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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-04/0018
altertümliche Form bei, obwohl sich die meisten
anderen Tiere im Laufe der folgenden geologischen
Epochen veränderten. Sie sind zu einem
unbekannten Zeitpunkt, der aber erst nach der
im Tertiär erfolgten Bildung des Oberrhein-
grabens liegen kann, eingewandert. Ursprünglich
in den Gewässern der Erdoberfläche beheimatet
, ermöglichte es ihnen die in den sub-
terranen Bezirken „herrschende geringe Konkurrenz
durch andere nahestehende Tiere" ihre
„wenig plastische, starr konservative morphologische
Konstitution" und alte Form trotz der
Veränderung ihrer Lebensräume beizubehalten,
während die in den Gewässern der Oberfläche
lebenden Formen gezwungen waren, sich zu verändern3
). Ihre große Anpassungsfähigkeit an das
neue Milieu und das relativ reichhaltigere Nahrungsangebot
in den subterranen Räumen versetzten
sie in die Lage, die folgenden Epochen
bei Beibehaltung ihrer Form zu überdauern.
A. Thienemann (a. a. O., S. 183) schreibt: „Das
scheint mir der Gesichtspunkt zu sein, der uns
die Existenz solcher archaischen Typen gerade in
den subterranen Gewässern erklären kann. Sie

sind sicher weniger widerstandsfähig im Kampf
ums Dasein als die heute in den Gewässern der
Erdoberfläche lebenden ,präglazialen Elemente4;
nur der konkurrenzfreie Raum im Innern der
Erde hat ihnen die Lebensmöglichkeit bis zur
Gegenwart gegeben". Gerhard Geiger

1) Zusammen mit der Ordnung der Anaspidacea gehören
die Bathynellacea zu den Syncarida und damit neben
den Peracarida zu den Crustacea Malacostraca (nach A.
Thienemann, Die Binnengewässer, Band XVIII, Verbreitungsgeschichte
der Süßwassertierwelt Europas, Stuttgart
, 1950, S. 172). — Von den den Bathynellen nächst
verwandten Anaspidaceen kennt man heute nur vier
lebende Vertreter. Sie stammen ausnahmslos von der
Südhemisphäre, so auch Anaspides tasmaniae Thomson
(Thienemann, a. a. O. S. 177).

2) Thienemann, a. a. O. S. 174 f.; vgl. die von Thienemann
genannte Literatur.

3) Thienemann, a. a. O., S. 183.

Die schwere Erkrankung unseres Druckereileiters Herrn
Eberle verursachte eine verspätete Ausgabe der Aprilnummer
unserer Zeitschrift. Wir bitten unsere Leser,
dies gütigst entschuldigen zu wollen.

Die Redaktion

2&u#beftJcedmng

„Reiseführer für Menschen von heute"

Es scheint ein „Geschäft" geworden zu sein, Bücher
für Urlaubstage, wo immer verlebt, herauszubringen.
Neben Veröffentlichungen in anderen Verlagen erscheinen
bei Bertelsmann, diesem verlegerischen Großunternehmen
ohnegleichen, „Reiseführer für Menschen von
heute", als jüngster Band: „Urlaub im Schwarzwald" von
Erica Schwarz. Äußerlich nett und sauber, kann es den
Schwarzwaldgast schon locken, nach dem Buch zu greifen
, wenn schon den meist zu kleinformatigen Photowiedergaben
der Tiefdruck nicht eben förderlich ist.

Ob der Verlag die Verfasserin mit der Aufgabe der
Abfassung des Buches beauftragt oder ob die Autorin
dem Verlag den Vorschlag gemacht hat, diesen „Reiseführer
für Menschen von heute" zu schreiben, sei dahingestellt
— dem „Menschen von heute", der schlicht und
recht durch das oberrheinische Bergland geführt sein
möchte, wird hier das Kennenlernen des sprichwörtlich
weltbekannten Ferien-, Wander- und Reisebereiches am
Oberrhein nicht leicht gemacht. Auf eine schlechthin
absonderliche Weise wird er gegängelt. Er reist zum
Beispiel nicht bieder, wie es ihm doch wohl am bekömmlichsten
wäre, von Offenburg mit der Schwarzwaldbahn
kinzig- oder gutachaufwärts über Hausach, Hornberg,
Triberg zum Scheitel von Alemannien hinauf und weiter
über Peterzell-Königsfeld, Villingen, Donaueschingen
dem Bodensee zu — er kommt (was natürlich möglich
ist) von Tennenbronn nach Königsfeld, das auch das
„Drum und Dran eines Kurortes bietet" und „stolz ist
auf eine Reihe von höheren und Ausbildungsschulen",
deren Herrnhuterische Herkunft und Bedeutung verschwiegen
wird. Die ehemalige Benediktiner - Abtei
St. Georgen wurde nicht, wie der „Reiseführer für Menschen
von heute" behauptet, 1806, sondern vom evangelisch
gewordenen Württemberg schon im 16. Jahrhundert
aufgehoben und siedelte nach Villingen über.

