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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-06/0005
Der Mann schafft Tag und Nacht,

badet sich in seinem Schweiß;

alles die Frau verzehrt

in ihrem Bad mit Fleiß ...

Es wird so schlimm nicht gewesen sein, denk
ich. Aber um sich auf jeden Fall das Vergnügen
der Badereise dem Ehemann gegenüber zu
sichern, bedangen sich viele Bräute im Ehekontrakt
die Freiheit aus, jährlich einmal ins
Bad fahren zu dürfen, und das möglichst im Mai,
denn:

Im Meyen ist die beste Zeit
ein Badenfahrt anstellen...

dichtete im 16. Jahrhundert ein Luzerner Stadtpfarrer
.

Ich frage mich nun: Suchten sich die Frauen
den Mai zur Badefahrt aus, weil nach dem Urteil
der Ärzte in diesem Monat die Heilkraft des

Wassers am größten sein sollte? Ich halte es sehr
wohl für möglich, daß sie diese ärztliche Meinung
vorschützten, um die Ehemänner mit wissenschaftlichen
Gründen dem Badevorhaben geneigt
zu machen und zu halten, — daß sie iiri Innersten
aber daran dachten, daß der Frühling die
Frauen schön macht. Ob sie dabei nicht etw$
auch an die Blumenkränzchen dachten, die die
im Bad anwesenden Männer in höfischem Spiel
den Frauen im Bad zuwarfen, damit sie sie mit
ihren Badehemdchen auffingen? Wie dem auch
gewesen sein mag, — sicherlich sprach die lebensfrohe
Dichterin Clara Hätzlerin die Meinung
aller ihrer Geschlechtsgenossinnen in den Versen
aus:

Baden ist ein reinlich Lust...
Baden ist ein sauber Spiel,
das ich immer preisen will...

Dr. Karl Mötsch, Freiburg:

©t. ^lalmmTctje dfofdji'djte um Watfgräflec Kottuein

Das Kloster St. Blasien auf dem Schwarzwald
entfaltete im 18. Jahrhundert eine ungemein rege
geistige und wissenschaftliche Tätigkeit, hervorgerufen
durch eine Anzahl hervorragender gelehrter
Mönche und tüchtiger Äbte. Es entstand
wie von selbst eine Gelehrten - Akademie, deren
Ruf weit über den Schwarzwald hinaus bis zu
vielen norddeutschen Stätten d^r Gelehrsamkeit,
Universitäten und Bibliotheken drang. Fast alle
Wissenschaften wurden gepflegt, besonders aber
Geschichte; Urkundensammlungen St. Blasiani-
scher Mönche sind heute noch unübertroffen. So
hatte das Kloster gegen Ende des 18. Jahrhunderts
— schon überzogen dunkle Wolkenschatten
der Säkularisation den friedlichen Gelehrtenhimmel
— eine geistige Metropole Süddeutsch-
lands und der Schweiz geschaffen. Einen nicht
mehr erreichten Höhepunkt erlangte diese Gelehrten
-Akademie unter Fürstabt Martin Gerbert
(Abt von 1764 bis 1793), dem „letzten mittelalterlichen
Mönch", einem Gelehrten von weltweitem
, klassischen Format.

Zu den Begründern der Gelehrten-Akademie
gehörte der Freiburger P. Marquardt Herrgott
{1694—1762). Als junger Student trat er in das
Kloster St. Blasien ein, von wo man ihn zu
Studienzwecken nach Paris zu den Benediktinern
schickte, bei denen er sich zum Historiker ausbildete
. Im Jahre 1728 wurde er an den Hof nach
Wien berufen, kehrte aber enttäuscht und mißmutig
im Sommer 1750 wieder zurück; der Fürstabt
verlieh ihm die St. Blasianische Herrschaft
Staufen und Kirchhofen und als Sitz das schöne
große Gebäude der Propstei in Krozingen. Auch
hier entfaltete er eine eifrige wissenschaftliche
Tätigkeit, gab sich gerne als großen Weltmann
aus und zog durch seine großzügige Gastfreundschaft
Gelehrte und Universitätsprofessoren aller
Richtungen an seinen vorbildlich betriebenen Hof
zu Krozingen. Er starb am 16. Oktober 1762 und
wurde in der Schloßkapelle begraben.

Einige Jahre nach seinem Tode, am 23. Juli
1768, hatte eine furchtbare Feuersbrunst in wenigen
Stunden Kloster mit Kirche, besonders die
reiche und kostbare Bibliothek und fast alle
Nebengebäude vernichtet. Beinahe schien dieser
schwere Schlag die aufstrebende und in schöner
Blüte stehende Gelehrten - Akademie völlig zü
zerstören. Aber der junge energische Fürstabt
Martin riß durch seine zielbewußte Tatkraft alles
zu neuem Schaffen auf, bald hatte er durch zahlreiche
Schenkungen wieder eine ansehnliche
Bibliothek beisammen. Auch stand das Klostergebäude
wieder aus den Trümmern, und der
französische Baumeister Michel d'Ixnard, mit
dem der Fürstabt nicht immer sonderlich zufrieden
war, mußte die Pläne für den neuen Dom
anfertigen, der dann am 21. September 1783 eingeweiht
wurde.

Einer der ersten in Norddeutschland, der von
dem Brande erfuhr, war der Geheime Hofrat
Julius Karl Schlaeger, Numismatiker und Oberbibliothekar
in Gotha. Er kannte P. Marquardt
Herrgott, stand seit Jahren mit dem Kloster in
Briefwechsel und war einer der treuesten
Freunde St. Blasiens und eifriger und selbstloser
- Förderer seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Bald
nach dem großen Brand schrieb er am 19. August
1768 an den Fürstabt, er habe eben die Nachricht
erhalten, bedaure außerordentlich dieses Unglück
und bot gleichzeitig wieder seine Hilfe an. In
Gotha selber besaß Schlaeger nicht die ihm vermeintlich
zukommende Anerkennung. Eine kurze
Biographie über ihn (Waldemar Stössel, Die
Bibliothek von Gotha. Wesen und Schicksal einer
mitteldeutschen Sammlung. Jena 1956/57) bringt
die bissige Bemerkung, er sei „offenbar der ein*-,
zige Versager unter den Gothaer Bibliothekaren"
gewesen, durch sein unterwürfiges Verhalten
dem Herzog gegenüber habe er zwar vieles erreicht
, sei aber in der ganzen Art seiner Bibliothekführung
einseitig und veraltet, ja in gewisser
Beziehung sogar aufklärungsfeindlich gewesen
. Sei dem, wie es wolle, St. Blasien hatte sich
nicht über ihn zu beklagen, das Kloster erfreute
sich seiner unerschöpflichen Hilfsbereitschaft und

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