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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-04/0017
Auch der Magistrat von Biberach sparte nicht
mit Verordnungen. Freilich scheint es ihm nicht
ganz leicht geworden zu sein, seine Verfügungen
konsequent durchzuführen. Zwar war das
Hasardspiel verboten, aber an Balltagen und im
Hinblick auf den Fremdenverkehr drückte man
ein Auge zu.

Es wäre ungerecht, wollte man verschweigen,
daß die badische Regierung doch auch recht
segensreiche Einrichtungen schuf. Dazu gehörte
in erster Linie ein Gymnasium mit paritätischem
Aufbau. Seine Gründung wurde als vorzüglicher
Beweis der höchsten Huld und Gnade des Kurfürsten
gefeiert. Die festliche Eröffnung ging am
21. April 1806 vor sich. Zu seinen Lehrern gehörte
auch der aus Karlsruhe besonders berufene
Gustav Friedrich Wucherer. Allein, bald nach
der Eröffnung des Gymnasiums ging das „Kurfürstlich
-Badische Gastspiel" in Biberach zu
Ende. Baden und Württemberg, das Großherzogtum
und das Königreich, machten ein Tauschgeschäft
. Baden erhielt den Kreis Villingen mit
Triberg und gab dafür seine Position in Oberschwaben
preis. Da aber packte Gustav Friedrich
Wucherer seine Koffer und reiste nach Karlsruhe
zurück. So geriet die Schulverwaltung des Gymnasiums
in rechte Verlegenheit. Die württembergische
Oberamtsverwaltung gab bekannt, sie
erwarte, daß die Schüler, die beim Weggang von
Professor Wucherer das Gymnasium verlassen
hätten, dieses wieder besuchten und so lange aushielten
, bis die erforderlichen Vorkehrungen zur
Fortführung des geregelten Unterrichts getroffen
seien.

Baden hat sich, ohne freilich zu wissen, daß
Biberach ihm bald verloren gehen werde, mit
dem Gymnasium gewissermaßen ein Denkmal
gesetzt. Das verdient gewiß rühmend vermerkt
zu werden. Daß man über die emsige Regierungstätigkeit
der Kurfürstlich-Badischen Behörden in
Biberach so genau unterrichtet ist, verdankt man
einer ebenso aufschlußreichen wie unterhaltenden
Schrift des vor einigen Jahren heimgegange-
nen Dr. Otto Hutter, betitelt „Biberachs Geschichte
in den Jahren 1803 bis 1806".

Die Biberacher von heute, oder wie sie sich
gern nennen und genannt hören, die Bieber, erinnern
sich mit sichtbarem Schmunzeln daran,
daß sich die badischen Nachbarn, die heute mit
den Württembergern zu einem gemeinsamen
Land gehören, an ihnen einmal mit absonderlichen
Verwaltungskünsten versucht haben.

Ob Biberachs größter Sohn, Christoph Martin
Wieland, der, obwohl in Sachsen-Weimar lebend,
der Heimat immer zugetan geblieben ist —
müßte er uns eigentlich nicht bekannter sein
und näher stehen, als es gemeinhin der Fall
ist! — um die Glanzleistungen des Kurfürstlich-
Badischen Gastspiels gewußt hat? Nun, die köstliche
Geschichte der „Abderiten", jene geistreichironische
Satire auf die Spießbürger, ist schon
1774 erschienen — der Dichter selbst 1813 gestorben
. Drang die Kunde von den bewußten
vier Jahren zu ihm nach Weimar, hat er sicherlich
herzlich gelacht, wie es auch unsere
heitere Gesellschaft tat, als wir zu Biberach ein
„Schützenfest" erlebten.

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Im Grundwasser der Oberrheinebene leben
kleinste Krehschen (Bathynellen), die man ihres
hohen Alters wegen als „lebende Fossilien" bezeichnen
kann. Es sind Formen, deren nächste
Verwandte aus den erdgeschichtlichen Epochen
des Karbon und Perm (etwa 40—70 Millionen
Jahre) stammen1).

Wenige Jahrzehnte vor der Jahrhundertwende
(1880) war erstmals ein Präger Zoologe bei seinen
Untersuchungen der Prager Brunnenfauna
auf diese kleinen, etwa 1 mm langen Krebschen
aufmerksam geworden. In einem 20 Meter tiefen
Brunnen hatte eo: in faulenden organischen Substanzen
am Boden des Brunnens ein „interessantes
Krustentier" entdeckt und als Bathynella
natans beschrieben. Spätere Untersuchungen dieses
Krebschens wiesen auf morphologische Ähnlichkeiten
von Bathynella natans zu inzwischen
bekannt gewordenen, entsprechenden Formen
aus Tasmanien (Anaspides tasmaniae Thomson)
hin. „Man suchte nun Bathynella wieder und
wieder in den verschiedensten unterirdischen
Gewässern, doch vergebens. Bathynella blieb
verschollen... Da wurde, 33 Jahre nach jenem
Fund, dem großen Prager Zoologen eine glänzende
Rechtfertigung zuteil: P. A. Chappuis fand
durch einen glücklichen Zufall in einem verlassenen
, von Gebüsch umwucherten Sodbrunnen

bei Basel Bathynella in zahlreichen Exemplaren
wieder und beschrieb (1915) den Krebs eingehend
. Aber es schien, wie Chappuis (1939, S. 120)
schreibt, ,als ob auf diesem Tier ein Fluch lasten
würde, denn einige Monate nach der Wiederentdeckung
wurde der Brunnen, in welchem die
Tiere lebten, zugeschüttet, der einzige Fundort
somit vernichtet. 1916 gelang es mir, in einem
in einem Sinterbecken in der Grotte de Vert in
der Areuse-Schlucht (Kanton Neuenburg) Bathynella
wieder zu finden4" 2). Es handelte sich bei
diesem Fund um eine zweite Bathynellen - Art,
die bereits zuvor als Bathynella chapuisi beschrieben
worden war. Inzwischen mehrten sich
die Funde dieser beiden Bathynellen-Arten; u. a.
werden auch Fundorte aus Baden und dem Elsaß
(besonders im Straßburger Grundwasser) genannt
.

Diese Bathynellen, die kleinsten aller Krebschen
, sind etwa 0,7 bis 1,4 mm lang. Die ihnen
verwandten Arten (aus der Familie der Anaspi-
daceen) zeigen enge Beziehungen zu den als
Syncariden bezeichneten fossilen Formen, unter
deren Bezeichnung auch die lebenden Formen
erfaßt werden, so daß man geneigt ist, von diesen
im Grundwasser der Oberrheinebene lebenden
Krebschen als von „lebenden Fossilien" zu sprechen
. Als „archaische Formen" behielten sie ihre

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