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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-01/0009
pferdes (Przewalski - Pferd) auch solche von
Equus germanicus und eines Halbesels (Equus
hemionus Pall). Es ist uns nicht möglich, diese
Zuweisungen zu überprüfen. Während das Vorkommen
des Halbesels zweifelhaft bleibt, scheinen
die Knochenfunde von Equus germanicus
erst später in diese Fundschichten eingeschleppt
worden zu sein, worauf Padtberg (1925, S. 38)
selbst hinweist. Stellen somit eine unsichere
osteologische Klassifizierung und eine Störung
der Schichten der Beurteilung der Funde große
Schwierigkeiten entgegen, so erscheint auch die
Zuweisung der Wildpferdfunde zu Equus Przewalski
zweifelhaft. Doch soll an dieser Stelle
nicht näher auf diese Funde eingegangen werden
. Nach Deecke (1931, S. 134) wurden auch in
einer früheren Ziegelei „westlich von Heiters-
heim" unter dem Löß in den eiszeitlichen Schottern
„allerlei z. T. abgerollte Knochen geborgen",
unter denen „Skeletteile von einem kleinen
Pferd nach Art des diluvialen Wildpferdes
(Equus Przewalski)" reich vertreten waren. Es
fanden sich damals „Oberarm, Speiche des rechten
und linken Unterarms, Unterkiefer rechts
und links und Fußgelenkknochen" (Deeke, 1931,
S. 134). Über diesen Pferdefund schreibt Deecke
(1931, S. 134): „1929 scheint auch ein Oberkiefer
mit sechs Zähnen gefunden, wobei nur die Zähne
erhalten waren, uns vorgelegt wurden, aber dem
Besitzer wieder abgeliefert wurden. Augenscheinlich
gehört dies alles zu einem Thiere..".
Am Ausgang der letzten Eiszeit, der vielleicht
auch dieser Pferdefund zugewiesen werden darf,
war das asiatische Wildpferd noch über weite
Teile Europas verbreitet. Es ist jedoch nach B.
Lundholms (1947) Auffassung nicht mit unseren
späteren Hauspferden in Verbindung zu bringen.
Noch unter dem Jagdwild jungsteinzeitlicher
Siedlungen ist dieses Wildpferd (Equus Przewalski
) vertreten; so kennt etwa die neolithische
Siedlung Ehrenstein bei Ulm (O. Paret, 1955;
H. Zürn, 1958) Knochenfunde eines Wildpferdes.
Dieser Wildpferdfund ist insofern bemerkenswert
, als andere neolithische Siedlungen des
südwestdeutsch - schweizerischen Raumes dieses
Wildpferd nicht kennen, während es etwa aus
dem norddeutschen Raum (steinzeitliche Siedlung
an der Hunte, am Ausfluß aus dem Dümmersee
) in reichem Maße durch etwa 2000 Knochen
als Nahrungstier belegt ist (Vogel, 1955,
S. 66). Auch in dem großen Knochenmaterial der
„Uferrandsiedlungen" Seematte - Gelfingen und
Egolzwil (2) (Hescheler und Rüeger, 1942) konnte
das Wildpferd nicht nachgewiesen werden, so
daß Vogel (1955, S. 66) geneigt ist, sein schon in
dieser Zeit bescheideneres Vorkommen der Ausrottung
durch den Menschen zuzuschreiben.

Oft ist es dem Haustierzoologen nicht möglich
, an Hand des meist schlecht erhaltenen
Materials eine exakte Unterscheidung zwischen
Wildpferden und bereits gezähmten Pferden zu
treffen (vgl. W. La Baume, 1953, S. 62). Damit
ist aber auch die Frage nach dem ersten Auftreten
des Hauspferdes in Mitteleuropa noch
nicht endgültig beantwortet. Während der
schwedische Zoologe B. Lundholm (1947) der
Auffassung ist, daß erst mit der Bronzezeit für

Europa ein gezähmtes Pferd angenommen werden
darf, neigt W. La Baume (1953, S. 62) dazu,
schon für das Neolithikum, das nach allgemeiner
Ansicht erstmals Ackerbau und Viehzucht kennt,
das Vorkommen des Hauspferdes in Anspruch zu
nehmen. Entsprechend rechnet auch v. Lengerken
(1954, S. 143) mit einem ersten Auftreten domestizierter
Pferdeformen „gegen Ende der Jungsteinzeit
, etwa am Schluß des 3. Jahrtausends
vor Chr."

