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ff jbtt Maknbzmantif im alten Srtefentyeimec Jlofttöfctötyauö
Viele alte Postwirtshäuser bestehen im alemannischen
Land; es sei erinnert an die Alte
Post in Waldshut und an die Alte Post in Müllheini
, die sich heute zu einem weitbekannten
Motel gewandelt hat.
Auch Friesenheim besitzt ein schönes aus der
Barockzeit stammendes Postwirtshaus, das dadurch
besonders interessant ist, daß hier Johann
Peter Hebel im Jahre 1805, aus der Schweiz
kommend, mit den beiden jungen Baronen Karl
und Ernst von Mentzingen, übernachtete.
Als vor einiger Zeit der Südwestfunk Friesenheim
, die größte Landgemeinde des Landkreises
Lahr, besuchte, kam Otto Ernst Sutter,
der „Kalendermann" des Südwestfunks, der ein
besonderer Verehrer Hebels ist (er gab im Hebeljahr
1960* im Rosengartenverlag Konstanz unter
dem Titel „Johann Peter Hebels Lebensweisheit"
Lesefrüchte aus Hebels Schaffen heraus), auch in
die Hebel- und Heimatstube des alten Postwirtshauses
. Daß es ihm hier gefallen hat, bezeugt
sein Eintrag — an Peter und Pauli geschrieben —
im Gästebuch der Stube. Otto Ernst Sutter
schrieb folgendes: „In einem alten Posthof ist
jene Zeit stehengeblieben, in der das Menschenherz
vom Wirbel des „Großen" noch unbeirrt
war. Es steht dem „Adler" in Friesenheim gut
an, daß er sich noch einen Hauch bewahrt hat,
jenen Atem des Zufriedenseins im Kleinen, im
Glück des Schlichten. Mag dieses Haus sich dessen
bewußt sein, daß es ein schöner hochgemuter
Auftrag ist, in der Irrnis und Wirrnis dieser
Zeit, Traditionen aus der Ära des Posthorns und
der Gastlichkeit des Posthofs zu pflegen. Es
mutet als gutes hoffnungsvolles Omen an, daß
es im „Adler" eine Hebelecke gibt. Ist doch der
Rheinländische Hausfreund der Patron der Posthalter
gewesen, zugleich aber auch — und das
zumal — der unvergleichliche Siegelbewahrer
heiteren Menschentums. Wohl denn, Friesenheim
, freue dich, du schönes stolzes Großdorf,
daß du einen „Adler" hast.
Der Kalendermann (O. E. S.)"
Wir freuen uns dieses schönen Eintrags im
Geiste Hebels, des milden Schutzgeistes unserer
oberrheinischen Heimat. Emil Baader
Eine Begegnung
E Wülchli fliegt grad vore Vollmond ane,
er lächlet stolz: „Du chasch mer nüt aha!
Was witt denn du — du chleini Wetterfahne?
Du sichsch es jo, i lauf vn höchere Bahne,
by mir erst fangt der Himmel a!"
Das Wort trifft 's Silberwülchli bis in d'Seele,
zmols isch's vor Schrecke rosig überhuueht,
un 's sait: „I gunn der jo dy Schy, dy geele,
un gang der gern usweg, do solls nit fehle,
wo me dy Glanz so nötig bruueht!"
I weiß — dort obe tuet me jo nit schwätze,
un doch — so hanis ebe ghört un gseh:
's chlei Wülchli löst sich uf in Nebelfetze,
der Vollmo wanderet zue de Sterneplätze,
sy Gsicht glänzt zfriedener as je...
Hedwig Salm
^udjbefprectmng
Heimatforschung
Hat sie noch Sinn? Die Frage ist nicht unberechtigt,
vergegenwärtigen wir. uns, daß der Begriff „Heimat" die
Eindeutigkeit, die ihm ehedem innewohnte, fast völlig
eingebüßt hat. Man geht in unserer Zeit sehr respektlos
mit ihm um. Städte werden als „Heimat" von Erzeugnissen
gekennzeichnet, die in ihnen fabriziert werden.
Eine Stadt, die ihres Jahrhunderte, ja Jahrtausende alten
Bestehens festlich gedenkt, kann es nicht verhüten, daß
sich die Reklame - Gesellschaf t der Bundesbahn, die
unsere Bahnhöfe vor allem für Stätten der von ihr
betriebenen, breitspurigen Geschäftswerbung großer und
kleiner Firmen ansieht, darauf kapriziert, den Willkom-
mensgruß an die Gäste im Namen einer Zahnpasta, einer
Hautcreme oder einer Schuhwichse zu entbieten! Und
was im Bereich des so mächtige Wogen schlagenden
Fremdenverkehrs als „Heimatabende" ausgegeben wird,
bezeugt so gut wie durchweg, welche seltsame Vorstellungen
man von dem Wesen der jeweiligen „Heimat"
hat, ganz zu schweigen von den Reiseandenken, die als
„heimatliche" Erzeugnisse der in Frage kommenden
Landschaft angeboten werden...
Nun, allen diesen höchst unerfreulichen, vielfach niederschmetternd
betrüblichen Anzeichen einer weitgehenden
Verwilderung der Anschauungen vom Sinn der
Heimat zum Trotz gibt es — welch ein Glück! — noch
Menschen, die es nicht völlig aufgegeben haben, dem
schönen Wort Heimat und dem Begriff, der in ihm sich
birgt, noch einen Rest von Geltung zu sichern, ihm
— vielleicht! — noch, einmal zu neuen Ehren zu verhelfen
. Oft unter persönlichen Opfern verpflichten sie
sich der Aufgabe, die sie sich selber stellen, die Erscheinungswelt
des Ortes und der Landschaft, in der sie leben
und sich „daheim" fühlen — es braucht keineswegs die
Geburtsheimat, kann recht wohl die Wahlheimat sein —
sich gewissermaßen zum geistigen Eigentum zu machen.
Sie werden darüber zu schätzenswerten Repräsentanten
„ihrer" Landschaft,, in der sie mit ihrem Denken und
Empfinden tief wurzeln.
Lehrern, Pfarrern, Beamten der verschiedensten Sparten
, aber auch privaten Einzelgängern hat die Heimatforschung
in so gut wie allen oberrheinischen Landstrichen
viel zu danken. Viele unter ihnen erinnern sich
gewiß des „Kleinen Führers für Heimatforscher", der
1924 erstmals erschien, verfaßt von dem hochverdienten
Michael Walter, der als Regierungsdirektor i. R. vor vier
Jahren verschied. Eine zweite Auflage war schon 1926
nötig, eine dritte fällig kurz vor dem Heimgang des
Verfassers. Nun legt der Verlag J. Boitze in Allensbach
das brauchbare Büchlein, das „Winke, Stoffe und Hilfsmittel
für die Heimatforschung" darbietet, in einem
Neudruck vor. Der Waltershofner Oberlehrer August.
Vetter nahm sich der Neubearbeitung des Abschnitts
„Hilfsmittel für die Heimatforschung" an. Das Wiedererscheinen
dieses Leitfadens für eine sorgsame und
lebensnahe Heimatforschung kann man nur dankbar
begrüßen. In einer wohl bald wieder erforderlich werdenden
weiteren Auflage könnte vielleicht auch den
Gedanken und Richtlinien des Naturschutzes und der
Denkmalspflege ein besonderes Kapitel gewidmet werden
. Geht es bei ihnen doch gewissermaßen um „angewandte
Heimatkunde".
Otto Ernst Sutter
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