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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-10/0004
Otto Ernst Sutten

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In Gustav Wendts leider ganz in Vergessenheit
geratener „Sammlung deutscher Gedichte
für Schule und Haus". (Berlin 1897), die einmal
in den badischen Gymnasien vielleicht das
„Schulbuch" gewesen ist, das den Schülern besonders
nahe stand — es ist dem Skribent, der
am Berthold - Gymnasium Freiburg vor sechzig
Jahren das Abitur hinter sich gebracht hat, noch
heute wert und teuer — findet sich auch das
ehemals von den Heranwachsenden gern, mit
spürbarem Vergnügen, aufgesagte Gedicht „Die
Tabakspfeife". Sein Anfang: „Gott grüß euch,
Alter! Schmeckt das Pfeifchen?" hat sich da und
dort noch als heitere Redewendung einem betagten
Schmaucher gegenüber erhalten. Aber man
würde heute vermutlich vergebens nach dem
Verfasser fragen. Dieser, der Colmarer Gottlieb
Conrad Pfeffel, war bis zur Jahrhundertwende
auch dem literarisch nicht beschlagenen Freund
der Dichtung eine vertraute Erscheinung. Damit
ist es vorbei. Da der hochschätzbare Elsässer
aber zu Lebzeiten enge Beziehungen zu nicht
wenigen Zeitgenossen auf der rechten Oberrheinflanke
pflegte, ziemt es sich recht wohl, an ihn
wieder einmal zu erinnern.

Der in der illustren Manessischen Handschrift
mit Versen vertretene Minnesänger Pfeffel gilt
als des alten Geschlechts frühester Namensträger.
Gottlieb Conrads Onkel, Johann Pfeffel, gewann
als Hofkupferstecher zu Augsburg beträchtlichen
Ruhm. Sein Großvater, als Pfarrer u. a. in Emmendingen
tätig, galt als „ein vorzüglicher Prediger
" und ein Geistlicher von „exemplarischem
Lebenswandel". Der Vater, Joh. Conrad Pfeffel,
studierte Rechtswissenschaften, unternahm (für
die damalige Zeit) weite Reisen und ließ sich
dann in Straßburg als Advokat nieder, von wo
er als Konsulent an den französischen Hof nach
Versailles berufen wurde. Auf amtlichen Fahrten
durch das Elsaß lernte er in Colmar die kinderlose
Witwe Anna Weber kerpien, die 1724 seine
Gattin wurde. Wir folgen hier der Schilderung
Albert Buhls, die ein 1912 erschienenes Bändchen
„Pfeffels ausgewählte Fabeln und Erzählungen"
(1912 Colmar) einleitet, t

Johann Conrad Pfeffel erwarb das Colmarer
Bürgerrecht und stieg zu Amt und Würden der
Stadt auf. Seiner Ehe entsprossen zwei Söhne,
Christian Friedrich, der als Diplomat beiderseits
des Rheins zu besonderem Ansehen gelangte, und
Gottlieb Conrad Pfeffel, der 1736 zur Welt kam
und im protestantischen Gymnasium der Vaterstadt
zur Schule ging. Der Vierzehnjährige kam
in das Haus des Kirchenrates und Superintenden-
' ten Sander in Köndringen, Emmendingen benachbart
, zur Fortsetzung seiner Ausbildung. Einer
seiner Biographen sagt, dieser Aufenthalt im
baden-durlachischen Hochberger Ländchen sei für
Pfeffels wissenschaftliche Entwicklung wie für
seine „Sinnes- und Denkungsart" entscheidend
gewesen. Im Jahre 1752 bezog der junge Colmarer
die Universität Halle. Gleich Vater und
Bruder wollte er sich der Diplomatie widmen.
Allein, ein Augenleiden, das schon früh sich bemerkbar
machte, und schließlich zur Erblindung
führte, zwang Gottlieb Conrad Pfeffel, in die
elsässisehe Heimat zurückzukehren, in der er zunächst
in Straßburg wohnte. Der Tochter einer
befreundeten Familie, die ihn gastlich aufnahtn,
konnte der das Augenlicht mehr und mehr Einbüßende
seine Post und ersten Verse diktieren.
Uber einen, der ihn liebevoll betreuenden Helferin
selbst diktierten Brief bat er die junge
Straßburgerin um ihre Hand. Sie wurde seine
„Doris" — Poeten und Poesieliebhaber um die
Mitte des 18. Jahrhunderts, der hohen Zeit der
Schäferspiele, gefielen sich darin, ihren Freundinnen
, Verlobten und Ehegefährtinnen zarte
und beziehungsvolle Liebesnamen zu geben. Der
1759 geschlossenen Ehe mit „Doris", die bürgerlich
Margaretha Kleopha Divoux hieß, entwuch- *
sen acht Söhne und fünf Töchter, von denen diese
und zwei der Söhne den Vater überlebten.

Die Sicherung der Existenz bereitete Gottlieb
Conrad Pfeffel harte Sorgen. Das Ehepaar nahm
junge Mädchen aus wohlhabenden Familien zur
Erziehung ins Haus. Mehr und mehr wurde
Pfeffel der vielgeliebte und bewunderte Betreuer
der ihm anvertrauten jungen Menschen. Wie sich
leicht versteht, stand er stark unter dem Einfluß
von Jean-Jacques Rousseau (1712—1778). Nicht
weniger stark wirkte Johann Bernhard Basedow
(1723—1790), der Gründer des Philanthropinums
in Dessau, auf Pfeffel ein. Da im damaligen
Frankreich dem protestantischen Adel der Besuch
der Königlichen Militärschule in Paris verwehrt
war, rief Gottlieb Conrad Pfeffel mit Unterstützung
des Colmarer Magistrats ein Institut in
seiner Geburtsstadt ins Leben, das 1773 eröffnet
wurde und eine kleine Nachahmung der „Ecole
royale militaire" in Paris für protestantische
Schüler darstellte. Als Anhänger der Reformbestrebungen
Pfeffels setzte sich der zwei-
brückisch-pfälzisohe Hofrat Franz Christian Lerse
(1749—1800), der Freund Goethes, dem dieser im
„Götz von Berlichingen" das bekannte herrliche
Denkmal gewidmet hat, lebhaft für Pfeffel ein.
Uber Lerse, der dann an der Militärschule als
Lehrer wirkte, war Pfeffel in Straßburg mit
Goethe bekannt geworden. Freilich, der elsässisehe
Dichter nahm. Goethe gegenüber eine sehr
kritische Stellung ein. In einer eigenen Erzählung
„Cato" bezeichnet er den „Werther" als einen
„Lotterbuben". Goethe bezeugte umso mehr seine
Achtung, ja, Bewunderung für Gottlieb Conrad
Pfeffel. Er bat Lavater, der zum großen Freundeskreis
des Colmarers zählte, um Nadirichten
über diesen, empfahl Reisenden, die durch das
Elsaß kamen, Pfeffel aufzusuchen und ihn zu
grüßen. Eine der 1783 erschienenen lyrischen
„Fabeln" Pfeffels, „Die Nelke" überschrieben,
hat Goethe umgedichtet zu seinen bekannten

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