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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1962-04/0009
Meinrad Lienert ist der produktivste unter
den Genannten. Seine Lyrik „'s Schwäbelpfiffli*
(so genannt nach der Querpfeife, die den Schweizer
Fähnlein vorausmarschiert) umfaßt drei
Bände mit rund 850 Seiten und über 600 Gedichten
. In diesen drei Bänden ist stofflich eine
ganze schweizerische Natur- und Volkskunde
aufgespeichert, beachtlich in ihrer dichterischen
Darstellung, die ihn neben die besten Dichter
seines Landes stellt.

Albin Fringeli, als der Hebelpreisträger des
Jahres 1961, wurde in dieser Zeitschrift in seiner
Dichtung, seinem Wesen und seinem volkstümlichen
Werk schon ausführlich besprochen,
so daß wir hier darauf hinweisen dürfen.

Auffallend für die Schweiz ist auch, daß sie
eine lange Reihe von mundartlichen Prosawerken
mit Anekdoten, Dorfgeschichten und historischen
Erzählungen aufzuweisen hat. Hier hat der
Dichter weit mehr als in der Lyrik die volle
sprachliche Freiheit, so daß manche dieser Werke
zu einem Idiotikon der Schweizer Mundart wurden
. Dies gilt besonders für die Anekdoten von
Jakob Senn und von Bernhard Wyss. Die Dorfgeschichte
fand ihre künstlerische Vollendung
bei Josef Reinhart und bei Simon Gfeller. Als
Hauptvertreter der historischen Novelle darf
Rudolf von Tavel angesprochen werden.

Die mundartliche Dramatik begann erst spät,
weil die reformierte Geistlichkeit der Schweiz
vom 16. Jahrhundert an jedem weltlichen Spiel
entgegenstand* und nur moralisierende Stücke
zuließ. Erst um 1870, als das mehr und mehr
aufkommende Vereinsleben die gesetzten Schranken
durchbrach, kam das weltliche Laienspiel
zur Geltung und erreichte auch sehr bald, gleich
dem im Elsaß, eine reiche Literatur. Alfred
Huggenberger und Jakob Stebler schrieben jeder
über fünfzig Stücke, und viele andere Autoren
sind mit mehr als einem Dutzend vertreten.

In welchen Formen sich auch die schweizerische
Mundartdichtung offenbart, sie bleibt, mit
wenigen Ausnahmen, absolut selbständig, ihrer
eigenen Kraft bewußt. Sie wuchs aus allen Ständen
und Berufen auf. Es beteiligten sich Bauern,
Handwerker, Kaufleute, Beamte, Lehrer, Notare,
Ärzte, Geistliche und Professoren. Die Mundart
kann als die Landessprache der deutschen Schweiz
gelten. Da sie jeder Deutschschweizer bis hinauf
in die höchsten Spitzen der Regierung ohne
Ausnahme spricht, wird sie auch für immer ihre
gemeinschaftsbildende und gemeinschaftserhal-
tende Kraft bewahren. Mit ihr demonstriert der
Schweizer vor aller Welt zugleich seine staatliche
Eigenständigkeit. Der Freiheitswille der Jahrhunderte
hat Art und Wesen der Schweizer • in
Erz gegossen, so daß eine Gefahr für diese niemals
anzunehmen ist.

Ganz anders als im Elsaß und in der Schweiz
liegen die Verhältnisse im alemannischen Südbaden
. Die schmale badische Rheinebene besaß
vor Jahrhunderten keine Kulturzentren, wie solche
bereits im frühen Mittelalter in Hagenau,
Straßburg, Basel oder Zürich bestanden haben.
Freiburg gewann seine Bedeutung erst mit der

Gründung der Universität 1457. Zudem stand
der Schwarzwald stets wie eine Barriere zwischen
der Rheinebene und dem Raum am Bodensee
, so daß das stammhafte Einheitsbewußtsein
der beiden Teile nie besonders stark war. Außerdem
hatte man all die Jahrhunderte über das
Reich im Rücken, man erlebte keine Bedrohung
der nationalen Zugehörigkeit und brauchte darum
auch keine geistigen Mittel der Verteidigung
aufzurufen.

Mundartliche Kloisterdichtungen hat Südbaden -
nicht aufzuweisen, und auch die spätere höfische
Dichtung war sehr mäßig vertreten. Für den
Minnesang kamen in der Rheinebene nur zwei
Burgen in Frage, die der Grafen von Freiburg
auf dem Schloßberg und die der Markgrafen von
Hachberg (Hochburg) bei Emmendingen. Hier
sangen der Ritter Brunwart von Auggen im
Markgräflerland und Meister Walther von Breisach
. Brunwart war ein Dienstmann der Hach-
berger und Vertrauensmann des Grafen Egon III.
von Freiburg. Von ihm sind fünf Lieder erhalten
geblieben. Walther von Breisach war Geistlicher
und Lehrer, zuerst in Breisach, später in
Freiburg. Er ist mit vier Liedern vertreten, die
nicht ohne dichterische Erhebung sind. Stärker
als in der Rheinebene gedieh der Minnesang im
größeren Raum des Bodensees. Dort hatte der
schon genannte Konstanzer Bischof Heinrich von
Klingenberg am Ende des 13. Jahrhunderts zusammen
mit der Züricher Fürstäbtissin einen
sangesfreudigen Kreis von Männern und Frauen
aus dem Adel der Umgebung, den Stiftsgeistlichen
und den städtischen Geschlechtern um sich
versammelt. Als Minnesänger traten dort auf
der Ritter Heinrich von Dettingen, dessen Burg
auf dem Bodmannsrücken stand, und Burkart
von Hohenfels, dessen Burg auf dem Ostufer des
Uberlinger Sees bei Sipplingen stand. Vom erste-
ren sind uns zwei, vom letzteren 19 Lieder erhalten
geblieben. Burkarts Lieder weisen kühne
Bilder und Wortschöpfungen auf und gehören
zum besten, was die badischen Minnesänger hinterlassen
haben. (Schluß folgt).

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Unter dieser Überschrift hatte ich in Nr. 10 des Jahrgangs
1960 der „Markgrafschaft" auf ein neues Bild aufmerksam
gemacht, das J.P.Hebel in seinen 30er Jahren
zeigt und das von einem Heidelberger Hebelfreund im
Privatbesitz einer Dame in Heidelberg entdeckt worden
war. Leider war es nicht möglich, dieses kostbare Bild
für das Hebelmuseum in Hausen oder für das Heimatmuseum
in Lörrach käuflich zu erwerben, denn die
Besitzerin war anscheinend erst damals hinter den
Geschmack und Wert dieses Kleinodes gekommen und
wollte es nicht veräußern. Nun aber hat sie sich doch
davon getrennt und es dem Kirschgartenmuseum in
Basel zur Verfügung gestellt zu dem recht beträchtlichen
Kaufpreis von 5000 DM. Die Hebelfreunde von Basel
haben durch Spenden mitgeholfen, daß dieses wertvolle
Stück für das Museum angekauft werden konnte.

Wer von den Hebelfreunden einmal seine Schritte gen
Basel lenkt, sollte nicht versäumen, dieses schöne Bild
sich anzusehen, das Philipp Jakob Becker, zeitgenössischer
Hofmaler und Galeriedirektor, von dem noch
jüngeren und damals noch unbekannten Dichter geschaffen
hat. Richard Nutzinger

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