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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1962-07/0007
hoheit stehen, die Leibeigenschaft
von dem heutigen Tag an völlig aufheben
und Unsern Untertanen in
ersagten Landen hiemit für leibesfrei
erklären, wobei jedoch dieselben
wegen des Unseren Landen
zu leistenden Schutzes und zur Beibehaltung
guter Ordnung sowohl
als anderer nötigen und nützlichen
Landesanstalten in der Verbindlichkeit
zu denen Soldatendiensten und
Fronden so wie bisher, und soweit
sie nicht durch Special - Begünstigungen
davon befreit sind,
fernerhin verbleiben, auch nicht befugt
sein sollen, ohne Unsere Einwilligung
außer Lands oder in einen
Unserer hohen und niederen alleinigen
Gerichtsbarkeit nicht unterworfenen
Ort zu ziehen, noch auch in
andere Kriegsdienste zu gehen; im
Ubertretungsfalle aber sollen alle
bisherigen Folgen der Leibeigenschaft
stattfinden und vollzogen werden
; auch behalten Wir Uns bei
denen, welche zu solchem Hinwegzug
Unsere Einwilligung auswür-
ken, alle bisherige Manuvissions-
Abzugs- und andere desfalls eingeführte
Abgaben noch zur Zeit und
solang, bevor bis Wir durch Verträge
mit anderen Ständen und
Herrschaften Werinnen eine billige
Gleichheit und wechselseitige Zug-
fredheit werden festgesetzt haben".

Die Abzugsgelder, mit Vorbehalt
des sogenannten Lacherbgeldes, die
vordem bei einem Umzug aus dem
Durlachischen in den Baden-Baden-
schen Landesteil oder von einem
Oberamt ins andre bezahlt werden
mußten, wurden aufgehoben und
zwar mit Einschluß der Wiedertäufer
und Juden, ebenso der Abzugszoll
und die Expeditionstaxe, das
sogenannte Landschaftsgeld, das nur
im Baden-Badenschen Landesteil geübt
wurde, der LeihschiUing, der
Todesfall und Hauptrecht oder Besthaupt
. Da die Städte einen gewissen
Anteil am Abzugsgeld für sich beanspruchten
, sollten die Städte erst
dann die Freiheit vom Abzug bewilligt
erhalten, wenn sie sich bereit
erklären, auf ihren Anteil ebenfalls
zu verzichten. Von der Entlassung
aus der Leibeigenschaft sollten die
„in anderer Herren Ländern und
Orten" wohnenden hierher gehörigen
Untertanen ausgenommen sein.

Der Markgraf schloß seinen Erlaß
mit folgender Anrede an seine
Untertanen:

„Wie Wir nun bei der Aufhebung
dieser Lasten die einige Absicht
hegen, das Glück Unserer UnterPaul
Sattele:

Heben unb ©terben einet: iLanbfdjaft

IV.

Vergewaltigter Strom

Rauh war das Handwerk der Fischer, voll Mühsal in Sonne und Regen,

Wenn sie den Wogen trotzten des angeschwollenen Stromes,

Der den gebrechlichen Weidling stets zu zerschlagen versuchte

An den Blöcken des Ufers oder im offenen Bette.

Aber zäh und verbissen trotzten die Fischer dem Ansturm,

Warfen die teueren Netze in den geöffneten Rachen

Des Wildlings, der sie gar oft in den Wirbeln der Strömung mit fortriß,

Stellten sich mutig dem Griff und dem Wüten des Vrelementes,

Immer zum Kampfe bereit und im Willen, sich kühn zu behaupten

In der Gefahr und Gewalt des wilden Sohnes der Alpen.

Fischergeschlechter der Wunderlin, Thüring und Brdndlin
Waren jahrhundertelang die Meister des tapferen Handwerks,
Bis die geschäftige Zeit die Stromheimat ihnen verwüstet,
Kalt und gefühllos wie immer, wenn es um schnöden Gewinn ging,
Heimat der Fischer und Bauern und Heimat der Stillen im Lande,
Seelenheimat für alle, die hier ihren Frieden gefunden.

Arme, geschundene Landschaft, von Striemen und Wunden gezeichnet,

Wie ergreift uns dein Antlitz, das immer von Herzen geliebte.

Nur noch zur Fratze verzerret liegt es gepeinigt am Boden

Öde und leer und verbrannt und ohne Blut in den Adern,

Weil seine Hauptschlagader, der lebende Strom, ihm genommen.

Nur eine stinkende Lache blieb noch zurück und ein Rinnsal,

Wie verstört und verirret bald hierhin und dorthin sich wendend.

Auf der Isteiner Schwelle schreitet man trockenen Fußes
Nun von Ufer zu Ufer über die felsige Brücke,

Wo einst die Wirbel des Stromes verschäumten und wühlten und tosten.

Auf den kiesigen Inseln wuchern die Algen und Moose

Und verpesten die Lüfte mit dem Geruch des Todes,

Wenn in der Sonne versengt die Pflanzen sterben und modern.

Heimat, was wissen die Fremden, die dich mit Greueln geschändet,
Von dem Geheimnis der Seele, das die Getreuen erfüllte
Heimlich mit inniger Sehnsucht und mit dem Adel der Ehrfurcht.
Alles begrub der Kanal in den Grabeskammern des Betons,
Zwang den gefesselten Strom in das harte Joch seines Bettes
Und verwandelte rings die Natur des sterbenden Wortes,
Weil der versiegende Grundwasserspiegel die Landschaft versteppte.

Wie vom Feuer versengt verdorrten die Pflanzen und Bäume,

denen kein lebenspendendes Naß mehr die Wurzeln befeuchtet.

Weizen und Mais und Gemüse wuchsen nicht mehr in den Feldern,

Und die vertrockneten Kirschen fielen vom saftlosen Baume

Mit dem verwelkten Laub von verkümmerten Ästen und Zweigen.

Selbst der Bach, der dem Dorfrand entlang sich schmiegsam gewunden,

War versiegend zur schwarzen, schlammigen Suhle geworden,

Wo nun die Schweine voll Wollust mit Grunzen und Quieken sich wälzten.

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