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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-03/0007
Beutegelder reich geworden, seinen Abschied genommen
, um sich in seiner Heimat einen Wirkungskreis
zu beschaffen.

Wegen Mangel an inländischen geschickten
Spinn- und Webmeistern wollte die neue Socie-
tät soviele Lehrkräfte vom Ausland herbeiholen,
„als zur Instruction und Abrichtung der Jugend
nötig seyn wird". (Bolli^ger S. 206.) Die angelernten
Spinner und Weber sollten aber hierauf
in ihre Dörfer zurückkehren, „umb sowohl andere
zu instruieren, als auch anderen bey der
Fabriquen zur Lehre Platz zu machen". Weiter
empfahl man, besitzlose Jugendliche zu nehmen,
da diese dann „allein ihrer Profession abwarten
könnten". Und weil die Ehe zwischen einem solchen
Weber und einer solchen Spinnerin „vorteilhaftig
und nützlich" sei, könnten nach Gaupp
diese „unzertrennliche und nützliche Professionen
mit reitzendem Trieb erlernt und ausgebreitet
werden", wenn das Paar das Recht erhielte,
ein Jahr früher als üblich zu heiraten und für
einige Jahre von der Handfrohn befreit würde.
Wenn auch in vielen Staaten Spinn- und Gewerbezwang
bestehe, so sollte in den Oberlanden
doch mit „gelinderen Mitteln... Trieb und Lust
zur Arbeit... erwecket" und damit auch dem
Müßiggang und dem Bettel gesteuert und dem
Land eine Last abgenommen werde. Unter den
„gelinderen Mitteln" verstand Gaupp immerhin,
daß von jedem der umliegenden Dörfer „einige
taugliche Knabel und Mägdel" angefordert werden
dürften, um sie je nach Eignung und gegen
Gewährung eines billigen Unterhaltes spinnen,
weben, drucken oder bleichen lehren zu können.
Auch sollte jedes Dorf einen oder zwei Knaben
die Weberei immer dann auf Kosten der Gemeinde
lernen lassen, wenn ihre Eltern nicht in
der Lage wären, eine solche Ausbildung selber
zu bestreiten.

Diesen Wünschen, die Gaupp am 8. September
1761 dem Markgrafen unterbreitet und im
Dezember 1761 nochmals dem Oberamt vorgetragen
hatte, wurde weitgehend entsprochen. Zur
besseren Kontrolle der markgräflichen Bestimmungen
verlangte sogar der rührige Wallbrunn
ein Verzeichnis sämtlicher männlichen und weiblichen
Personen, die im Alter von 10 bis 50 Jahren
standen, zum Spinnen taugten und arm waren
oder Vermögen hatten, aber nicht viel Arbeit! Im
Prinzip deckten sich Gaupps Begehren überhaupt
mit den Bestrebungen der Regierung, durch Einrichtung
von Spinnschuleh das Volk industriell
zu erziehen und damit der Armut ab- und dem
Almosenwesen aufzuhelfen. Auch wurde mehr
als je mit Betrübnis festgestellt, „was for grosse
Summen Geld für Sammt, Plüsch, allen Arten
von Seiden, Zeugen, Baumwoll und anderen desgleichen
Waaren mehr... aus dem Reich und
dessen Fürstentümern... vor fremde Waaren
hinausgeschleppt werden", und wie klar Luther
gesehen hatte, als er schon vor mehr als 200 Jahren
zu sagen pflegte, „Frankfurt seye das Loch,
durch welches alles Geld aus Teutschland hinaus
kommt."

Bereits am 5. Mai 1762 konnte Wallbrunn dem
Markgrafen melden, es sei zu verwundern, daß

bereits Kinder von 6 bis 15, zumeist aber von
weniger als 12 Jahren in Lörrach auf Kosten der
Entreprenneurs sich so weit „habilitiret" haben,
um neben freier Kost und Quartier nach einer
Woche 18, 19 und 23 Batzen Spinnerlohn verdienen
zu können, wodurch teils ihnen, teils ihren
Eltern, nicht zuletzt aber auch der Fabrik und
dem Lande ein erheblicher Nutzen zufließe.

Aus unseren Darlegungen geht hervor, daß
zumindest während der ersten Jahrzehnte des
Unternehmens relativ junge Kinder beschäftigt
wurden. Uber das Verhalten Gaupps diesen
gegenüber ließen sich kritische Stimmen vernehmen
. Ein angesehener Geistlicher meinte sogar,
„daß... Gaupp nicht so sehr an der Errichtung
einer Fabrik, als vorzüglich daran liege, sich so
successiver ein nach heidnischer Sitte eingerichtetes
Serail heranzuziehen ... (was) schnurstracks
den Gesetzen des Christentums zuwider sei und
der Gottlosigkeit Mohammeds Tor und Tör
öffne ..." (Bolliger S. 42.)

Um die allgemeine Ausbildung der Kinder
nicht zu vernachlässigen, äußerte die Landesherrschaft
im Mai 1791 den Wunsch, in der
Manufaktur solle wöchentlich vier bis fünfmal
um 6 Uhr abends je eine Stunde besonderer
Schulunterricht erteilt werden. Die Betriebsleitung
hatte hierzu „nichts weiteres zu erinnern,
als zu dem guten Vorhaben alles Gedeihliche
anzuwünschen." Schon im Januar 1792 wurde
die „Fabrikschule" von ca. 70 Kindern besucht.
Sie erwies sich als nützlich. Lehrer war Schuladjunkt
Trefzer.

Rund 45 Jahre später, im Mai 1837, war wiederum
die Rede von Fabrikschulen. Als das
Bezirksamt hierüber mit den Fabrikanten Köch-
lin, Sarasin (Haagen) und Geigy (Steinen) verhandelte
, anerbot sich Peter Köchlin „sofort", für
die von ihm beschäftigten rund 120 Kinder nicht
nur aus seinen eigenen Mitteln einen besonderen
Lehrer „nach der für die unterste Klasse ausgeworfenen
Normalbesoldung mit fl 150 zu bezahlen
", sondern auch ein passendes Lokal zur
Verfügung zu stellen und einzurichten. Auch
beantragte er die Schaffung einer Fortbildungsschule
. Während in den Spinnwebereien nur
Kinder vom zurückgelegten 11. Alters jähr beschäftigt
werden durften, sollte Peter Köchlin
gestattet werden, schon Kinder vom zurückgelegten
8. Alters jähr an aufzunehmen, da sie „in
seiner Fabrik... nicht auf so lange Zeit und
nur zu ganz leichten Beschäftigungen verwendet
werden..." Hiermit aber war das Ministerium
des Innern in der Folge nicht einverstanden.
Trotzdem das Gesuch der Firma Peter Köchlin &
Söhne durch die Lokalbehörde „wegen des
guten Zustandes der Fabrikschule" unterstützt
wurde, mußten die 66 Kinder, die noch nicht
11 Jahre alt waren, der Stadtschule zugewiesen
werden. Der Unterricht in der Fabrikschule war
in verschiedenen Klassen während acht Stunden
wöchentlich zu halten und hatte sich auf die
gesetzlich vorgeschriebenen Fächer zu erstrecken,
Religion eingeschlossen.

Im April 1866 dehnte man den Unterricht auf
drei Stunden täglich aus, und zwar auf die Zeit

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