Zur Frage eines oder mehrerer Domestikationszentren
des Pferdes bemerkt W. La Baume
(1953, S. 63) B. Lundholm (1947) folgend: „Als
die Haustierzähmung aufkam, sind nicht von
einem bestimmten Gebiet her gezähmte Pferde
über Europa und Asien verbreitet worden, sondern
der Gedanke der praktischen Verwendung
des Pferdes verbreitete sich, und überall bediente
man sich des zugänglichen Materials an Wildpferden
zur Zähmung und Züchtung. In den
südosteuropäischen Flachländern wurde die
Steppenform gezähmt, im übrigen Europa waren
es die verschiedenen Wildformen". Jedenfalls
erscheint die Übernahme des Hauspferdes aus
den östlichen Steppenräumen wenig wahrscheinlich
(vgl. auch Pittioni, 1949, S. 109). Auch von
Lengerken (1954, S. 143) rechnet mit mehreren
Domestikationszentren in Asien und Europa, wobei
er ersteren eine zeitliche Priorität zubilligt.
Ob man dabei jedoch auf verschiedene Pferdeformen
zurückgriff, sei „ungewiß", wie schließlich
auch die Frage, „ob man die unterschiedlichen
Wildpferde der Eiszeit und Nacheiszeit als
Angehörige verschiedener Arten oder Rassen
einer Großart auffassen will, deren letzte Ausläufer
das heutige Asiatische Wildpferd darstellt
", Ansichtssache bleibe. Schließt man sich
dieser Auffassung an, wird es schwer fallen, mit
Vogel (1955, S. 66, Anm. 6) das asiatische Wildpferd
(Equus Przewalski) „als alleinige Stammform
aller so verschiedenen Hauspferde" anzusehen
, da als Stammform der meisten Hauspferde
sicherlich der Tarpan anzusehen ist, ein
Wildpferd der südrussischen Steppen, das um die
Jahrhundertwende ausstarb, „bevor die Wissenschaft
begann, sich näher für dasselbe zu interessieren
" (B. Lundholm, 1947, S. 103).

Zitierte Literatur

W. Deeke, 1931: Die Vorkommen diluvialer Säugetiere in Baden südlich
der Murg, in: Beiträge zur Naturwiss. Erforschung Badens, Heft 8,
S. 126—136, Freiburg i. Br.

A. Ecker, 1878: Das europäische Wildpferd und dessen Beziehungen zum

domesticirten Pferd, in: Globus, S. 8—11, 23—27 und 39—44.

W. La Baume, 1953: Herkunft und älteste Kulturgeschichte der Haussäugetiere
, in: Beiträge zur Frühgeschichte der Landwirtschaft I.
Deutsche Akademie der Landwirtschaftswissenschaften zu Berlin,
Wiss. Abhandl., Band 6/1, S. 53—67.

H. v. Lengerken, 1954: Einführung in die Haustierkunde. Anatomie,
Physiologie und Abstammung der Haustiere, Leipzig.

B. Lundholm, 1947: Abstammung und Domestikation des Hauspferdes, in:

Zoologiska Bidrag Fran Uppsala, Band 27, Uppsala.

E. Mohr, 1960: Das Przewalski - Pferd, seine Zuchten und Bestände, in:
Natur und Volk, Bericht der Senckenbergischen Naturforschenden.
Ges., Band 90, Heft 4, S. 101—111.

O. Paret, 1955: Das Steinzeitdorf Ehrenstein bei Ulm / Donau (u.a. mit
einem Beitrag von R. Vogel).

J. Rüeger (und K. Hescheler), 1940: Die Wirbeltierreste aus den Pfahlbauten
des Baldeggersees . . . , in: Vierteljahres sehr. d. naturforsch.
Geselisch. Zürich 85.

Vogel, R. siehe O. Paret, 1955.

H. Zürn, 1958: Eine jungsteinzeitliche Siedlung bei Ehrenstein, Kr. Ulm
(Donau), in: Neue Ausgrabungen in Deutschland, herausgegeben von
H. Krämer, Berlin, S. 75—92.

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