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auch über die einfachsten Landschulen in die
Häuser kommen? Alles Reden über Hebel und
den Hebelgeist und alle Bemühungen um die
Erhaltung der Mundart sind wertlos, wenn das
Kind nicht erlebt, was Hebel mit seiner Mundartdichtung
geschaffen hat, daß er sie ,hinauf-
gehoben hat. Wird nicht immer wieder auf das
Beispiel unserer Schweizer Nachbarn verwiesen,
wo auch die höchsten Regierungsstellen sich erst
recht wohl fühlen, wenn sie sprechen können wie
ihnen der Schnabel gewachsen ist. „Mit dem
Sprechen empfangen wir in der zarten Kindheit
die erste Anregung und Richtung der menschlichen
Gefühle in uns, und das erste verständige
Anschauen der Dinge außer uns, was den Charakter
des Menschen auf immer bestimmen hilft,
und es ist nicht gleichgültig, in welcher Sprache
es geschieht". (Hebel 1805 an Schneegans in
Straßburg als Antwort auf die Frage, ob die
Kinder zuerst französisch oder deutsch lernen
sollen.) „Lehren Sie zuerst die angeborene Muttersprache
, und am liebsten im häuslichen, heimischen
Dialekt sprechen." Und gerade der Teil
unseres Volkes, der durch höhere Schulen gegangen
ist, sollte die Sprache pflegen, die unsere
Vorfahren vor Jahrhunderten sprachen, aus der
sich die hochdeutsche Sprache entwickelte.
Karl Berner ist hier zu kurz gekommen, mag
mancher denken, der ihn nicht persönlich kannte.
Aber die Muttersprache und ihre Pflege war sein
wichtigstes Anliegen. Die Setzer konnten davon
Emil
Der aus Pforzheim gebürtige Dichter, Musikschriftsteller
und Hebelforscher Professor Dr.
Wilhelm Zentner vollendete am 21. Januar 1963
in seiner Wahlheimat München sein 70. Lebensjahr
. Bereits wurde eine Reihe auf dem badischen
Land stammender Schriftsteller, die in München
wohnen, mit dem Hebelpreis ausgezeichnet. Es
sei erinnert an Benno Rüttenauer, Wilhelm Wei-
gand und Wilhelm Hausenstein. Im Jahre 1953
erhielt auch Wilhelm Zentner diese Auszeichnung
. Ist nicht Wilhelm Zentner von all den
Genannten Hebel am engsten verbunden?
Obwohl Pforzheimer von Geburt, ist er der
Abstammung nach sowohl von der Vater- wie
von der Mutterseite her Alemanne. Aus dem
Kanton Glarus kamen Zentners Vorfahren in
der Zeit der Glaubenskämpfe nach Deutschland,
während die mütterlichen Ahnen seit dem
14. Jahrhundert im Tal Johann Peter Hebels
wohnten.
Da Zentners Eltern früh von Pforzheim nach
Karlsruhe übersiedelten, gewann der Jubilar zu
seiner Geburtsstadt kaum nähere Beziehungen,
umso mehr aber zu Karlsruhe. Der Vater, Münzrat
Wilhelm Zentner, war Direktor der „badischen
Münze". Die Familie wohnte in der von
Weinbrenner erbauten Münzstätte (Stefanienein
Lied singen. Daß ihm die Gabe gegeben war,
in dieser Muttersprache und in hochdeutsch zu
dichten, hebt ihn über die Menge hinaus. Wir
freuen uns, daß wir ihn gehabt haben, und daß
sein sonniger Humor in seinen Erzählungen und,
Gedichten weiterleben möge, das ist unser
Wunsch zu seinem hundertsten Geburtstag.
Alemannisch
Weisch, was de bisch.
Wenn d'r dy Sproch nit guet gnueg isch?
De chumsch mer vor
Wie ne gwyßgete Mohr,
.Wie ne Guckel, wo gackeret,
Wie ne Buur, wo z'ackeret
Im Frack un Zylinder —
Wie ne Besebinder
Wo Locke trait,
Wie ne Pfau uf der Weid
Zwische Geißen un Chüeih —.
Was gisch d'r au Müeih
Un wit hochdütsch schwätze?
Wit dyni Hose mit Siide platze?
Lueg, wie dyni Landslüt lose;
Los, wie dyni Spezel lache!
Si froge: Was macht de für Sache?
Isch's em nit guet?
Fehlt em öbbis untrem Huet?
Trait er nit e stiife Filz?
Jetz gilt's!
Druf!... e Dumpf!...
Alemannisch isch Trumpf!
Karl Berner
straße 28) im Bannkreis Hebels, Scheffels und
des Hoftheaters. Scheffels Elternhaus (Stefanienstraße
16) lag nahe der Münze.
So wurden Hebel, Scheffel, das Karlsruher
Gymnasium und das Theater lebensbestimmende
Eindrücke für den jungen Wilhelm Zentner. Nach
Absolvierung des Gymnasiums studierte Zentner
zunächst in Heidelberg, später in München
Germanistik und Theaterwissenschaft. Mit einer
Arbeit über den Wiener Dichter Bauernfeld erwarb
er 1920 in München den Doktorhut. München
wurde ihm zur zweiten Heimat.
Von früher Jugend an blieben ihm aber bis
zum heutigen Tag Karlsruhe und Heidelberg sowie
das Markgräflerland, wo seine vor kurzem
verstorbene Mutter wohnte, zumal aber auch der
Bodensee seine ständigen unentwegte Anregungen
spendenden Ferienparadiese. Wie reich und
mannigfaltig ist Zentners literarisches und künstlerisches
Schaffen in München: er wirkt als
Dozent an der Hochschule für Musik, er leitet
dort die Arbeitsgemeinschaft für Musikkritik, er
ist Lektor der Bayrischen Akademie der Schönen
Künste, daneben der 1. Vorsitzende des Verbandes
Münchener Tonkünstler. Seit Jahren ist er
Herausgeber von Reclams Operntextbibliothek,
Baader:
Wityzim Rentner 70 Jatyvz alt
Gruß an den hochverdienten H eb elf or s eher
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