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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1963-11/0009
Mauern und Gittern umgebenen Park. Das Gut
war ursprünglich Rebgelände, in dem die Familie
Battier, französische Hugenotten, ihr Landhaus
errichteten und das in verschiedenen Abschnitten
im Lauf der Zeit zum heutigen Stand heranwuchs
. In diesem Landsitz, der der Familie
Bischoff-Merian gehörte, fand Cagliostro seine
eifrigsten Anhänger. In dem im Jahre 1760 im
Stil des Rokoko erbauten reizenden Gartenhaus,
das heute direkt an die Basler Straße anstößt,
richtete der Italiener seine Freimaurerloge ein.
Ein Treppentürmchen, das an der Ostseite angebaut
ist, trägt auf seiner Spitze einen kleinen
Drachen, in dessen Maul ein Glöckchen hängt.
Ähnliche Drachenköpfe an den Ecken des Daches
dienen als Wasserspeier, während rund um den
Sims des Türmchens weitere Glöckchen hängen,
die im Winde bimmeln. Von ihnen erhielt der
Hof seinen Namen „Glöcklihof". Diese Glöckchen
wurden auf Anweisung Cagliostros angebracht,
der sie in seiner Eigenschaft als Geisterbeschwörer
und Heilkünstler zur Bekämpfung schädlicher
Gestirnseinflüsse und Todesbedrohung
aller Art in den Dienst seiner magischen Kunst
stellte. Uralter Aberglaube, der bis in die abendländische
Frühzeit des Jahrtausends vor Christi
Geburt zurückreicht, wurde also am Glöcklihof
zu Riehen vom Abenteurer Cagliostro zu neuem
Leben erweckt. Die Glockensymbolik zur Abwehr
schädlicher Einflüsse findet sich aber nicht nur
im keltisch-germanischen Raum, sondern in viel
stärkerem Maße im klein- und vorderasiatischen
Bereich, wo sie Cagliostro auf seinen Reisen

Paula Hollenweger:

Er steht noch lebhaft vor meinen Augen: unser
Schuhmacher. Jedes Jahr kam er mit dem Gesellen
und zwei Lehrbuben zweimal zu uns ins
Haus auf die „Stör". Vorher ging der Vater ins
nahe Städtchen und kaufte ein großes Stück
Kalbsleder und ein kräftiges Stück Rindsleder
ein. Am Abend bevor sie kamen, holte er die
niedere Schusterbank und den schweren Klopfstein
herbei und brachte sie an den gewohnten
Platz in der breiten Fensternische. Mitten in
das schmale Fensterbrett hatte er einen kurzen
Nagel so eingeschlagen, daß der dicke Kopf etwas
herausschaute. Daran hängte der Schuster seinen
zwirnenen Schusterdraht, der am äußeren Ende
die starke Schweinsborste hatte, und strich ihn
mit Pech und zog ihn so lange bis er die gewünschte
Festigkeit zum Nähen besaß. Der Reihe
nach mußten wir Kinder mit dem bestrumpften
Fuß auf das braune Packpapier stehen. Darum
zog er einen dicken Strich mit seinem stumpfen
Bleistift, maß Länge, Breite und Rist und schnitt
dann aus dem blanken Kalbsfell die Oberteile,
aus dem geeigneten Stück Rindsleder Sohlen und
Absätze zu. Mit feinen Stichen wurden nun die
Schäfte, mit derberen die Sohlen aufgenäht, und
dazu sang und pfiff der Meister mit seinen Buben
, daß es eine Lust war. Wie stolz waren wir

wahrscheinlich kennenlernte und wo er von den
geisterbeschwörenden Schamanen die Kunst erlernte
, die er später bei seinen magischen Sitzungen
selbst anwandte. Interessant ist es, daß man
auch in südrussischen Gräbern aus der Zeit um
Christi Geburt Schmuckgegenstände in Form von
Sicheln gefunden hat, auf deren Spitzen Vögel
sitzen, die ein Glöckchen im Schnabel tragen.

Nur kurze Zeit hat sich „Graf" Cagliostro in
Riehen aufgehalten und im Gartenhaus des
Glöcklihofes seine Beschwörungssitzungen inszeniert
. Im Jahre 1785 kam er nach Paris, wo er
sich unvorsichtigerweise in Intrigen und Skandale
verwickeln ließ. Er stiftete den Kardinal
Rohan, der sich die Gunst der Königin Marie-
Antoinette * erwerben wollte, zum Kauf eines
Diamantenhalsbandes an. Das brachte ihn zunächst
in das Staatsgefängnis, die Bastille; im
nächsten Jahr wurde er aus Frankreich verbannt.
In Rom wurde Cagliostro von der Inquisition
wegen Ketzerei zum Tode verurteilt, von Papst
Pius VI. aber 1791 zu lebenslänglicher Haft begnadigt
. Vier Jahre später starb der Abenteurer,
der einst in den höchsten Kreisen gefeiert und
geehrt worden war und dann von allen verleugnet
wurde, trotz seines „Lebenselixiers" in San
Leone bei Urbino. Der Glöcklihof in Riehen bei
Basel aber wird sein Andenken am Oberrhein
erhalten; er bleibt ein Zeugnis für den Wunderund
Aberglauben, der dem menschlichen Bedürfnis
nach Erforschung des Übersinnlichen und der
Mächte des Jenseits entgegenkommt.

dann auf unsere neuen Schuhe und was mußten
sie alles aushalten. Alle bewunderten sie, besonr
ders aber die leichten Hausschuhe, welche er
kunstvoll und zierlich für meine Mutter selbst
angefertigt hatte. Meinem Großvater durfte ich
zu seinem Geburtstag Pantoffeln sticken aus
bunter Wolle. Schwarz der Grund und mit hell-
und dunkelroten Rosen, grünen Blättern und
braunen Ranken reich ausgeschmückt. Diese
Oberteile spannte der Schuster auf Leisten und
versah sie mit den geeigneten Sohlen. Darüber
freute sich der Großvater natürlich sehr. Er
hänselte sich wohl einmal mit dem Schuhmacher,
schätzte ihn aber, da er tüchtig war, und das
lustige Hin- und Her ihrer Anzüglichkeiten verübelte
keiner dem andern.

Der Meister erzählte ihm, wie er einmal an
einem heißen Sommertag in seiner „Buddig" saß
und drauflos klopfte. Die Hitze war drückend
und kein Lüftlein regte sich. Alle Gewächse standen
durstig und welk und hingen ihre Köpfe tief
zum ausgetrockneten Boden. Da kam der Nachbar
herein mit ein Paar Schuhen, an denen
einige wenige Stiche zu nähen waren. Es war
nach dem Essen und der Bauer setzte sich auf
den Stuhl am Ofentisch um etwas zu verschnaufen
, bis er die Schuhe wieder mitnehmen konnte.

jözi i^ocffdjuljmadjet:

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