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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-04/0010
Einfahrt zeigt das Dach kaum Vorsprünge. Die
wenigen Luken, die vielleicht vorhanden sind,
wurden so geschickt und flach in das Dach eingefügt
, daß der Wind leicht darübergleiten kann.
Der First des Daches liegt meist in der Hauptwindrichtung
.

Die Traufe des Dachs löst sich vom abfallenden
Boden. Man sieht durch eine Art Tor die
Haüswand entlang. Ein bis zwei Wagenbreiten
vor dieser Längswand läuft eine Vorwand, die
unter die abgeschleppte Dachhaube mit einbezogen
ist. Der Boden des so entstehenden Zwischenraums
zwischen Haus und schützender Vorwand
ist mit Bohlen belegt; hier stehen Wagen
und Gerätschaften und vor allem der Brunnentrog
, der aus einem Baumstamm gehauen ist.
Schreiten wir auf diesem Bohlenboden weiter, so
erblicken wir hauswärts die Balken und Gefache
der Hausfront, von schmalen Fenstern und Türen
unterbrochen, die in die Ställe, in den Futtergang
und in die Geschirrkammer führen.

Bevor der Boden dieses Vorbaus, den man die
Brugg nennt, vor einer abwärts führenden Holztreppe
endet, kommt hausseitig endlich die Haustür
. Von ihr weiter bis zur vorderen Hausecke
zieht sich die lange, niedrige Fensterreihe der
großen Stube hin. Blicken wir indes, bevor wir
das altersgraue Gebäude betreten, rasch noch
das Äußere des Hofes an:

Die gegen Osten gewendete vordere Giebelseite
ist das Gesicht des Hofes. Über dem Kellergeschoß
liegen zwei freundliche Fensterreihen
übereinander, über den Fenstern zeigen sich die
Lucken der Heulege; zu einer sieht eine Deichselspitze
heraus. Darüber, allseitig vorspringend,
das Dach, das riesige Dach. Die nördliche Längsseite
stößt in den abgeböschten Hang hinein;
kaum sieht man einige kleine Fensterchen, die
den dort unter der Traufe hinziehenden, Holzstapel
, Schlitten und anderes bergenden Gang
mit etwas Licht versorgen.

Und jetzt ins Innere des Hauses! Tritt man
unter dem leichtgeschwungenen Türsturz in den
Flur ein, der das große Haus quer, von Traufe
zu Traufe, durchschneidet, ist man über die Weiträumigkeit
des Gebäudes erstaunt. Die Decke
zwar ist niedrig, und die Wände — im altertümlichen
Ständerbau aufgerichtet und von Bohlen
gebildet — sind wie sie schwarz vom Rauch, der
ehemals frei unter der Decke hin aus der Küche
zog, durch die Stiegenöffnung in den oberen
Stock hinauf und von dort durch Lucken ins
Freie; heute hat die Küche ihren modernen, geschlossenen
Herd und das dazugehörige Kamin.

Rechts die Wohnstube: Ein großer, heller
Raum, die Wände holzgetäfelt; ihr Holz ist wie

das des Fußbodens, der Eckbank und des Tisches
von^ einem seidigen, warmen Hellgrau, das vom
häufigen Scheuern mit Sand herrührt. In der
inneren Ecke der Stube steht der grüne Kachelofen
, unten umzogen von der Ofenbank, oben
von einem Gestell zum Aufhängen von Wäsche
und Kleidern. Eine Platte der Wandtäfelung erweist
sich als Tür, hinter der ein schmales Stiegchen
zum Schlafraum des Bauern hinauffüht. Im
Herrgottswinkel, wo die lange Fensterreihe der
Längsfront und die kürzere der Giebelseite zusammenstoßen
, hängt das holzgeschriitzte, mit
Ölfarbe farbig gefaßte Kruzifix.

Wir haben es mit einem der ältesten Höfe
weitum zu tun und mit einem, an dem im Laufe
der Jahrhunderte kaum etwas verändert wurde.
An jedem einzelnen Teil des Bauwerks und der
Ausstattung ist noch zu sehen, mit welcher Freude
am Handwerk hier vor lange Zeit gearbeitet
wurde, oft nicht einmal von zünftigen Meistern,
sondern vom Bauern und von seinen Knechten,
die an den langen Winternachmittagen Acker-
und Hausgerät fertigten und schnitzten. Da sind
die geschnitzten Holzpflöcke an den Wänden des
Flurs, an denen Mäntel und Geschirre hängen,
— auf dem Flur steht immer noch die Schnitzbank
! — da sind die hölzernen Fallen an den
rauchdunklen Türen zu den Kammern unter dem
Scheunenboden, — da sind die eisernen Beischläge
an Stubentür, an Fenstern und Kasten, — da ist
der klobige Hausschlüssel, der an einem Nagel
der Stubenwand hängt, — und da gibt es sogar
noch einen selbstgeschmiedeten Schuhlöffel, der
auf der Ofenbank bereit liegt. Alles ist einfach
gebildet, gezimmert, geschmiedet, geschnitzt.
Aber alles ist zweckmäßig und dauerhaft. Und
alles ist schön.

Einen Blick in den Stall! Die alte Stallanlage
erweist immer noch, daß vieles, was die neuen
Höfe an Rinnen, Böden, Trögen, Gefachen in
kaltem Beton prunkend vorführen, vor zwei-,
dreihundert Jahren ebenso durchdacht erbaut
wurde und obendrein aus wärmendem Holz. Der
ganze Bau ist nach Zweckmäßigkeit gebaut: Alle
Räume liegen unter einem einzigen schützenden
Dach, und auch wenn der Schnee sich viele Meter
um und über das Haus würfe, — die Bewohner
eines solchen Hofes könnten ihrer Winterarbeit
in Stall, Scheune und Küche nachgehen, ohne
das Haus verlassen zu müssen; ungefährdet ginge
auch das Vieh auf der Brugg zur Tränke. Vielleicht
würde das alte Haus in den langen Nächten
unterm Druck der Schneemassen oder der
Windstöße knarren und seufzen, doch die Elemente
würden es nicht bezwingen. Denn es ist
gut und für die Dauer gebaut.

P.Stintzi, Mülhausen/Eis, Qj^^ fcfc <f5Un&gflU^ WltttOPOk

Immer wieder taucht in der Presse die Bezeichnung
Sundgau - Metropole für Mülhausen
auf, eine völlig irrige Benennung, denn weder
geographisch noch geschichtlich gehört diese
Industriestadt zum Sundgau. Den Titel Mittelpunkt
, „Hauptstadt" des Sundgaues, verdient
vielmehr Altkirch.

Hier ist die typische Sundgau-Landschaft: das
Tal der III, die am Fuß der Altkircher Hügel
ihren Lauf ändert und von der Richtimg Süd—

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