vikar im
Oberland, Diakonus in Emmendingen, dann
Pfarrer in Hügelheim.

Schmidt war es, der sich wie keiner seiner
Freunde nicht nur an Hebels Gedichten begeisterte
, sondern der auch am meisten Subskribenten
für die Erstausgabe warb. Jede Oberländer
Reise führte Hebel zu seinem Freund aus Königsbach
. Schade, daß die Briefe Hebels an Schmidt
verloren gingen. Aber in Briefen an andere
Freunde taucht immer wieder der Name Schmidt
auf. 1811 ließ er sich nach Buggingen versetzen.
Dort starb er im Ruhestand im Alter von 57 Jahren
, neun Jahre vor Hebel.

25ud)befpt:edjung

Im Zeitalter der deutschen Klassik hat man Humanität
nicht als etwas Sentimentales verstanden, sondern
als den Sinn der menschlichen Geschichte. Er besagt,
daß es der menschlichen Kreatur gegeben und geboten
ist, die in ihr angelegte Sinnbestimmung zu finden und
zu erfüllen. So verstanden, ist Menschlichkeit ein Wort,
das wie ein leitendes Licht der Sprache sich auf die Liebe
zu der menschlichen Kreatur hin sammelt. Der so verstandene
Begriff der Menschlichkeit verweist uns auf
Verwandtschaften mit vielem, was uns vor vierzig Jahren
noch fremd scheinen mochte. Die naturrechtliche
Denkweise des 18. Jahrhunderts zum Beispiel, die für
die Verfassungsordnung der westlichen Völker grundlegend
geworden ist, bedeutet nur eine andere Form
desselben Grundgedankens, derselben „cura hominis",
die in Deutschland die erzieherische Sorge um die im
Menschen auf seine mögliche Erfüllung hindeutende
Anlage begründet hat. Indem wir uns an geistige Ursprünge
erinnern, denken wir ja nicht nur historisch an
etwas, was einmal dagewesen ist, sondern wir erkennen,
wie es in einem geschichtlichen Prozesse zum Leben
gelangte und durch ihn Farbe erhielt, aber eben darum
einen überhistorischen Kern zu offenbaren vermochte.
An diesem überhistorischen Kern ist uns gelegen, an
ihm erweist sich sein Wahrheitsgehalt, der für uns
gültig ist, ihn vermögen wir im Bilde festzuhalten, und
er steht unserem Gewissen zu lebendiger Treue bereit.

Die Stiftung, das Begreifen und die Erhaltung von
Ordnungen setzt Mündigkeit voraus. Und Mündigkeit
entsteht nicht ohne die gemeinsame Arbeit an der Erziehung
zur Mündigkeit, die Arbeit dessen, der mündig
werden will, und die Arbeit dessen, der versucht, ihm

dabei zu helfen. Die mündige Persönlichkeit ist überhaupt
nicht etwas von selbst Gegebenes. Als Persönlichkeiten
charakteristischer Art stellen wir uns unseren
Mitmenschen dar. Jeder von uns hat ein anderes, nämlich
sein eigenes Gesicht Dennoch müssen wir täglich
etwas leisten, um als Person bestehen zu können. Und
was wir dazu zu tun haben, ist gerade heute nicht einfach
. Die Vielfalt der Dimensionen, in denen wir das
moderne Dasein erfahren und in denen wir handeln,
macht es für keinen einfach, zu einer Einheit sich geistig
zusammenzuschließen. In Wirklichkeit können wir das
nur leisten, wenn der Mensch in uns das Individuum
transzendiert, wenn wir über uns selbst als Individuum
hinausschreiten. Dieser Zusammenschluß der Person hat
unfehlbar die Wirkung, auch zum Zusammenschluß des
Gemeinwesens beizutragen. Gemeinwesen muß ebensosehr
„versammelt" werden wie die Person. Gemeinwesen
— wenn es gesund ist — beruht ebensosehr auf
dem Vertrauen zum Menschen, ja darauf, daß wir Vertrauen
ausüben als wirkende Kraft. Kein Zyniker wird
je sich selbst und keiner wird je ein Gemeinwesen zu
einer lebendigen Einheit zusammenzuschließen vermögen
. Daß wir hierin so hilflos sind, daß wir den Zusammenschluß
der Person zu leisten, oft müde und unerfahren
geworden sind, bereitet uns Schwierigkeiten auch
in der Integration des Staates.

Aus: Bergstraesser, Arnold: Politik in Wissenschaft und
Bildung. Schriften und Reden. In: „Freiburger Studien
zu Politik und Soziolgie", herausgegeben von Prof. Dr.
Arnold Bergstraesser. Freiburg: Verlag Rombach 1961.
292 Seiten. Leinen 28.— DM.

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