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Dr. Berthold Härtel:
Wlatia $mbm - ein ftänbiges Wtaljnmal
Hinter Zell, wo das Wiesental schon recht eng
geworden ist, schiebt sich zwischen Atzenbach
und Marnbach ein auffallender Bergkegel vor,
von dessen Höhe ein schlankes, weißes Kapellchen
weit über das Land hinblickt: Maria Frieden
. Steil führt der Weg vom Tal aus hinauf,
wenn man es nicht vorzieht, die Fahrstraße von
Zell nach Pfaffenberg zu benutzen, ein idyllisches
, sanft an die Berghänge geschmiegtes Dorf.
Ist man nahezu oben angelangt, schaut plötzlich
das Glockentürmchen neugierig zwischen den
Baumzweigen hervor. Nach ein paar Metern
steht man vor der schlichten Pforte der Kapelle.
Pfarrer E. Thoma, der seit 1942 Pfarrherr in
Atzenbach ist, und dessen Initiative dieses Werk
seine Entstehung und Vollendung verdankt, erzählt
, schon früher sei ihm der Gedanke gekommen
, daß dieser eigenartig geformte Berg —
geologisch gesehen bildet er die Endmoräne
eines früheren Gletschers — nach einer Krönung
verlange, und das könne als Verbindung zwischen
Himmel und Erde nur eine Kapelle sein.
Die letzten Kriegs jähre brachten jedoch derartige
Schwierigkeiten, daß an eine Verwirklichung
der Idee vorerst nicht zu denken war. Da fielen
an einem Spätnachmittag in Marnbach 25 Bomben
, von denen zwei auch Häuser trafen, doch
wie durch ein Wunder wurde niemand verletzt
oder gar getötet, weil die Bewohner zur Rosenkranzandacht
in der Kirche weüten. Von tiefem
Dank ergriffen verspürte die einheimische Bevölkerung
das Bedürfnis, etwas zu tun, da sie
heil durch die Kriegsnöte gekommen war. Sie
unterstützte die Idee ihres Pfarrherrn, eine
Kapelle auf jenen Berg zu bauen und nahm das
Werk gleich nach dem Zusammenbruch in Angriff
. Bereits im Juni 1945 konnte mit dem Einverständnis
der Franzosen, die sich sehr entgegenkommend
zeigten, der erste Spatenstich
getan werden. Die Arbeit gestaltete sich recht
schwierig. Abgesehen von dem Mangel an Baumaterial
und Nahrungsmitteln für die Arbeiter,
war das Gelände völlig unerschlossen. Kein Weg
führte auf den Berghügel, den ganzen Platz
überwucherten Dornen und Gestrüpp. Mit dem
Wachsen des Werkes wuchs das Interesse der
Bevölkerung des Wiesentals daran. Man unterstützte
den Bau nach besten Kräften, und manche
Stiftung wurde gemacht. So konnte schon
am 21. September 1945 das Richtfest gefeiert
werden, und am 17. Juni 1946 erfolgte die festliche
Einweihung der Kapelle durch Pfarrer
Thoma im Beisein von 2000 Menschen.
Da steht nun das kleine Kirchlein, in schwerer
Nachkriegszeit erbaut, ein ständiges Mahnmal,
um den Frieden zu beten. Der in Freiburg
lebende Kunstmaler Hans Franke, bekannt durch
seine Motive aus der Schwarzwaldlandschaft,
schuf das Altarbüd. Auf ihm verkörpert sich die
Idee der Erbauer.
Maria schwebt auf einem Regenbogen, der
sich über das Tal spannt; der purpurrote- ster-
nenübersäte Königsmantel fällt weit über ihre
Schultern; mit mütterlich sorgender Miene blickt
sie herab auf die Welt. Das Kind auf ihrem
Schoß besitzt einen eigenartigen Gesichtsaus-
druck, es scheint dem Weinen nahe, voller Sorgen
die rechte Hand zur Warnung erhoben: es
ist der Ruf zur Umkehr, den Krieg im Zwiespalt
zwischen Mensch und Gott zu beenden. Der
Mensch möge auch Frieden schließen mit sich
selbst.
Viele Brautpaare lassen sich hier gerne trauen.
Jeden Donnerstag vormittag zelebriert Pfarrer
Kapelle Maria Frieden
Foto: Berthold Häael
Thoma in Maria Frieden eine Messe, die hauptsächlich
von den Kindern des nahegelegenen
Heims besucht wird.
Auch dieses Kinderheim, „Bergklause Maria
Frieden" genannt, verdankt seine Entstehung
Pfarrer Thoma. In der schrecklichen Not der
Nachkriegszeit wollte der Pfarrherr von Atzenbach
für die armen Flüchtlingswaisenkinder eine
neue Heimstätte schaffen. Die Idee war bestechend
, die Ausführung in jener Zeit schien sich
jedoch kaum verwirklichen zu lassen. Alle
Zweifler am Gelingen hatten allerdings eines
unterschätzt: den unbeugsamen Willen und die
unermüdliche Tatkraft von Pfarrer Thoma. Er
fuhr mit dem Fahrrad nach Freiburg — in jener
Zeit gab es keine andere Möglichkeit —, opferte
von seinem eigenen Vermögen und rastete und
ruhte nicht eher, bis das in seinem Schwarzwaldcharakter
sich hormonisch in die Landschaft
einfügende Haus unter Dach und Fach
gebracht war.
Im Herbst 1947 konnten die ersten zwanzig
Flüchtlmgswaisenkinder in die Bergklause ein-
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