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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-01/0009
Zusammenhang ist jedoch ... nicht bewiesen,
sondern nur aus der Gleichzeitigkeit erschlossen"
(Mortensen a. a. O.)2).

Neben all diesen heute von der Forschung
diskutierten Theorien wird heute die „Fehlsiedlungstheorie
" von der geographischen Wüstungsforschung
weitgehend abgelehnt. Ihre Vertreter,
die die „individuellen Ursachen" jeder Wüstung
betonen, sehen in der ungünstigen Lage einer
Siedlung die eigentlichen Ursachen für ihr späteres
Wüstwerden und lehnen es ab, „allgemeine
Gesetze über die Wüstungsbildung aufzustellen
" (2, 1934, S. 181). Grundwasserverhält-
nisse, Bodenbeschaffenheit und klimatische Faktoren
sind nach dieser Anschauung als ein
Ursachenkomplex anzusehen, der das spätere
Wüstwerden eines Ortes erklärt. Die Ursache
einer Wüstung ist „immer nur in der besonderen
geographischen Lage der einzelnen Wüstung
gegeben". Tatsache ist, daß von den meist auf
schlechteren Böden gelegenen Ausbausiedlungen
ein größerer Teil verschwand als von den auf
besseren Böden gelegenen älteren Dörfern (vgl.
29,1950, S. 37 ff.). In der Qualität des Bodens die
Ursache für das Wüstwerden sehen zu wollen,
ist jedoch nur bedingt und in einigen Fällen
haltbar, da die Ausbausiedlungen sich nicht nur
auf Rodelandschaften beschränken, sondern sich
auch in altbesiedelten Landschaften finden, und
sich in einigen Landschaften auf den fruchtbaren
Böden eine größere Anzahl von Wüstungen findet
als auf benachbarten, weniger ertragreichen
Böden3).

II.

Methodik und Aufgaben der
Wüstungsforschung

Es ist heute möglich, mit Hilfe verschiedener
naturwissenschaftlicher Methoden (Phosphat- und
Laktat- sowie durch die C14-Methode [28,1960])
wie auch durch die Datierung von Keramikresten
ehemalige Ortswüstungen ausfindig zu machen,
zu lokalisieren und in groben Umrissen den
Zeitpunkt ihres Wüstwerdens zu bestimmen, was
jedoch hinsichtlich der C14 - Methode nur für
weiter zurückliegende Zeiträume möglich ist.
Ferner erlaubt uns etwa auch das Auffinden
kalkholder, sonst nur in den aus Kalk aufgebauten
Vorbergen des Schwarzwaldes lebender
Schneckenarten im kristallinen Schwarzwald den
Nachweis früherer Befestigungsanlagen (vgl. 19,
1931).

2. ) Mortensen, a.a.O., S.211: „Es würde ein Zirkelschluß

sein, wenn wir, weil wir in einigen Gebieten den...
Wüstungsvorgang in das ausgehende Mittelalter stellen
dürfen, diesen Zeitpunkt für alle, in Wirklichkeit
noch garnicht datierten Wüstungsperioden unterstellen
, und dann diese Gebiete mit als Beweis für den
Zusammenhang von nachgewiesener Entvölkerung
mit Wüstung verwerten."

3. ) Beispiele bei Scharlau, Siedlung und Landschaft im

Knüllgebiet. Forschungen zur Deutschen Landeskunde
, Bd. 37, Leipzig, 1941, S. 237. Dies beweist jedoch
umgekehrt wiederum nicht, „daß die Bodengüte
ohne Einfluß ist", da diese fruchtbaren Altsiedelland-
schaften von jeher im Mittelpunkt des grundherrlichen
Interesses standen. (29, 1950, S. 37.)

Die St. Georgs - Kapelle in dem Weiler Biengen - Dottighofen

Aufn.: Gerhard Geiger

Ist in diesen Fällen die Frage nach der Einbeziehung
in die Wüstungsforschung noch unschwer
zu beantworten, so verschwimmt die
Grenze zwischen der Wüstungsforschung und
ihren Nachbardisziplinen, etwa die Flurformenforschung
, gerade im Hinblick auf die ur- und
frühgeschichtlichen, fossüen Äcker, die jedoch
als wüste Fluren auch in die geographische
Wüstungsforschimg einbezogen werden. Die
Literatur über diese frühen Flurformen ist in
Deutschland und anderen europäischen Ländern
(vgl. 14, 1954) in den letzten Jahren beträchtlich
angewachsen. Die Wüstungsforschung wird hier
fast ausschließlich zu einem Forschungszweig,
der den Prähistorikern vorbehalten ist. Dagegen
scheint es heute wohl unumgänglich, die
Wüstungsforschung auch auf die Wüstungserscheinungen
des Früh- und Hochmittelalters,
die bisher nur wenig Beachtimg fanden, auszudehnen
, wie auch, was die Neuzeit betrifft,
etwa das Herabsinken der Dauersiedlungsgrenze
in den Alpen während des 18. und 19.
Jahrhunderts ein Beispiel für ein bisher von
der Wüstungsforschung nur wenig gestreiftes
Wüstungsproblem bildet.

Schrifttum

1. Abel, Wilhelm: Die Wüstungen des ausgehenden
Mittelalters, 2. Aufl., Stuttgart 1955. — 2. Becker, Anton:
Die geographische Wertung der .Wüstungen, in: Mitteilungen
der Geographischen Gesellschaft in Wien, 77. Bd.,
1934, S. 146—181. — 3. Beschorner, Hans: Wüstungsver-

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