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Etwas größer als das Goldhähnchen ist der
Zaunkönig, er erreicht eine Größe von 11,5 cm.
Der lebhafte kleine Kerl bewohnt ganz Europa
einschließlich Island und baut ein kunstvolles
Nest in Büschen und Baumhöhlen, auch in Erdlöchern
. Im Winter kommt er bis in unsere
Scheunen und Ställe, wo er eifrig den Fliegen
und Spinnen nachstellt. Die Holländer nennen
ihn Winterkoning, die Schweden Gärdsmyg (Gartenschlüpfer
). In Japan heißt er „König der
Vögel". Jung geschlüpfte Zaunkönige wiegen
genau 1 Gramm und werden mit Löwenmut von
ihren Eltern verteidigt. Ich bestieg einmal den
Hochblauen; ein stattlicher weißer Spitz begleitete
mich. Plötzlich schössen aus einem Erdloch
äm Wege zwei Zaunkönige heraus, umflatterten
und beschimpften den armen Hund so sehr, daß
dieser die Flucht ergriff. Mir, dem „Vogel-
Ernst", taten die Königlichen nichts zuleide.
Wenn das Nest fertig ist, beginnt das Männchen
zu singen. Das winzige Kerlchen schmettert
so laut, daß wir kaum in der gleichen Tonstärke
pfeifen können. Seine Roller perlen frei heraus
wie die des Kanarienvogels. Die anmutig wechselnde
Strophe endet mit einem lustigen Triller.
Das Lied verstummt auch in der kalten Jahreszeit
nicht.
Unter den Finkenvögeln ist der Girlitz mit
11,5 cm wohl der kleinste. Er wohnt nicht im
Wald, sondern in Gärten und Weinbergen und
ist dem Publikum verhältnismäßig imbekannt.
Das Vögelchen, dem Kanarienvogel nächst verwandt
, wanderte aus dem Süden zu uns. Im
Jahr 1860 war der Girlitz noch nicht über Mainz
hinausgekommen, jetzt hat er Dänemark erreicht.
Er singt gern von Telegraphendrähten oder dürren
Asten herab; seine sirrende Stimme wird als
„Gläsern" bezeichnet.
Der Zitronenzeisig, auch Zitronfink, das
„Zitrönle" des Hochschwarzwaldes, erreicht eine
Länge von 12 cm, ist grünlich, die Flügel
schwärzlich mit grüngelber Binde. Zitrönle hat
ein enges Verbreitungsgebiet: Südschwarzwald
und Teile der Alpen, östliche Teile der Pyrenäen,
Sardinien.
Andere Finkenvögel sind größer. Der allbekannte
Buchfink hat 15 cm; der Hakengimpel,
der ab und zu aus dem nördlichen Skandinavien
den Schwarzwald besucht, hat reichlich 20 cm.
Da unser Aufsatz kein Lehrbuch der Vogelkunde
werden soll, wollen wir schließen mit den
Meisen. Es gibt in Europa zehn Meisenarten, von
denen unsere Leser sicher fünf kennen. Wir
nennen die Lappiandmeise aus dem nördlichen
Skandinavien, 13,5 cm, sehr seltener Wintergast
bei uns, die Trauermeise aus Griechenland, 14 cm,
und die Bartmeise aus den Balkanländern, ein
seltener Gast in der Schweiz. Häufig ist bei uns
die Tannenmeise, auch Schwarzmeise genannt,
sie hat schwarzen Kopf und Kragen und einen
weißen Nackenfleck. Ihr Gesang kann mit wize-
wize-wize übersetzt werden; der Wanderer hört
stifle-stifle-stifle. Sie wird knapp 11 cm groß und
bewohnt Tannen und Fichten von Spanien bis
nach Schweden hinauf.
Ich fahre durch mein Heimatland
Im reinen Sonnenstrahl
Und sehe seinen Himmelsrand
Vielleicht zum letzten Mal.
Ein leises Ahnen zuckt in mir,
Wie schnell es oft geschieht,
Daß einer von der Heimat hier
In jene höhere zieht.
Es hat mein Herz das Land am Rhein
Als Heimat stets geliebt,
Und wenn es jenen holden Schein
Aus einer bessern gibt,
So hoffe ich, die ferne gleicht
Dem irdischen Gewann —
Dann ist der Weg hinüber leicht
Für einen echten Mann!
Hermann Burte
Aus dem Buche: „An Klotzen, Rhein und Blauen"
Herausgegeben von der Hermann - Burte - Gesellschaft e. V. / 1963
Die Haubenmeise ist auch ein echter Waldvogel
, sie bewohnt hauptsächlich Nadelwälder.
Man trifft sie in ganz Europa ohne Spanien und
Italien. Sie hat eine Länge von 11,5 cm und ist
kenntlich an der spitzen, s<?hwarz-weißen Haube
(Meisenkönig!), die Backen sind weiß. Die niedliche
Meise nistet in Höhlen aller Art; sie
macht sich durch ein kurzes, tiefes Schnurren
bemerkbar.
Die Beutelmeise endlich ist die kleinste
Meisenart, knapp 11 cm, sie ist selten bei uns;
ihr beuteiförmiges Nest hängt in Sümpfen und
feuchtem Gelände, etwa von Norddeutschland
bis Griechenland. Der Vogel hat weißlichen Kopf
mit brillenartiger schwarzer Zeichnung.
Die Sumpfmeise ist auch kein Riese, aber ein
liebenswürdiges, intelligentes Tierchen: Größe
11,5 cm. Kopfkappe und Kann schwarz. Sie bewohnt
fast ganz Europa, hat keinen weißen
Nackenfleck und keine weißen Flügelbinden,
nistet in Laubwäldern und Gärten.
Ihr sehr ähnlich ist die Weidenmeise, sie hat
rußschwarze, etwas größere Kopfplatte als die
vorige, auch der Lockruf ist verschieden und
besonders die Lebensweise. Die Weidenmeise
liebt feuchtes Gelände und sumpfige Dickungen;
ich sah sie öfters im Rheinwald.
Ein sehr niedliches Tierchen ist die Blaumeise,
Größe 11,5 cm. Scheitel, Flügel und Schwanz
sind glänzend kobaltblau gefärbt, die Unterseite
ist gelb. Weißer Nackenfleck. Der Gesang beginnt
mit zi - zi und endet mit einem hübschen Triller.
Die Blaumeise benützt gern künstliche Nisthöhlen
. Ein Garten, in dem die Meisen einen
Brutkasten bezogen haben, hat das gesündeste
Obst, weil viele Schädlinge abgesucht werden.
Augenblicklich füttere ich die Blaumeisen mit
Kuchenbrosamen, die flugs in die nahe Nisthöhle
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