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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-07/0004
Konstantin Schäfer:

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„Am 12. März dieses Jahres sind sieben Jahrhunderte
verstrichen, seit Gräfin Elisabeth von
Kyburg der Thuner Bürgerschaft in schriftlicher
Form Rechte verlieh und Pflichten auferlegte".
Mit diesen Worten leitet der Stadtpräsident Emil
Baumgartner seine Betrachtungen zum Jubiläum
seiner Stadt ein, denen er die treffende Überschrift
gibt: Besinnlicher Rückblick — mutiger
Ausblick. Was diesem Fest über die Grenzen der
Stadt, des Kantons und der Eidgenossenschaft
hinaus seine Bedeutung gab, ist es, daß Thun
nach Freiburg im Uechtland die zweite Zähringerstadt
ist, die ihre Schwesterstädte zu einem
Tag der Zähringerstädte, zu einer Feier im europäischen
Geiste lud. Man liebt es, auf seine
Embleme und Geldstücke großartige Worte zu
prägen, oft nur, damit sie wenigstens irgendwo
eingeprägt sind. Hier sprach man nicht von Europa
, aber man lebte es. So bot dieser Tag für
alle Teilnehmer einen wahrhaft mutigen Ausblick
.

Von den deutschen Zähringerstädten waren
Breisach, Freiburg i. Br., Kenzingen, Kirchheim
unter Teck, Neuenburg a. Rh., Rottweil und
Villingen vertreten. Zu ihnen gesellten sich die
Schweizer Schwesterstädte Bern, Burgdorf, Freiburg
i./Ue., Murten und Zürich. Keine der Städte
versäumte es, der Jubilarin ein sinniges kostbares
Gastgeschenk zu überbringen.

Mit sicher gesetzten Worten hebt Stadtpräsident
Baumgartner das Wesen dieses Tages heraus
. Sie sind nicht nur für
Thun gesagt, sie haben für uns
alle Bedeutung und Gewicht.
Es lohnt sich, sie wenigstens
auszugsweise hier zu berichten
. Nach dem obigen einleitenden
Satz fährt Stadtpräsident
Baumgartner fort: „Diese
Rechtsordnung, die älteste erhaltene
Urkunde der Stadt
Thun, darf als ein Beweisstück
für die beginnende Mitverantwortung
der Bürgerschaft im
öffentlichen Leben angesprochen
werden. Es war dies ein
Schritt vom Geführt - sein zur
späteren Gemeinde-Autonomie,
zur Selbstverwaltung und zur
Selbstverantwortung.

Ich gehe von der wohl unbestrittenen
Erkenntnis aus, daß
es geschichtsbildende Kräfte
gibt; Kräfte, die sich aus der
Tradition, aus dem Herkömmlichen
erhalten. Die Geschichte
lehrt uns, daß, allem Wandel
zum Trotz, ein Jahrhundert
nicht auszulöschen vermag, was
Jahrhunderte gestaltet haben.
Was an Volkstum entstanden
ist, wirkt über Generationen
hinweg, und mögen wir einzelne
Rechts - Sätze aus der Handveste heute
leise belächeln, so sind doch einige Grundzüge
auch bis in unsere Zeit erhalten geblieben. Ob
wir es wollen oder nicht, der Wert der Tradition
ist offensichtlich. Der Strom der Zeit — im
Großen betrachtet — fließt wohl einmal etwas
nach rechts oder links, doch wie der natürliche
Strom gelegentlich sein Bett verläßt, kommen
beide ins naturgegebene Bett zurück. Wie sich
kein Volk von der Vergangenheit losreißen kann
— auch der explosionsartige Wandel in den Entwicklungsländern
bleibt mit deren Vergangenheit
verhaftet — so wenig vermag sich auch eine
Stadt von ihrer Vergangenheit, von ihrer Tradition
loszusagen. Das heißt nicht in alten, überlebten
Gewohnheiten stecken bleiben. Nein, es
heißt dies, Bewährtes zu bewahren und sinnvoll
dazu Passendes zu gestalten. Die Handveste von
1264 brachte den Thunern eine Rechtsordnung,
für deren Einhaltung der Bürger die Verantwortung
zu tragen hatte. Diese Mitverantwortung ist
im Wandel der 700 Jahre weiter entwickelt worden
bis zur heutigen Regelung der Gemeinde-
Autonomie. Ich darf annehmen, daß die Generation
, die 1264 zu neuen Rechten und Pflichten
kam, diese sehr ernst genommen hat. — Die
Damaligen mußten sich ihre Rechte und ihre
Geltung erwerben, den Heutigen fällt das Recht
der Mitbestimmung sozusagen in die Wiege.

Mir scheint, der Blick zurück wird von uns
geschuldet, und zwar im Sinn eines verpflichten-

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