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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-09/0017
rung, namens de Zwerger, aus dem kurzen Gutachten
des Professors das warme Herz * spürte.
Auch aus seinem Schreiben spricht eine menschliche
Güte. Der Vater freut sich über einen
selbständig gelungenen Schritt seines Kindes, er
lobt es und läßt es fühlen, daß seinie schützende
Hand über ihm ist. Es ist zwar im Falle Neuenbürgs
ein ziemlich eigenwilliges Kind, das durch
trübe Erfahrungen und vielleicht auch da und
dort durch etwas schlechten Umgang ein wenig
kantig geworden ist. Mit diesen Kanten eckt es
dann gelegentlich an. Doch hier in diesem Akten-
bündelchen ist alles voller Freundlichkeit und
ohne Mißklang. So mag auch das Schreiben der
Regierung hier stehen, um dieses Sonnenfleckchen
seine Wärme auswirken zu lassen auf den
schmalen Raum.

„Das unterm 17ten Jenner abhin geäußerte
Vorhaben, dortige Ziegelhütten in Aufnahme zu
bringenn, gereicht uns zum Wohlgefallen, wie
dann auch der Saz ganz recht ist, daß die zu
Handwerks-Arbeit taugliche Rüesch-Bäumen zu
Brennholz aufmachen zu laßen, nicht ersprieslich
seye; und wie zumalen aus dem Bericht des
Professor Eberenz erhellet, das dortselbsten eine

beträchtliche Menge des schönsten Holz-Auf -
waclises, und besonders jung^ und halbgewachsener
Rüeschen, ganz aufgewachsener aber nur
etwa einige hundert Stück vorräthig seyn;

so wollen wir hirmit, wie gebetten, 30 Stück
Rüesch-Baum, wann diese nicht im Land Selbsten
an österreichische Handwerker angebracht
werden können, auswärts zu verkaufen gestattet
haben, in der Absicht, damit hieraus das zu
obiger Ziegelstatt erforderliche Brennholz ange-
schaft werden möge.

Auf die Empor-Bringung dieser Ziegelstatt ist
sich mit allem Ernst zu verlegen, und dörfte'
dem Publico besser geholfen £eyn, wann Magistrates
sich umsehete, einen vermöglichen Mann,
selbige, gegen gewißen abtrag von jedem Brand,
in gestand zu geben, worauf man umso mehreren
Bedacht zu nehmen hat, als anmit die Stadt
zugleich das Holz ersparen könnte.

Sollte gleichwolen dieser Vorschlag nicht
thunlich seyn, so ist das Brennholz von alten, zu
Handwerks- und Bauholz nicht mehr tauglichen
zum Abstand gehenden Eichen das beste in die
Ziegelhütte zu gebrauchen."

©toppelfel&et

Alternd', ersehnt der Mensch von Jahr zu Jahr
den Frühling sehnsuchtsvoller, stimmen ihn die
Stoppelfelder besinnlicher. Das Sinnbildhafte der
braungelben Reste der Kornäcker drängt sich
einem umso selbstverständlicher auf, je mehr
einem der Herbst seine gleichnishafte Sendimg
offenbart.

Seltsam genug schon berührt das Wort Stoppel.
Im Grimmschen „Deutschen Wörterbuch", in
dem zu schmökern dem Skribent immer noch
wachsendes Vergnügen bereitet, wird das Wort
Stoppel auf das lateinische stipula zurückgeführt,
das ursprünglich Halm — im besondern Korn —
und Strohhalm bedeutet. Die Ableitung setzt
freilich voraus, daß es eine vulgärlateinische
Form „stupula" gab. „Es würde dann", so im
„Grimm", „seine Entstehung als urdeütsch
stuppla im römischen Germanien haben...", wie
viele andere Vokabeln. Indessen besteht — ebenfalls
nach „Grimm" — die Möglichkeit, daß
unser Wort Stoppel „zu einer älteren einheimischen
Schicht von Kulturwörtern des Ackerbaues
gehört..."

Von Zitaten, in denen von Stoppeln die Rede
ist, breitqt das „Deutsche Wörterbuch*' die Fülle
aus. Fast in allen klingt das Symbolhafte an.
Gottlieb Cohrad Pfeffel (1736—1809), der im
Elsaß beheimatet gewesene Fabeldichter, sang
vom Herbst:

„so daß im Feld nichts übrig blieb
als Stoppeln und entblößte Schollen".

Kurt Leberecht Immermanh (1796—1840), der
Schöpfer yon „Merlin", „Münchhausen", „Oberhof
", kennzeichnet des Sommers Ende:
„ ... darauf sauset

der Wind in Stoppeln, wo nichts hauset".

Und auf den Dichter des „Deutschlandliedes",
August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
(1798—1874) geht die Zeile zurück:

„und durch die Stoppeln singt der Wind sein Lied".

Aus einer Vielzahl weiterer Sentenzen noch aus
einem Gedicht von Emanuel Geibel (1815—1884):

„Was ich fröhlich sang, verklang
wie Herbstwind über den Stoppeln".

Daß auch in übertragenem Sinn das Wort
Stoppel eine Rolle spielt, begreift sich leicht
genug. Grimmelshausen (etwa 1622—1676) fabelt
von seinem Simplicius Simplicissimus, es seien
ihm „neue Haare gewachsen, nachdem die alten
Stoppeln vom Barbier ausgezogen worden". Und
in Wilhelm Rabes (1831—1910) „Schüdderumpf"
wird ein „braun runzlig Altweibergesicht mi\
Stoppeln um das Kinn und' die Mundwinkel" geschildert
.

Aus dem köstlichen Poem „Das Neuste von
Plundersweilern" von Goethe stammt dieser Vers:

Die aufgehängten Becken hier
Verkünden euch den Herrn Barbier,
Dem, wo er irgend Stoppeln sieht,
Das Messer untern Händen glüht..."

Ja, und nun ist es wieder einmal so weit, daß
die Stoppelfelder dem Antlitz der Landschaften
Züge verleihen, die ein selbst nur leicht empfindliches
Gemüt in Betrachtungen verstricken, die
im Nachdenklichen daheim sind. Aber weshalb
sollte man, auch wenn die eigenen Bartstoppeln
schon steif und bleich hervorstechen, nicht hoffen
, es seien nicht die letzten, die man rasiert?,
Stoppelfelder, die einen beschäftigen — denn,
Stoppeln her, Stoppeln hin — vom nächsteh
Frühling möchte man sich eh noch begeistern
lassen! Jodocus Vydt

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