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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-08/0012
In der Zwischenzeit hatte ^tch die Lage aber
schon völlig geändert. Am 17. April war in Konstanz
die Republik des Seekreises ausgerufen
worden. Wenige Tage später fiel von Gagern auf
der Scheideck. Im gleichen Monat kamen die
Revolutionäre auch ins Wiesental. Am 18. Juni
hält der demokratische Verein in Zell eine Volksversammlung
ab, an der auch Beck teilnimmt.
Die Bitterkeit in seinem Herzen, zu der er sich
berechtigt glaubt, läßt ihn jede Zurückhaltung
vergessen. Er steigt selbst hinter das Rednerpult.
Schon am 23. Juni legt die Regierimg des Großh.
Bad. Oberrhein-Kreises dem kath. Oberkirchenrat
die Meldung vor, daß Vikar Konrad Karl
Beck in Zell bei der daselbst am 18. d. M. von
dem s. g. demokratischen Vereine abgehaltenen
Volksversammlung eine höchst aufrührerische
Rede gehalten habe und daß sie gegen alle
aktiven Teilnehmer die Untersuchung einleiten
werde.

Da das Ordinariat nicht gesonnen ist, „einen
aufrührerischen Geistlichen als Diener der Kirche
anzuerkennen", wird zuerst einmal neben der
staatlichen auch eine kirchliche Untersuchung
eingeleitet. Am 26. Juli meldet das Untersuchungsgericht
seine Flucht und schreibt den
Delinquenten zur Fahndung aus. Sein ganzer
Lebenslauf wird rekonstruiert, selbstverständlich
von der negativen Sicht her. Dabei werden die
alten Sünden wieder zum Leben geweckt. Das
Convikt wirft ihm „eine nicht geringe Neigimg
zum Trinken" vor. Vorübergehend ändert er
seine Berufsabsichten, kehrt aber wieder zur
Theologie zurück. Er wird wegen Zweifels in
seinen Charakter nicht in das Priesterseminar
aufgenommen, sondern soll zur Probe wieder in
das Convikt; dieses verweigert seine Wiederaufnahme
. Er brachte ein ganzes Jahr bei seinen
Eltern zu unter der Aufsicht des Ortspfarrers.
Durch dessen Vermittlung konnte er dann sein
Studium abschließen. Der Bericht Dr. Martins
schließt: „Seit der Zeit, in welcher er als Gehilfe
in der Seelsorge steht, hat Beck zwar wohl mehr
belobende Zeugnisse von seinen Principalen und
Dekanen erhalten: allein uns selber gab er oftmals
Gelegenheit, ein hochfahrendes, barsches,
störrisches, zugreifendes, unbilliges und ungesetzliches
Wesen an ihm wahrzunehmen, ein
Wesen, das er zu jener Zeit besonders an den
Tag legte, als er gegen die in Baden geltenden
Bestimmungen bei Se. Durchlaucht dem Herrn
Pürsten von Fürstenberg, um eine Kaplanei
competirte, noch ehe er das allgemein vorgeschriebene
Examen pro beneficio erstanden hatte.
Überhaupt müssen wir bemerken, daß zu den
jungen Geistlichen, die unser besonderes Vertrauen
besitzen, Beck nicht gehöre und nie gehört
hat".

So ist der Stab über dem Priester Beck gebrochen
. Er suchte Zuflucht in Schweizer Rhein-
felden und richtete von dort über das Dekanat
Schönau zu Eichsei an den Kath. Oberkirchenrat
die Bitte um Amnestie. Dekan Schreiber fügt der
Bitte seine Überzeugung bei, daß Beck sein Vergehen
, „welches in einer unbesonnenen s. g. politischen
Rede bestand, ernstlich und aufrichtig,

Der Hebelbund Müllheim übernahm anläßlich des
60. Geburtstages des Malers Julius Kibiger, Auggen, die
Protektion über eine Ausstellung, die am 23. Mai 1963
in Müllheim mit einer großen Anzahl von Zeichnungen,
Aquarellen und Ölbildern der Öffentlichkeit einen neuen
Kibiger vorstellte. Wir bringen in diesem Heft einige
Bilder von der Hand Kibigers, der zu den Mitbegründern
des Hebelbundes Müllheim zählt.

bereue". Sämtliche Zeugnisse über sein früheres
priesterliches Leben sprächen zu seinen Gunsten.
Das ist auch tatsächlich der Fall. Doch schien
man auch damals schon unter dem Problem der
unbewältigten Vergangenheit zu leiden.

Wenn wir nicht zugeben wollen, daß ein
Mensch sich ändern kann und zwar nicht vom
Nützlichkeitsstandpunkt aus, sondern aus wirklicher
Erkenntnis im Grund seiner Seele und
wenn man nicht bereit, ist, diese Wandlung anzuerkennen
, ist unser ganzes Erziehungswesen
und alle Predigt eine Farce und Lüge; unsere
Rechtsprechung aber eine Dienerin der Vergeltung
und nicht der Sühne. Man kann nicht sein
Streben angeblich darauf einstellen, einen Menschen
ändern zu wollen und für das Gute, gleich
welcher Art, zu gewinnen, wenn man ihn dann
mit den ewig gleichen Vorwürfen zurückstoßen
will.

Das erste Blatt dieses Aktenbündels über den
Priester Beck zeigt im Beschluß der Lehrerkonferenz
den Ausgangspunkt dieser Misere.-Wir
gewinnen aus allen Zeugnissen das Bild eines
gewandelten Menschen, der sich mit Eifer und
Freude seiner Aufgabe hingibt, ganz im stolzen
Glücksgefühl, ein Glied seiner Kirche zu sein.
Umso unerträglicher waren ihm die Entscheidungen
dieser Kirche, die er als ungerecht
empfand: seine Versetzung. nach und von Engen
und die Angelegenheit seiner Umzugskostenforderung
. Leider gelangte der kluge und gerechte
Referentenbescheid des Erzb. Ordinariats
nie in seine Hände, da er erst am 2. Juni 1849
geschrieben wird, nachdem die Lawine des
Unheils ihn bereits verschüttet hatte.

Am 7. September 1849 richtet Beck an den
Oberkirchenrat die Bitte um „hochgefälligste
Wiederaufnahme in die diesseitigen kirchlichen
Staatsdienste". Er gibt in seiner selbstbewußten,
energischen, wohl da und dort Häkchen aufweisenden
Schrift, die zwischen Text und Namenszug
kein unterschiedliches Bild bietet, eine Aufzeichnung
der entscheidenden Ereignisse, wohl
subjektiv beeinflußt — wie könnte es in persönlichen
Dingen anders sein —, aber doch folgerichtig
:

„Unterthäniger Bittsteller glaubt annehmen
zu dürfen, daß dem titl. Oberkirchenrathe seine
Verirrungen bei der im Juni v. J. in Zell/Wiesental
stattgefundenen Volksversammlung, in deren
Folge er sich in die Schweiz begab, hinlänglich
bekannt geworden. Während er bei seinem Aufenthalte
in der Schweiz Beweise ernster Reue

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