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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-02/0009
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Man kennt sie heute nicht mehr, die „Faß-
maler"; zumindest ist der Begriff „Faßmalerei"
(das Einfassen und Restaurieren von Altären)
heute aus dem Sprachgebrauch verschwunden.
Aber auch der Beruf des Faßmalers ist heute
ausgestorben, denn der Faßmaler hat sein Betätigungsfeld
meist verloren. Mit vielen Farbtöpfen
, Pinseln und all den übrigen Malerutensilien
zog er von einer Dorfkirche zur anderen
und von einer kleinen Wallfahrtskapelle zur
nächsten. Hatte man eine Kirche renoviert,
hatten Bildhauer und Holzschnitzer die Gotteshäuser
mit Plastiken und Holzskulpturen geschmückt
, so war es an der Zeit, den Faßmaler
zu rufen. Er gab den Heiligengestalten in leuchtenden
Farben gehaltene Gewänder und zauberte
mit Pinsel und Farbe ein überirdisches
Lächeln auf das Heiligenantlitz. Zum Leidwesen
der heutigen Restauratoren verschwanden so
manchmal viele kostbare Statuen von Heiligen
und Kirchenfürsten unter einer dicken Ölfarbenschicht
.

Doch sollte man bei einer Beurteilung des
Werkes dieser Faßmaler nicht nur diese Seite
aufweisen. Ihre Tätigkeit entsprach dem Zeitgeschmack
und kam dem damaligen Kunstempfinden
am nächsten. Oft waren sie Holzschnitzer
, Bildhauer und Faßmaler zugleich.
Auch profanen Zwecken widmeten sie ihre
Kunst. Sie schnitzten die Schilder der Schwarzwälder
Uhren und bemalten sie. Die meisten
dieser Faß- und Schildmaler wurden nach ihrem
Tode vergessen, und nur die Namen der wenigsten
blieben der Nachwelt im Gedächtnis haften.
Nur durch einen Zufall findet man manchmal in
alten Bauabrechnungen den Namen dieses oder
jenes Malers, konnten sich doch diese Faßmaler
nicht mit den damals in den Klosterkirchen des
Südschwarzwaldes tätigen Stukkateuren und
Künstlern, die aus Vorarlberg oder Tirol gekommen
waren, messen.

Vom Schildmaler zum Professor

Einige der später berühmt gewordenen
Schwarzwaldmaler des 19. Jahrhunderts waren
durch die Schule der Schild- und Faßmalerei
gegangen. So waren etwa Johann Baptist Kirner,
die Brüder Dionys und Nikolaus Ganter, Johann
Baptist Laule und nicht zuletzt Hans Thoma anfänglich
Schildmaler. In einer bildnerischen Darstellung
des bäuerlichen Tages- und Jahresablaufs
, der Menschen des Schwarzwaldes und
häuslicher Stilleben sahen sie ihre Aufgabe. Die
bildnerische Darstellung der Landschaft trat dagegen
bei den meisten Schwarzwaldmalern des
vorigen Jahrhunderts in den Hintergrund. Ihre
Malerei kannte keine ausgesprochenen „Landschaften
". Ihr Zweck war die. einfache, sachliche
Wiedergabe des Menschen und seiner nächsten
Umgebung. Die Maler waren fast ausschließlich
Porträtmaler. Ihre Porträts sind getreue
Abbilder dieser deftigen, in einer herben,
kargen Landschaft aufgewachsenen . Menschen.
Mit großer Geschicklichkeit verstanden es die

Maler, die individuelle Wesensart der Dargestellten
zum Ausdruck zu bringen. Da sind die kraftvollen
, selbstbewußten Gestalten Furtwanger
Handelsherren und reicher Bauern, die Lukas
Kirner, der Bruder des Hofmalers J. B. Kirner,
dem Betrachter in seinen Porträts entgegengestellt
, oder die in bunten Farben gehaltenen
Genremalereien von Bauern und Kindern, die
Johann Baptist Laule auf Holztafeln malte.

Alle diese Maler — Lukas Kirner, Ignaz
Weißer aus Döggingen, der in Sargans in der
Schweiz geborene Joh. Bapt. Laule, dessen Vater
aus dem Schwarzwald in die Schweiz ausgewandert
war, die Brüder Ganter aus Eisenbach und
Josef Moser aus Wolfach, um nur einige zu
nennen — waren Volksmaler. Sie blieben auch
in späteren Jahren ihrem Volkstum verwurzelt.
Es bestand keine Diskrepanz zwischen dem in
dem Motiv Gegebenen und den darstellerischen
Absichten des Malers. Er meisterte sein Metier
nicht mit einer vorgegebenen Schablone, in die
er seine Gestalten zwang; er — ein Meister des
handwerklichen Könnens — vermittelte ihnen
ein inneres Leuchten, eine individuelle Sprache.
In den Porträts offenbart sich oft eine glänzend
gehandhabte Anordnung und Zusammenstellung
der einzelnen bildnerischen Komponenten.

Bauernbarockes Lebensgefühl

Aus den Bildern dieser Maler spricht jenes
aus dieser realistisch erlebten Naturbetrachtung
entspringende „bauernbarocke" Lebensgefühl der
selbstbewußten patriarchalischen Bauerngestalten
, wie wir es in der Literatur im alemannischschweizerischen
Raum aus den Novellen und
Romanen des Emmentaler Dichterpfarrers Jeremias
Gotthelf kennen. Dieses naturhafte Verhältnis
zum bäuerlichen Werk und seiner Umwelt
blieb den Malern auch in ihrer späteren
Abseitsstellung, ihrem Herauswachsen aus dem
bäuerlichen Gesichtskreis, aus der begrenzten
Welt des Dorfes eigen. Sie verstiegen sich im
allgemeinen nicht in Aufgaben, deren Erfüllung
außerhalb ihres Leistimgsvermögens lag. Ihre
Mitmenschen beargwöhnten die Maler, man mißtraute
ihnen und betrachtete sie mancherorts als
Tagediebe, da sie nicht innerhalb des herkömmlichen
Rahmens der Schildmalerei ihr Brot verdienten
. Es waren witzige, leicht verletzbare und
sensible, lebenssprühende aber auch oft zu
Melancholie und Schwermut neigende Maler. Die
Künstler waren nun keine eigentlichen Volksmaler
mehr, die etwa „auf der Stöhr" von Hof
zu Hof wandernd arbeiteten, sie waren Professoren
an einer Kunstakademie oder Direktoren
einer Gemäldegalerie geworden und lebten in
Stuttgart, Frankfurt, München und Karlsruhe
(Hans Thoma, Johann Baptist Seele u. a. m.).
Auch später, als ihnen allgemeine Anerkennung
zuteil wurde, entwuchsen sie nicht der Heimat,
wie etwa die in Menzenschwand geborenen Vettern
Hans Thomas, die Brüder Winterhalter, die
die bestbezahlten Hofmaler der europäischen
Monarchien des 19. Jahrhunderts geworden sind.

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