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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-10/0005
Versen „Gefunden",. „Ich ging im Walde so für
mich hin... ", Christiane Vulpius gewidmet.

In freundschaftlicher Nachbarschaft verbunden
war Gottlieb Conrad Pfeffel mit Johann Georg
Schlosser (1739—1799) und seiner Gattin Cornelia
, Goethes Schwester, die er in Emmendingen
wohl einige Male besuchte. Schlosser war als
baden - durlachischer Oberamtmann sozusagen
„Regent" des Hochberger Ländchens und erführ
um seiner, der Zeit freilich weit vorauseilenden,
reformstrebigen Ideen und'Wirksamkeit Zustimmung
wie Ablehnung. Auf der Gedenktafel am
ehemaligen Schlosser'scher* Amtshof, auf der die
zahlreichen berühmten Gäste des Hauses genannt
sind, steht auch der Name Pfeffels verzeichnet.
In Parathese sei hier die Anregung eingeflochten,
dieses ehemalige landstädtische „Palais", das ein
Sehr Wechsel volles, bisweilen mehr als pietätloses
Schicksal über sich ergehen lassen mußte und
jetzt als Wohnhaus für mehrere Familie neu hergerichtet
worden ist, möchte, vielleicht auf der
Grundlage einer „Oberrheinischen öoethe - Stiftung
", kulturellen und heimatgebundenen Aufgaben
überantwortet werden!...

Doch zu Pfeffel zurück! Der Lehrplan seiner
Colmarer Schule, die rasch tragfähiges Ansehen
gewann, war erstaunlich weitgespannt. Er umfaßte
: Religion, Deutsch und Französisch, Geschichte
, Geographie, Mathematik, Naturkunde,
Rechtsprinzipien, Zeichnen, Schönschreiben, wozu
Latein, Italienisch, Englisch, Wappenkunde u. a.
traten. Die Erweckung von Herzens- und Gemütsbildung
war ein Hauptanliegen Pfeffels. Die
Zöglinge verteilten sich auf drei Kompanien, die
in den Anfängen des Militärdienstes unterwiesen
wurden. Ein Biograph Pfeffels schreibt: „Es bot
sich ein schöner Anblick, wenn die Colmarer
„Ecole" mit den stattlichen Jünglingen in anziehenden
Uniformen mit fliegenden Fahnen und
unter lebhaftem Trommelschlag durch die Gassen
und Straßen Colmars zog, etwa heimkehrend von
einem Ausflug nach Basel oder Straßburg oder,
wie nicht selten, aus dem österreichischen Freiburg
im Breisgau, wo eine Kompanie unter dem
Beisein von Gottlieb Conrad Pfeffel und Franz
Lerse von Kaiser Joseph II. freundlich empfangen
und bewirtet wurde".

Die Französische Revolution ging auch an
Pfeffels Institut nicht spurlos vorüber. Gleich
vielen anderen erlauchten Geistern begrüßte auch
Pfeffel das vermeintliche „Morgenrot einer neuen
Zeit" zunächst begeistert, distanzierte sich aber
bald von dem Geschehen in der Stadt an der
Seine. Er kam zur Ansicht: „Ach, die Bestien
sind oft besser als die Menschen!" Und ironisch
kennzeichnete er die Revolution in dem Zweizeiler
:

Dein schönes, weites Ehrenkleid gefiele schon,
O Göttin! Doch der Weise scheut den Macherlohn!

Letztlich brachten die Ereignisse von 1789 Gottlieb
Conrad Pfeffel um Besitz und Existenzgrundlage
. Der Erblindete meisterte auch diesen
Schicksalsschlag. Nim widmete er sich in vermehrtem
Ausmaß der Dichtung. Er schrieb später
einmal: „Die so unerwartete und ungewünschte

etäte Winbz

Das Dorf ist alt, das Gras ist jung —
Am Baum die Früchte reifen —
Natur hält alle Welt im Schwung
Und reißt uns mit im Schweifen,

Die Liebe Gottes immer neu
Bewegt die State Wende.
Der Mensch erkennt, Gott ist getreu,
Zum Anfang wird das Ende.

Es wirkt des Schöpfers Machtgebot
In Menschen und in Dingen,
Das Leben steigt empor im Tod
Und wird sich weiter schwingen.

Und also wollen wir getrost
Ergeben sein dem Leben
Und im Geschick, das wir erlost,
Die Stirne mutig heben.

Der Tod ist nur ein Übergang
Zu neuem schönem Werde —
Geh9 deinen Gang, sing9 deinen Sang
Als treuer Sohn der Erde!

Aus dem Buche: Hermann Burte „An Klotzen, Rhein und Blauen"
Herausgegeben von1 der Hermann - Burte - Gesellschaft e. V. / 1963

Muße, die von der Revolution und ihren Folgen
für mich eintrat, führte mich zur Poesie zurück,
Die schrecklichen Auftritte, die mein Vaterland
zerrütteten, veranlaßten mich, im Umgang mit
Tieren eine Zerstreuung gegen die Greuel zu
suchen." Neben den „Fabeln", unter denen sich
nicht wenige befinden, die nicht gänzlich vergessen
werden sollten — Gustav Wendt hat in
seine „Sammlung deutscher Gedichte" neben der
„Tabakspfeife" drei dieser Fabeln, „Der Kater",
„Die Stufenleiter" und „Der jungp Hase" aufgenommen
— entstanden „Erzählungen", s sp
„Marianne, eine Klostergeschichte", „Die Biographie
eines Pudels", „Kunigunde von Hungerstein
", und „Theatralische Belustigungen" —
allein, nur die „Fabeln" und die „Poetischen
Erzählungen" vermögen noch unsere Teilnahme
zu erwecken ...

Bis in seine letzten Lebensjahre ließ Gottlieb
Conrad Pfeffel allen caritativen und Bildungsstätten
Colmars liebevolle Förderung angedeihen.
Er war ein eifriger und berufener Briefeschrei-
ber. Im Spätjahr 1809 feierte er mit „Doris" die
goldene Hochzeit, ein Jubelfest, an dem viele ihm
Wohlgesinnte am Oberrhein, drüben wie hüben,
zumal im Badischen herzlichen Anteil nahmen.
Am 1. Mai 1809 verließ den zermürbten Körper
seine adelige Seele. Ein Leichenzug, wie ihn
Colmar noch nie gesehen hatte — von« beiden
Flanken des Oberrheins waren Freunde herbeigeeilt
— bezeugte die Innigkeit der Sympathien,
die man diesem seltenen Geist entgegenbrachte.,

Das obere Stockwerk des Colmarer Museums,
das den „Isenheimer Altar" birgt, macht einen in
einer langen Reihe von besuchenswerten Räumen
mit der Kultur und Geschichte Colmars und seiner
Landschaft vertraut. Da hält vor allem ein
ergreifendes Gemälde das Gedächtnis an Gottlieb
Conrad Pfeffel wach. Es zeigt den hoheitsvoll

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