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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-04/0006
Hohe Verdienste hatte sich Hermann Vortisch
jedoch bereits erworben, bevor das Großteil seiner
Bücher an die Öffentlichkeit trat. Ein Abschnitt
samt seinem Bildnis ist ihm in dem von
Universitätsprofessor Dr. Olpp herausgegebenen
umfangreichen Werk gewidmet: „Hervorragende
Tropenärzte in Wort und Bild". Aufgeführt sind
dabei seine zahlreichen Aufsätze in medizinischen
Zeitschriften über die Ergebnisse seiner Forschung
, über seine Erfahrungen und Erlebnisse
in Afrika und China. Selbständige Bücher von
ihm, die hierher gehören, sind: Wie ich Missionsarzt
wurde — Am Wegsaum — Chinesische
Patienten und ihre Ärzte — Hin und her auf
der Goldküste — Die Nervosität — Häusliche
Krankenpflege — Vom Wunderreich in uns —
Dr. Krapf, ein Marschall Vorwärts in der Mission
— Aus dem Tagebuch eines Missionsarztes.

Hermann Vortischs Vater war der Bankdirektor
Reinhard Vortisch in Lörrach, von alten Wiesentäler
und Baseler Bürgergeschlechtern abstammend
. In einem Rückblick nennt der Sohn ihn
tatkräftig und willensstark, eine Säule der dortigen
Pietisten, die Mutter, Berta Raillard aus
Baseler Hugenottengeschlecht, eine tiefinnerliche
Frau voll adeligen Gemütes und liebevoller
Selbstlosigkeit. In die Verwandtenreihe gehörten
die Herbster, Singeisen, Isielin aus dem Hebelkreise
. Hermann war das dritte von acht Kindern.

Nach dem Besuch des Gymnasiums in Lörrach
brachte Hermann Vortisch ein Jahr, das ihn
innerlich reifen ließ, in dem Institut der Brüdergemeine
in Prangin in der französischen
Schweiz zu. Darauf folgte das Medizinstudium.
1901 bis 1902 war Hermann Vortisch Assistent
am Diakonissenhaus in Bern, danach Volontärarzt
an der Frauenklinik in Basel.

Dort war es, wo die Baseler Missionsgesellschaft
bei ihm anfragte, ob er einen ihrer Ärzte
an der Goldküste vertreten wolle. Das war der
Ruf, den er erwartet hatte; so reiste er am
29. Mai 1903 dorthin ab und waltete seines Amtes
bald da, bald dort, heilte und sorgte vor und
erforschte Krankheiten, die an diesem Ort der
Erde als Besonderheiten auftraten. Nach zwei
Jahren wurde ihm in Kamerun eine weitere
Wirkungsstätte angeboten. Er begab sich in diese
damals deutsche Kolonie, um vorerst die Verhältnisse
zu erkunden. Nach der Goldküste sollte
er nicht mehr zurückkehren, denn in Duala erkrankte
er an schwerster Malaria, wovon er sich
bis an sein Lebensende nie ganz erholen konnte,
denn immer wieder traten Rückfälle auf. Es
blieb ihm nichts als die Heimkehr nach Europa.
Tropendienst war für die Zukunft ausgeschlossen.
In Lörrach verehelichte er sich mit Dora van
Vloten.

Ein neues Betätigungsfeld fand Hermann
Vortisch in China. Die Baseler Mission beauftragte
ihn im Dezember 1906 mit der Errichtung
einer ärztlichen Station in Honyen am Ostfluß in
der Provinz Kanton. In Begleitung seiner Gattin
begab sich Hermann Vortisch an seine neue
Wirkensstätte. 1908 richtete er ein Hospital mit
Poliklinik ein und war dort bis 1913 als Arzt
und Missionar tätig. Dieses „und" steht ausdrücklich
in seiner eigenen Niederschrift. Wie
mancherlei Widerwärtigkeiten, Feindseligkeiten
und Gefahren er und die Seinen ausgesetzt waren
, davon hat er in einem Buche — nebenbei —
berichtet. Zwei Töchter wurden dem Vortisch-
schen Ehepaar in China geboren, Heidi und
Esther. Abermals erkrankt kehrte Vortisch mit
seiner Familie 1913 nach Europa zurück. In
Zollikon bei Zürich wurde die Tochter Helm-
trud geboren.

China blieb fortan versperrt, denn nun brach
bald der erste Weltkrieg aus. Dr. Hermann Vortisch
kam als ärztlicher Leiter an die Anstalt für
Epileptische in Kork bei Kehl, wo er von 1914
bis 1928 unter schwierigsten Verhältnissen
wirkte. Aus den Landgemeinden der gesamten
Umgegend wurden Rat und Hilfe von ihm verlangt
. 1916 wurde ihm die Tochter Sieghild
geboren, aber im nächsten Jahre hatte er den
Tod seiner Gattin zu beklagen. In einem Nachruf
auf die Heimgegangene schrieb er damals:
„Näher bracht' des Leidens Kraft mich zu des
Thrones Stufen". Mit der Zeit gewann er sein
fröhliches Herz wieder, und die ihm anvertrauten
Kranken hatten sich dessen wie vorher zu
erfreuen.

Er vermählte sich mit Marie Grether aus
Lörrach und nannte mit der zweiten Gattin ein
verstehendes Herz und eine liebevolle und treusorgende
Mutter der verwaisten Kinder sein
eigen. Sie selbst schenkte ihm 1920 eine Tochter
Dora Maria. Hermann Vortischs literarische Neigungen
erwachten aufs neue und schlugen sich in
Büchern nieder. Einmal gestand er, er wäre auch
gern Professor der Germanistik geworden.

Früh schon, in seinen zwanziger Jahren, gab
er zwei Bändchen „Alemannische Gedichte" heraus
, wie bereits beiläufig erwähnt, das zweite
unter dem Titel „Uus Hebels Haimet". Aus ihnen
leuchtet das reiche und tiefe Gemüt des Verfassers
heraus. Nicht kann man behaupten, sie
seien lediglich Hebel nachempfunden, vielmehr
tritt in ihnen eine durchaus selbständige Schaffenskraft
zutage. Heiteres und Ernstes enthalten
sie, in Naturschilderungen, in menschlichen
Begebnissen, in Geschichten und Sagen, in Kinderliedern
, Fabeln und biblischen Geschichten,
„'s Dokterlied" hat er auf sich selber geschrieben
und darin gewünscht, er möge immer „e Dokter
recht vo Herze" sein. Wie vollkommen ist ihm
dieser Wunsch erfüllt worden.

In den Fußtapfen Hebels hatte Hermann Vortisch
angefangen. Was schien selbstverständlicher,
als daß er eines Tages, wenn auch viel später,
sich diesem seinem geistigen Ahnen selbst widmete
. Trotzdem dauerte es neunzehn Jahre, bevor
er diesen Gedanken verwirklichte und das
Buch „Vom Peterli zum Prälaten" herausgab, es
im Untertitel „Das Leben J. P. Hebels in zwölf
Geschichten und Gedichten" benennend. Es entstand
ein Lebensbild in Stufen, wobei sich Traum,
Phantasie und Wirklichkeit vermischen sollten.
Dahinter aber stand die Wahrheit aus einem
geistigen Erbe heraus, stand das Verwachsensein
mit Hebels Lebenskreis und Umwelt, der
menschlichen und der der Natur, des Schwarz-

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