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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-01/0012
erhob das Volk die Forderung, der Rat der Städt
möge sich endgültig für die rücksichtslose und
vollständige Durchführung der evangelischen
Lehre einsetzen. Da der Rat zunächst noch
unentschlossen blieb, erhob sich das ungeduldig
erregte Volk. In der sogenannten „aufrührerischen
Fastnacht", am 9. Februar 1529, machte
sich die Spannung Luft durch den Bildersturm,
der im Münster begann und auf die übrigen
Kirchen übergriff. Nach diesen tumultarischen
Ereignissen mußte sich der Rat nun dem Willen
des Volkes fügen, er mußte den Bildersturm
nachträglich gutheißen und Amnestie erlassen
und gestand die Reformationsordnung vom
1. April 1529 zu, d. h. die feierliche Kodifikation
des von nun an in Basel geltenden kirchlichen
und religiösen Wesens.

Soweit in kurzen Zügen die Entwicklung der
Reformation im benachbarten Basel in den
ersten Jahren ihrer Durchführung. Wie haben
sich nun diese Ereignisse in der Markgrafschaft
ausgewirkt, die mit dem geistigen Leben Basels
durch vielerlei Bande aufs engste verbunden
war?

Infolge der Vergabung des Basler Bischofs
Burkhard von Hasenburg vom Jahre 1083 war
das Cluniazenser - Kloster St. Alban in Basel
Kirchenpatron der Kirche zu Lörrach geworden
und setzte dortselbst den Pfarrer ein. Später
standen die Basler Klöster unter der Schirmherrschaft
des Rates der Stadt, der aber in der
Reformationszeit dem Klosterleben nicht mehr
günstig gesinnt wc r. Durch einen Ratsbeschluß
vom Herbst 1525 sollte die Zahl der Klosterinsassen
beschränkt werden, die Aufnahme neuer
Mönche sollte verhindert werden, damit die
Klöster allmählich ausstürben. Von allen Konventen
der Stadt war das St. Alban-Kloster dem
Rat Gegenstand größter Sorge. Hier war im
Jahre 1526 der Prior Claudius de Allingio gestorben
, der als letzter das verwahrloste Kloster leitete
. Er hatte das Kloster durch sein üppiges
Leben, seine politischen Aspirationen und seine
kostspieligen Reisen in Schulden gebracht; er
lebte im Basler Priorat als großer Herr weit über
seine Mittel. Nach seinem Tod kam das Kloster
St. Alban ganz unter die Leitung des Rates. Dieser
wählte nunmehr den Probst und in den dem
Kloster gehörenden Landkirchen — so also auch
in Lörrach — die Pfarrer. Die Verwaltung des
verschuldeten Klosters wurde in die Hände von
drei Pflegeherren gelegt. So kam es, daß tatsächlich
die Stadt Basel über die Vergebung der
Pfarrstelle in Lörrach verfügte.

Nun war Anfang des Jahres 1556 die Pfarrstelle
im Dorf Lörrach frei geworden. Daraufhin
wandten sich die Pflegeherren von St. Alban
an den ersten Münsterprediger, den „Antistes"
Dr. Simon Sulzer, mit dem Ersuchen, die frei
gewordene Lörracher Pfarrstelle mit einem
evangelischen Prediger zu besetzen. Im gleichen
Sinne schrieben die Pflegeherren auch an Markgraf
Karl II. von Baden-Durlach, der persönlich
dem Antistes Sulzer besonders zugetan war.
Dr. Simon Sulzer war ein geborener Berner, war
im Abendmahlstreit zwischen Zwingli und

Luther auf die lutherische Seite getreten und
hatte darauf in Bern seine Predigerstelle verloren
. Da nun in der Stadt Basel nach Oekolam-
pads Tod die Lehrmeinung Luthers vorherrschend
war vor derjenigen Zwingiis, so fand
Sulzer hier eine Zuflucht, wurde 1548 angestellt
und im Jahr 1553 sogar zum ersten Münsterprediger
erhoben. Sulzer hätte es aus kirchenpolitischen
Gründen schon lange gerne gesehen,
wenn in dem nahen Lörrach die lutherische
Lehre festen Fuß gefaßt hätte. Als er nun die
Aufforderung des Rats erhielt, für Lörrach einen
neuen Pfarrer zu bestellen, nutzte er die Gelegenheit
aus und veranlaßte, daß sein Schwager,
der Basler Pfarrer und Professor Huldreich Koch
(genannt Coccius) in Lörrach am 21. Januar
1556 die erste evangelische Predigt hielt. Koch
war in der Gegend kein Unbekannter; er war
geborener Freiburger und hatte einige Zeit lang
den Pfarrdienst in Binzen versehen. Kurze Zeit
nach der Predigt Kochs erhielt nun Sulzer von
Markgraf Karl II den förmlichen Auftrag, bei
der Einführung der Reformation in der Herrschaft
Rötteln mitzuwirken; er wurde in den vier
neu zu errichtenden oberländischen Dekanaten
Rötteln, Schopfheim, Müllheim und Hochberg
mit der oberen Kirchenaufsicht betraut. Mit Genehmigung
des Basler Rates übernahm Sulzer
dieses Amt eines Superintendenten neben seinem
Amt als erster Münsterprediger. Als erster evangelischer
Pfarrer in Lörrach wurde der Magister
Paul Strasser aus Basel eingesetzt, der ebenso wie
Sulzer ein gebürtiger Berner war. Er versah sein
Amt von 1556 bis 1564.

Am 1. Juni 1556 wurde die neue evangelische
Kirchenordnung für die Markgrafschaft Baden-
Durlach verkündet, und im Herbst des gleichen
Jahres fand die erste Kirchenvisitation statt, die
übliche Form, in der man im 16. Jahrhundert
eine Religionsänderung durchführte. Um diese
Zeit wurden verschiedene weitere Pfarrstellen
mit evangelischen Predigern besetzt, so Rötteln
mit Thomas Grynaeus, Schopf heim, der Diözesansitz
, mit Misaeus von Augsburg, Tüllingen mit
Heinrich Erzberger und Binzen mit Widenbusch.
Aber der entscheidende Schritt des Markgrafen
Karl zur Durchführung der Reformation in seinen
oberen Landen stieß auch auf Widerstand
und Hindernisse. Zeugnis hierfür sind uns Stellen
aus Sulzers Briefen. So schrieb dieser am
26. 9. 1556: „Der uns benachbarte Markgraf fährt
fort, die Kirchen zu reformieren, obschon er damit
noch nicht völlig bis zu uns hin (d. h. nach
Basel) gelangt ist." Am 5. 10. 1556 schreibt er:
„Die Ensisheimer (die Mitglieder der vorder-
österreichischen Regierung) knirschen gegen den
Markgrafen und legen der eingeführten Reformation
möglichst viele Hindernisse in den Weg,
aber ich hoffe: umsonst .. wennn sie nicht einen
offenen, gefährlichen und gewiß blutigen Krieg
heraufbeschwören wollen."

Gleich im Anfang ergaben sich finanzielle
Schwierigkeiten. Woher sollte man die Mittel für
die Besoldung der evangelischen Prediger nehmen
? Der Markgraf half sich, indem er in den
Gemeinden, in denen der Zehnte katholischen

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