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eingangs selbstverständlich wieder auf die
Adolfinischen Privilegien und deren Bestätigung
durch sämtliche Kaiser einschließlich Kaiser
Josephs IL Er legt außerdem von deutscher und
französischer Seite unterschriebene Karten vor
aus den Jahren 1760, 1772, 1773, 1802 und 1803,
in denen „der Neuenburger Bann jenseits des
Thalwegs von Böllinger Gemarkung an mit der
Grundherrschaft von Andlau, den Gemeinden
Homburg, Othmarsheim, Banzenheim, Rumars-
heim, Hammerstatt, Blodelsheim und Grisheim
genau, unwidersprochen und unwidersprechlich
bemerkt und bezeichnet ist". Er beruft sich auf
die Lage der Steine, und bittet die Kommission,
sie selbst in Augenschein zu nehmen. „ . . . die
erbettene Kommission (wird) sodann finden, daß
alle Grenznachbarn die betreffenden Steine in
ihrer vollen Gültigkeit anerkennen, wie sie selbe
seit Jahrhunderten anerkannt haben, und daß
hierüber mit obgedachten Grenznachbarn nicht
der allergeringste Streit über diese Gemarkung
obwaltet, wie deren eigene Unterschriften bezeugen
". Auch das alte Steinbuch der Stadt liefere
in dieser Hinsicht Beweis genug. Die städtischen
Rechnungen belegten mit ihren Einträgen über
Lehens- und Bodenzinsen diese Angaben.
Man darf bei der Festlegung des Talwegs als
Grenze nicht außer Acht lassen, daß der Rhein
eben diesen Talweg öfters ändert. Es kam also
darauf an, welchen Weg der Rhein zur Zeit des
Luneviller Friedens genommen hatte. Seitdem
hatte sich der Strom mit seinem Talweg weiter
westlich gezogen, dabei Inseln beinahe ganz
weggerissen und nun „seinen Lauf ganz dem
jenseitigen festen Lande nach bis auf das Dorf
Chalampe genommen .. ., wodurch eine Menge
alter holzbesetzter Inseln auf der rechten Seite
des Thalwegs vergrößert" und eine strittige Insel
nunmehr ganz auf die Neuenburger Seite gekommen
sei. Noch mehr Veränderungen wies
der Stromlauf unterhalb der Stadt auf.
Diesem Bericht war kurz zuvor ein anderer
vorausgegangen 7, in welchem die Stadt ihren
„wirklichen ökonomischen Zustand" darlegte. Er
sollte mit seinem intimen Reiz den Boden für die
folgenden Forderungen vorbereiten. Wir sehen,
mit welcher Energie und Gründlichkeit die Stadt
ihr Ziel verfolgte.
Es wird der Nachweis geführt, daß gegenüber
den Jahren vor der französischen Revolution
die Stadt im Jahre 1812 ein Defizit von
648 fl aufzuweisen habe. Die Stadt hatte unterhalb
des Hochgestades 360 Jaucherten Marschländer
besessen. Davon hatte der Rhein seit 1789
198 Jauchert entführt. Der Rest hatte unter den
heftigen Rheinüberschwemmungen, besonders
aber jener von 1800, so sehr gelitten, daß sein
Wert und Ertrag sich auf 2/s verringerte.
„Beinebens verlohr die Stadt durch die im
Jahr 1795 in der städtischen Markung gelagerte
Condeische Armee den 6. Theil ihrer diesseitigen
Eichen und im Lauffe des ganzen Krieges durch
Piqueter, Wachfeuer, Einquartierung und Requi-
sizion den Drittheil der übriggebliebenen. Der
Rest mußte die vermehrte städtischen Ausgaben
bei durch 22 jährige Rheinsperre stockenden
Quellen bestreiten helfen, so daß jetzt der geringe
Eichwald beinahe gar keine Hilfsleistung
mehr reichen kann".
Der Verlust der Stadt am Kapitalfond wird
auf 22 660 fl errechnet, an reinen jährlichen Einkünften
auf 829 fl. Dazu kommen Verluste bei
Holzgenuß, Weidgang und Fischerei in Höhe von
1371 fl. Die Bürgerschaft muß auf ihrer Verdienstseite
allein an Holzmacherlöhnen 995 fl
und an Schiff uhrlöhnen für dieses Holz (1 fl für
das Hundert Wellen) 663 fl streichen. Mit dem
Holzverlust beträgt die Einbuße für die Bürgerschaft
in 22 Jahren 84 998 fl. Diese Zahlen sind
wohl ziemlich hoch gegriffen, doch das kann dem
Magistrat niemand verdenken. Der Ertrag der
Rheinüberfahrt hatte sich bemerkbar gesenkt,
seit in Rheinweiler eine Kriegsbrücke geschlagen
worden war, gegen welche Neuenburg erfolgreich
protestierte. Aus all diesen Zahlen und
Tatsachen zieht Bürgermeister Weiß den Schluß,
daß die Stadt „ferners nicht mehr bestehen könne
und unaufhaltbar ihrem völligen Verderben entgegen
gehe, wenn sich nicht bei der bevorstehenden
Rheingrenzberichtigung, was wir vor allem
vorzüglichst und unterthänigst vertrauen und
hoffen, in ihr uraltes, noch mit allen ihren Bannsteinen
bewaffnetes Eigenthum jenseits des Thalweges
hergestellt oder so dieses friedensschlußwidrig
wäre, wenigstens diesseits hinlänglich
entschädiget würde. Dieses könnte leicht, wenigstens
zum Theil durch angebaute Lehensgüter,
Rheininseln und Äcker auf dem festen Lande,
die dem allerhöchsten Landesfürsten durch den
Luneviller und Preßburger Frieden heimgefallen
sind und die inner unserer städtischen, bestrittenen
und unbestrittenen, Gemarkung liegen,
geschehen".
Es ist genußreich zu beobachten, wie klug und
behutsam, mit psychologischer Raffinesse der
Magistrat vorgeht. Ein drittes Schriftstück8 folgt
in wohlberechnetem Abstand, in welchem die
Stadt darauf hinweist, daß die vorgeschlagene
Entschädigung beileibe „kein hinlänglicher, sondern
nur ein theilweiser Stoff der Entschädigung
" sei.
Vor allen Dingen hat es der Magistrat auf
das Jesuitengrün abgesehen. „Auf das Obereigenthum
dieses Lehensgutes machte Neuenburg
seit undenklichen Zeiten gerechte Ansprüche
, verwendete darauf schon mehr als
20 000 Franken Prozeßkosten gegen die Jesuitten,
bis endlich der Herzog von Modena in Folge des
Luneviller Friedens dasselbe als Entschädigung
(sich) zusprechen ließ, weil die Gemeinden in
diesem Frieden nicht bedacht, sondern der Billigkeit
und Gnade der Landesfürsten überlassen
wurden".
Außerdem waren da noch einige beholzte und
unbeholzte Köpfe, welche der Rhein seit 1772
gebildet hatte, ungefähr 50 Jaucherten groß.
Besonders war noch das sogenannte Mathisgut
auf den Hochgestaden zu erwähnen, „welches
ehemals ein Kapellengut war, welches dem fürstlichen
Haus Heitersheim und im Preßburger
Frieden dem allerhöchsten Landesfürsten Königl.
Hoheit zugefallen ist. Dieses liegt allergrößten
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