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kenkreis. Den irdischen Bezirken näher ist etwa
die Bezeichnung „zur Lind"; oft ist das in der
Nähe der Gerichtslinde gelegene Gasthaus so
genahnt. Und was lag näher, das Wirtshaus der
Poststation „zur Post" oder „zum Rößli" zu benennen
oder das Wirtshaus am schiffbaren Wasser
und an der Anlegestelle „zur Schiffslände"?
Öder einfach „zum Schiff"? Auch daß man an
den ehemaligen großen Verkehrsstraßen oft die
„Heiligen drei Könige" antrifft, oder doch wenigstens
ihren „Stern", hat seinen tiefen Sinn: die
drei Könige galten dem frommen Empfinden des
Mittelalters ja als die Verkörperung der Wanderer
und Reisenden.
Aber auch die Politik stellte den Wirten
«
Namen für ihre Gasthäuser zur Verfügung.
Nicht selten trifft man das Wappentier des
Grundherrn oder des Landesfürsten auf den
Wirtshausschildern seiner Gebiete an. Die
„Löwen" sind so entstanden, und viele „Adler"
auch, die „Bären" im Bernischen Bereich oder
<Jie „Schlangen" im Bellinzoner Gebiet leiten so
ihre Entstehung vom Landeswappen ab. Uberhaupt
die vielen Adler! Wer führte nicht alles
den Adler im Wappen! Immer etwas andere
Adler: Adler in dieser oder jener Farbe, Adler
mit roter oder goldener Bewehrung, mit Kronen
und ohne Kronen. Die Wirte übernahmen die
heraldischen Besonderheiten der Wappenadler,
unter denen sie lebten, getreulich — als ein
politisches Bekenntnis zu ihrer Obrigkeit. So
kann man in Südbaden oder in Oberschwäben
etwa immer dann, wenn man ein altes Wirts-
sdiild mit doppelköpfigem Adler antrifft, mit
gutem Recht daraus ersehen, daß man sich auf
ehemals österreichischem Gebiet befinde. Oder:
In der Schweiz gibt es Gasthäuser „zur Lilie",
dje ihre Entstehung der Absicht des damaligen
Wirtes verdanken, in vergangener Zeit für
Frankreich und gegen Habsburg ein Bekenntnis
abzulegen.
Die Neuzeit ist, auch wenn mit „Deutschem
Adler" und „Deutschem Haus" der Hinweis auf
Politik und Nationalgefühl der wilhelminischen
Ära nicht fehlt, in ihren Benennungen weniger
originell als das Mittelalter. Neuerdings hat sich
der Historismus der Sache bemächtigt und tauft
neue Gasthäuser nach Gewannamen oder nach
historischen Persönlichkeiten. Und das ist immer
noch besser als einfallslose Namen, die sich nur
auf Speis und Trank beziehen, die man im
Wirtshaus ohnedies erwartet.
Wirtshausschilder haben nun aber neben ihrem
Zweck ein ganz eigenes, allem Zweckhaften entrücktes
Leben. Ob ein Dorfschmied mit groben
Händen mühsam aus einem Stück Bleph einen
Löwen schnitt, um ihn auf eine Eisenstange zu
löten, — ob ein Maler der Renaissance die
Fassade eines Gasthauses mit einer ganzen
Legende bemalte, die er aus dem Wirtshauszeichen
herausnahm, — ob ein gewandter Bildschnitzer
hartes Eichenholz zu einem Bären
gestaltete oder ob ein dörflicher Wagner mit dem
ihm ungewohnten Schnitzmesser eine Flasche,
einen Schinken oder eine Traube schnitzte, um
die Figuren dann halbiert auf eine Holztafel zu
leimen, ,— immer ist Freude am Gestalten sichtbar
, die sich dem reinen Zweck entzieht und
auch schmücken will. Am meisten ist diese
Schmuckfreude, diese spielerische Lust am Formen
, dieser Wille zum Schönen wohl bei den
Kunstschmieden zu Haus gewesen: Uberall
recken sich von den Wänden der Gasthäuser
über Straße und Markt jene wunderbaren geschmiedeten
Wirtsschilder des 18. Jahrhunderts,
bescheiden schwarz oder braun gestrichen zumeist
, aber inmitten von Muschelwerk und Ranken
die vergoldete Silhouette oder Skulptur des
Haussymbols tragend und zeigend — als Wegweiser
für den Suchenden, aber auch als Augenweide
für jeden, der solche schönen Arbeiten
eines alten Kunsthandwerks zu schätzen weiß.
tiermann Schäfer, Steinen i. W.:
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Im Walde des Katzenbergs verborgen — bei
der Höhe 396,4 — liegt nördlich der Straße
Wintersweiler — Mappach eine Grabhügelgruppe
von fünf Grabhügeln aus der älteren Eisenzeit
oder Hallstattzeit (800—450 v. Chr.), benannt nach
den reichen Funden des oberösterreichischen
Ortes Hallstatt (= Salzstätte) im Salzkammergut.
Sicher haben diese Hügel immer wieder zu besinnlicher
Betrachtung angeregt, und im Jahre
1898 hat der Forstpraktikant Dr. Ludwig Barth
die maßgebenden Stellen auf diese Grabhügel
aufmerksam gemacht. Im gleichen Jahre wurden
sie von Dr. Ernst Wagner, Direktor der Großherzoglichen
Sammlungen für Altertums- und
Völkerkunde in Karlsruhe, vermessen, aber noch
nicht untersucht. Nach einer alten Skizze haben
die Grabhügel einen Durchmesser von 15—40 m
und eine Höhe bis zu 3 m.
Diese Hügel waren dem Heimatkenner Hermann
Daur wohl bekannt. Als eifriger Förderer
des Heimatmuseums und des Heimatvereins
Kandern war es ihm ein besonderes Anliegen,
die Untersuchung der Grabhügel zu betreiben.
In einem Schreiben Hermann Daurs vom März
1922 an Direktor Rott vom Landesmuseum Karlsruhe
lesen wir: „Die Grabungen werden in Kandern
großes Interesse finden, und für mich geht
endlich ein tiefer Wunsch in Erfüllung." Die
Kanderner Heimatfreunde und mit ihnen Hermann
Daur mußten sich lange gedulden.
Die Ausgrabung des größten Grabhügels erfolgte
in der Zeit vom 25. März bis 8. April 1924
unter der Leitung von Direktor Dr. Rott, Dr.
Homburger und Oberpräparator Glutsch.
Die Grabung ergab u.a.: In 1,13mTiefe zwei
Stücke aus grauem Jaspis, in 1,20 m Tiefe eine
Steinsetzung von 1,60 m Länge, 1,15 m Breite
und 0,65 m Höhe, in 2,45 m Tiefe eine Scherben-
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