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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-06/0004
Hans Bachroth:

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Alte und neue Badebräuche

Baden sei ein Mittel gegen die Traurigkeit
und gegen andere widrige Gemütsstimmungen,
sagt der Philosoph und Kirchenlehrer Thomas
von Aquin. Offenbar hat er recht: Ich habe das
Mittel schon oft ausprobiert. Es hilft! Wenn
meine Frau schlecht gelaunt ist, gehe ich stillschweigend
ins Badezimmer und lasse ein Bad
einlaufen. Schon das fern zu hörende Plätschern
des Wassers lockert das Gemüt meiner holden
Gefährtin sichtlich. Plätschert sie erst selbst in
der Wanne, so höre ich bald auch ein zufriedenes
Summen durch die Badezimmertür dringen. Und
erscheint meine Frau nach einer ausgedehnten
halben Stunde wieder, so strahlt sie nicht nur
äußerlich vom rücksichtslosen Schrubben, dem
gar nicht nötigen, sondern auch ihre Seele strahlt
wieder. Die Wogen ihres Gemütes haben sich zu
freundlicher Seestille geglättet; es schadet ja
nichts, daß an Stelle ihres Innenlebens jetzt der
Fliesenboden des Badezimmers wogt.

Thomas von Aquin war eben ein kluger Mann,
werden Sie sagen. Ich will Ihnen darin nicht
widersprechen; aber im Falle seiner seelischen
Badetherapie hat er nicht eine selbstgefundene
Weisheit ausgesprochen, sondern nur eine allgemeine
Erkenntnis seiner Zeit in Worte gefaßt.
Die Menschen des Mittelalters wußten nämlich,
was Baden heißt. Für sie war Baden nicht ein
Muskelspiel im Schwimmbecken, auch nicht oder
noch weniger eine freiwillige Braterei in der
prallen Sonne, sondern ein reines und bequem
gehandhabtes Vergnügen, das man bis ins Letzte
auskostete, um fröhlich zu werden oder um es
zu bleiben. Darum war es gar nicht gleichgültig,
wie und unter welchen Bräuchen das Baden vor
sich ging. Das Bad wurde stets zum Fest gemacht.
Deshalb war es vor allem Grundsatz, immer in
Gesellschaft zu baden; allein zu baden wurde gar
nicht erwogen. Je mehr gleichgesinnte Leute in
dem großen Becken der Heilbäder zusammensaßen
, desto schöner fand man es. Freilich mußten
es lustige Leute sein, fröhliche Kumpane,
aufgelegt zu Scherz und Spiel und Getändel. Von
dem tierisch ernst nur um die eigene Gesundheit
und um den Erfolg des Heilwassers besorgten
Gehabe der heutigen Badbesucher war man
im Mittelalter ebenso weit entfernt wie von dem
modernen Standardgespräch der Badbesucher:
dem Gespräch darüber, wie man den Kuraufenthalt
der Krankenversicherung aufhalsen würde,
und zu welchen Leistungen diese verpflichtet
sei. Damals war es anders: Es fanden sich die
lustigen Brüder, denn einsiedlerische Sauertöpfe
gingen schon gar nicht ins Bad; ihnen hätte es
gewiß nicht zugesagt, im Becken nebenan oder
gar im gleichen schöne Weiblichkeiten zu sehen,
die ihre Reize kaum mehr verhüllt als die Evastöchter
von heute und die auch nicht ins Bad
gereist waren, um in Langeweile der Züchtigkeiten
zu pflegen. Um und zwischen den Becken
zogen sich Laufstege und Galerien hin, auf denen
die Nichtbadenden standen und dem Treiben im
Wasser zusahen. Viele Holzschnitte des Mittelalters
und der Renaissance zeigen dieses fröhliche
und leichtherzige Badeleben. Oft stehen
Spielleute auf den Stegen und sorgen dafür, daß
auch den Ohren der Schmaus nicht fehle, wo
schon die Augen sich an Schönheiten weideten.

Es blieb aber beileibe nicht bei der Augen-
und Ohrenweide. Da man sehr lange im Wasser
blieb, gegen Ende der Kurzeit sogar bis zu sechs
Stunden, mußte man auch dem Magen einiges
zubilligen. Auf den alten Miniaturen und Holzschnitten
sieht man, wie über Becken und Einzelbütten
Bretter und Tischplatten gelegt sind, auf
denen volle Schüsseln und Krüge stehen, denen
wacker zugesprochen wird. Während dem Baden,
versteht sich. Besonders das Trinken wurde
gepflegt, und ein Wiener Reim vom Jahre 1588
bringt das alles auf die kurze Formel:

Außen Wasser, innen Wein,
also laßt uns fröhlich sein!

Hatte sich die rechte Kumpanei erst zusammengefunden
, so gab sie sich bisweilen eine
richtige Zech- und Badeordnung. Diese sah zum
Scherz die Erwählung von Richtern, Amtmännern
und Pritschenmeistern vor, die für die
Nichtbeachtung des Komments Strafen verhängen
und durchführen mußten. Selbstverständlich
bestanden die Strafen darin, weitere Kannen
Wein zu stiften. Ein Nürnberger Spruch von 1581
mahnt deshalb:

Noch ist zu merken zu der Letzt

ein nütz und nötig Badgesetz,

daß wer allda will sitzen ein,

der bringt mit sich ein Flaschen Wein...

Und wenig später heißt es:

Im Bad sind Richter und Amtslüt,

die lassen ungestrafet nüt:

Manch Fuder Wein wird g'setzt zur Büß,

wieviel ein jeder zahlen muß ...

Bevor man die Reise ins Bad oder — wie es
meist hieß: die Badenfahrt antrat, ließ man sich
von Verwandten und Freunden ein Badegeschenk
geben, um ja auch gut leben zu können. Ganz
vornehme Herrschaften, die es — genau wie
heutzutage — gar nicht nötig gehabt hätten,
wurden während der Badekur von der Stadt oder
dem Ort, zu dem das Bad gehörte, oder auch bisweilen
vom zuständigen Landesfürsten beschenkt.
Als Gegengabe hinterließen sie dann wohl gemalte
Scheiben mit ihrem Wappen. Jeder aber,
der aus dem Bad zurückkam, mußte seiner
Freundschaft und Verwandtschaft einen Baderkram
, das heißt ein Andenken oder mindestens
Gebäck aus dem Badeort mitbringen. Ein Toggen-
burger namens Grob spottet darüber anno 1678
recht grob:

Wann der Frauen Bader - Cur und die liebe Zeit
verflossen,

dann, so geht das Kramen an; freuet euch, ihr Hausgenossen
,

Knecht und Magd ist unvergessen, auch der Nächst-
geseßnen Schar.

Hat der Mann dann nichts zu hoffen? — Doch, ein
schönes Hörnerpaar.

Wenn von der Badereise der Frau die Rede ist,
stellt sich der daheimgebliebene Mann gern als
armen Geplagten hin:

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