Doch damit (schon) genug von Einzelheiten — die
Methode, die von der Verfasserin bei ihrer Führung angewendet
wird, erinnert an die heitere Redewendung:
Warum einfach, wenn man's kompliziert haben kann.
Der Schwarzwälder — oder soll er diesen Band als nicht
für ihn bestimmt ansehen? — wehrt sich vergeblich
gegen den Eindruck, die landschaftsverhafteten Kenntnisse
der Autorin von Land und Leuten, bleiben wir
höflich, seien recht lückenhaft. So wird man in ihrer
manchmal allerdings seltsamen Schilderung recht viele
Orte vergeblich suchen, ohne die man sich einen „Reiseführer
(auch) für Menschen von heute" für den Schwarzwald
kaum denken mag. Nur einige der nicht auffindbaren
Kurorte, Sommerfrischen, Dörfer u. a. seien flüchtig
registriert: Schapach (!), Friedenweiler, Hammereisenbach
, Elzach, Schollach (die beiden zauberhaft unberührten
Täler), Eisenbach, Waldau, Schönwald, Vöh-
renbach usw., usw.

Die Verfasserin läßt sich das Markgräflerland südlich
von Freiburg ausbreiten, das sich „hinunter" bis
Lörrach dehnt. Nein, kein übelgelaunter Witz! Und die
echten Markgräfler werden verständlicherweise recht
wenig davon angetan sein, daß als Weindörfer neben
Ehrenstetten, Kirchhofen, Wolfenweiler, Schallstadt,
Scherzingen, Norsingen, Pfaffenweiler nicht gleich auch
Buggingen, Hügelheim, Müllheim (Reggenhag), Auggen,
Schliengen und so fort bis Grenzach erwähnt werden.
Nach einer Sicht auf die landschaftsverwurzelten Zusammenhänge
im Ganzen sucht man umsonst.

Warum wird Ettenheim (Rohan) unterschlagen? Weshalb
ist Bonndorf übergangen? Sasbach liegt nicht im
Norden, sondern am Westrand vom Kaiserstuhl. Die
Limburg bleibt unerwähnt. Jechtingen, Emil Götts Geburtsort
, sucht man vergeblich. Und die Erwähnung von
Emmendingen berührt mit keiner Zeile Cornelia und die
Goethe-Erinnerungen!

Beckmesserei? Doch wohl nicht. Im übrigen unterschlägt
dieser „Reiseführer für Menschen von heute"
noch mancherlei, das man auch dem „modernsten" Menschenkind
nicht vorenthalten sollte. Die erheblichen
Lücken und nicht wenigen unzutreffenden Angaben in
dem Buch werden durch den Stil der Schilderungen
keineswegs ausgeglichen. Vermutlich muß ein „Reiseführer
für Menschen von heute" tüchtig drauflos plaudern
. Aber was zuviel ist, ist zu viel, zum Exempel „das
Renchtal, das den Charakter des waldgrünen Schwarz-
waldtales annimmt" (was soll es denn sonst tun?). Oder
über Griesbach: „auch hier dieses stille beruhigte Lagern
im Wald, die schützenden Berge. Jedoch nicht, daß es
einen zu ernsten oder melancholischen Eindruck machte,
nein, dieses Hinschmiegen der Orte ist lieblich..." Ob
wohl die Zahl der Gäste groß ist, die den Schwarzwald
so erleben, wie dieses Buch es ihnen einreden möchte?
Sollten indessen diese Zeilen etwa dahin ausgelegt werden
, daß der Skribent mit seinen 79 Jahren, für den das
oberrheinische Bergland, seine Heimat, das große Land-
schaftserlebnis seines Lebens ist, nicht zu den „Menschen
von heute" gehöre, so nimmt er diesen Vorwurf gern
und ohne Groll in Kauf... Otto Ernst Sutter

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