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am 1. Hornung übergab der Divisionsgeneral
Dufour Erzherzog Karl den Brückenkopf. Einige
Monate später wurde der Friede von Campo-
Formio unterzeichnet.
Die zweite Belagerung Hüningens war jene
durch die Verbündeten 1813—1814. Bei Basel
hatten diese kurz vor Weihnachten 1813 den
Rhein überschritten. Hüningen, das durch
Chanut verteidigt wurde, war bereits den
21. Dezember durch österreichische und bayerische
Truppen eingeschlossen, die Belagerung
dauerte bis zum 16. April 1814. Chanut hatte
tüchtige Offiziere unter seinem Befehl, aber den
Truppen der Garnison, 3500 Mann, die Artilleristen
nicht einbegriffen, fehlte es an Erfahrung
und Energie. Zudem war die Festung
jahrelang vernachlässigt worden, herrschte die
größte Unordnung, mußte alles organisiert werden
. Auf österreichischer Seite befehligte General
Beckers. Nach kleinen Gefechten setzte in
der Nacht vom 28. zum 29. Dezember das Artilleriefeuer
auf die Festung ein, das in den folgenden
Tagen wiederholt wurde. Chanut wies
alle Aufforderungen zur Übergabe zurück. Als
Beckers anderweitig verpflichtet wurde, übernahm
der bayerische Generalleutnant Zoller dessen
Posten. In der Stadt herrschte eine furchtbare
Not: die Lebensmittel waren rationiert, die
Soldaten litten unter der Kälte, waren schlecht
gekleidet, Wassermangel und Ansteckung riefen
eine Epidemie hervor, die zahlreiche Opfer forderte
. Das erklärt die Unzufriedenheit unter den
meist jungen Soldaten der Garnison. Chanut
erfand Siegesnachrichten Napoleons, aber die
Lage Hüningens wurde unhaltbar. Schweres
Artilleriefeuer lebte immer wieder auf, der
Typhus wütete unter den Zivilisten und Soldaten
, die Abnahme der Lebensmittel steigerte die
Preise, Geld war keines mehr vorhanden, um
den Sold zu bezahlen oder die Schäden auszubessern
. Mehr als 1600 Bomben und Kugeln fielen
Anfang März auf die Stadt, dafür bombardierten
die Hüninger Kanoniere Klein-Hüningen
und Basel, wo die Österreicher ihre Depots hatten
. Eine neue Beschießung und die steigende
Unzufriedenheit der Garnison nötigten Chanut
zu Verhandlungen; die Garnison erkannte Ludwig
XVIII. an und verließ die Stadt am 16. April
mit allen militärischen Ehren. Die Stadt hatte
furchtbar gelitten. Chanut, der eine Sundgauerin
heiratete, starb 1834 in Blotzheim und Karl Freiherr
von Zoller, ein gebürtiger Lothringer und
Emigrant, als bayerischer Feldzeugmeister in
München 1849.
Trotz der Hoffnungen Basels blieb Hüningen
nach dem 1. Pariser Frieden (1814) Festung.
Einige Monate später kehrte Napoleon I. von
Elba nach Paris zurück, und es begann ein neuer
Krieg. Ende Juni 1815 überschritten die Verbündeten
bei Basel den Rhein, und noch am selben
Tag schloß Erzherzog Johann die Festung Hüningen
ein. Die Belagerung sollte bis zum 28. August
dauern und war die bekannteste der drei Hüninger
Belagerungen. Dazu hat viel das Gemälde
des Malers Detaille, den Auszug der Garnison
zeigend, beigetragen. Die eigentliche Beschießung
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Wie ist die Welt bescheiden
Da drüben hinterm Bach:
Da lugen aus den Weiden
Dir Kätzchen grau und seiden
Von jedem Ästchen nach.
Mit hellen Augen sehen
Dich gelbe Blumen an.
Du magst nicht weitergehen
Und bleibst wie träumend stehen
In ihrem milden Bann.
Kein Hauch spielt in den Zweigen.
Der Bach nur murmelt sacht.
Dir ist so süß und eigen
Als sei in diesem Schweigen
Die Kindheit still erwacht.
Karl-L. Heyligenstädt
begann erst den 21. August, sie dauerte zwei
Tage und richtete schwere Schäden an. Den
28. August zogen die Verbündeten, an ihrer
Spitze Erzherzog Johann, in die schwer beschädigte
, teilweise zerstörte Stadt ein. General
Barbaneger durfte mit allen Ehren mit den
wenigen noch kampffähigen Soldaten die Stadt
verlassen; Erzherzog Johann versagte ihnen seine
Bewunderung nicht. General Baron Josef Barbaneger
stammte aus Pontac am Fuß der Pyrenäen
(1772) und war ein kluger, tüchtiger Soldat,
der 1830 in stiller Zurückgezogenheit fast vergessen
starb. Erzherzog Johann bekennt in seinem
Tagebuch über die Belagerung von Hüningen
, er habe beim Anblick der sich ergebenden
Besatzung geweint: „Man höre doch auf, sich ewig
zu bekriegen; wie wäre die Welt wunderbar,
wenn die Menschen sich befleißigten, Gutes zu
tun!" Er war 1849 zum Reichsverweser während
des Frankfurter Parlaments ernannt worden,
hatte ein einfaches Mädchen, die Tochter eines
Postmeisters geheiratet und in Steiermark vorbildlich
auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet
gearbeitet. Oberhalb Meran liegt er in einer
neugotischen Kapelle begraben.
Von der Festung zur offenen Stadt
Auf Drängen der Basler wurde die Festung
auf Grund des 2. Pariser Friedens (1815) geschleift
. Diese Arbeiten dauerten ein volles Jahr;
das Aufräumen, wozu man Bauern des Sundgaues
aufbot, war erst 1817 vollendet. Hüningen
war fortan eine offene Stadt, Hauptort eines
Kantons. Bis 1870 lag hier das durch den Todesritt
von Morsbronn bekannt gewordene Kürassierregiment
9.
Hüningen hatte durch die Schleifung der
Festungswerke materiell schwer gelitten, denn
von der Garnison lebten die Geschäftsleute und
die Bürigersfamilien, bei denen die meisten Offiziere
ihre Zimmer gehabt hatten. Der Hüninger
Kanal und die Anlage eines Rheinhafens sollten
die Stadt in etwas entschädigen, aber der 1832
eröffnete Kanal hielt nicht, was man erwartet
hatte, und der Hafen konnte sich neben jenem
von Basel nicht entwickeln.
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