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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-06/0015
ängstigten Neffen nun die Hölle noch heißer zu
machen.

Da riß Joseph Albert unmittelbar nach dem
Abitur aus. Schon über dem Rhein, in Wiesbaden,
fiel er einem preußischen Werbeoffizier in die
Hände, der ihn dazu überredete, unter dem großen
König Friedrich II. Kriegsdienst zu tun. In
einem Magdeburger Infanterie - Regiment wurde
er gedrillt. Er scheint aber sehr bald gemerkt zu
haben, daß er vom Regen der aufsässigen Tante
in die Traufe grober Korporale geraten war. Er
konnte sich mit Verwandten, die ihm wohl wollten
, in Verbindung setzen. Sie scheuten keine
Mühen und Aufwendungen, den Angeworbenen
loszueisen. Nach Mainz zurückgekehrt, begann
der junge Ittner an der Kurfürstlichen Universität
Rechtswissenschaften zu studieren, die er
dann in Göttingen fortsetzte. Besonders stark
zogen ihn die Werke der Griechen und Römer
an, eine hochgemute Liebhaberei, die er über
sein ganzes Leben hin pflegte.

Die erste berufliche Tätigkeit übte der junge
Jurist am Reichskammergericht in Wetzlar aus.
Dann wurde er in die Kanzlei des Reichstages
nach Regensburg berufen und. wenig später in
den Reichshofrat nach Wien. Ittner war eben
24 Jahre alt geworden, als er 1718 Archivar und
Hofrat bei der Hohenzollerschen Regierung in
Hechingen wurde, wo er acht Jahre wirkte. Dann
öffnete das Schicksal ihm die Türe zu einem
Amt, das ihm gewissermaßen auf den Leib
geschrieben war: Der Großprior der deutschen
Malteser und Regent des Fürstentums Heiters-
heim im südlichen Breisgau berief Joseph Albert
von Ittner zum Capitels-Kanzler.

Kaufherren aus Amalfi im ehemaligen Königreich
Neapel war 1048 von Kalifen in Kairo
gestattet worden, in Jerusalem in Verbindung
mit einem Benediktinerkloster unweit des Heiligen
Grabes ein Hospital zu erbauen, das vor
allem krank gewordene Wallfahrer betreute.
Während des ersten Kreuzzuges unter Gottfried
von Bouillon erlangte die zum Johanniter-Orden
gewordene Gründungs-Gemeinschaft von 1048 als
Dank für die aufopfernde Pflege von Verwundeten
hohes Lob. Später übernahmen Ordensbrüder
neben der Kranken- und Armenpflege die Verpflichtung
des Kampfes gegen die Türken und
der Verteidigung des Heiligen Landes. Als 1291
Palästina der Christenheit wieder verloren ging,
siedelten sich die zum Ritterorden gewordenen
Johanniter für kurze Zeit auf Cypern an, um
dann 1309 die Insel Rhodos zu erobern. Hier saß
der Orden bis die Türken 1522 Rhodos eroberten.
Im Jahre 1530 schenkte ihnen Karl V. die Insel
Malta — seit dem heißen sie Malteser-Ritter.

An der Spitze des Malteser-Ordens steht der
Großmeister. Unter ihn gliedern sich die Ordensgebiete
in sogenannte Zungen, drei französische,
zwei spanische und je eine italienische^ englische
und deutsche. Ohne auf die weiteren geschichtlichen
Schicksale und organisatorischen Eigentümlichkeiten
des Malteserordens näher einzugehen
, sei erwähnt — der Chronist folgt hier
einer im Manuskript vorliegenden Dissertation
von Dr. Walter Schneider über „Das Fürstentum

und Johannitergroßpriorat Heitersheim und sein
Anfall an Baden" — daß der Orden Mitte des
13. Jahrhunderts auch im Breisgau festen Fuß
faßte und nachmalig zu einem mächtigen Grundherrn
geworden ist. Der ausgedehnte Bereich
seiner Schloßbauten in Heitersheim, denen man
freilich eine pflegliche Erneuerung gönnen
möchte, lassen fühlbar inne werden, welches
Ausmaß Verwaltung und Hofhaltung des Fürsten
und Großpriors hatte. Zum Herrschaftsbezirk
des Fürstentums und Großprioyats Heitersheim
gehörten Gündlingen, Bremgarten, Griß-
heim, Schlatt u. a. Durch Kauf wurde der Güterbesitz
ständig vermehrt, nachdem auch Eschbach
noch erworben worden war.

Mit der Berufung Ittners zum obersten Verwaltungsmann
zeigte Heitersheim eine überaus
glückliche Hand. Ittner selbst hatte freilich keineswegs
immer nur angenehme Geschäfte zu
erledigen — in dem unvorstellbar zerstückelten
deutschen Reich mit seiner Fülle an geistlichen
und weltlichen Herrschaften kam es im Kleinen
zu all den Spannungen und Händelsüchteleien,
die wir heute im Großen erleben, wennschon
jene begreiflicherweise weit weniger Sprengstoff
in sich bargen, als sie es heute tun. Doch blieb
dem Kanzler, einem erlauchten Freund der
Musen, neben seinen Amtsdiensten Zeit genug,
sich seinen Liebhabereien zu überlassen. Er
gärtnerte gerne und war ein gründlicher Botaniker
'— davon wird noch zu sprechen sein. Nach
wie vor las er die Klassiker des Altertums. Mit
Vorliebe empfing er in seinem gastlichen Hause
in Heitersheim Freunde aus Freiburg. Vor allem
die Professoren der Universität flogen gern zu
ihm aus, die seinen Witz schätzten, aber auch
seinen Charme. Ittner war ein Gesellschafter von
seltenen Graden. Was wunders, daß er später die
Jahre in Heitersheim als die glücklichste Zeit
seines Lebens nannte.

Joseph Albert von Ittner — der sich selbst
übrigens Albrecht nannte — hat der Malteser-
Ordens-Republik mehrere Schriften gewidmet. Er
rühmte dem „merkwürdigen kleinen Freistaat"
nach, daß er „seine Gesetze, seinen Zweck, nach
dem Fortschritt der Zeitalter geläutert" habe.
„Das System von Freiheit und Gleichheit" —
diese Ausführungen wurden 1797 gedruckt —
„das System von Freiheit und Gleichheit, dieses
Lieblingsthema unserer heutigen Politiker, wird
als die höchst verfeinerte Erfindung der neuen
Staatskunst ausgerufen, gleichsam als wenn bei
keiner politischen Verfassung in der Welt je ein
Versuch damit gemacht worden wäre. Ich überlasse
es Kennern, zu untersuchen, ob nicht schon
seit langem diese Ideen in der Regierungsform
der Malteser-Republik zugrunde gelegen haben.
Mir ist es genug, einzusehen, daß ich in keiner
der mir bekannten Staatsformen eine gleiche
Repräsentation der Staatsglieder, in keiner eine
bestimmtere Absonderung der gesetzgebenden
von der vollziehenden Gewalt, eine strenger gezogene
Grenzlinie zwischen dem Vermögen des
Staats und des Souveräns, einen festeren Damm
gegen Willkür und Despotismus, kräftigere Gesetze
zur Erhaltung und Verbesserung der Staats-

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