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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-07/0008
nahe, daß die Habsburger, welche dieses Gotteshaus
und das dazugehörende Benediktinerkloster
in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts gründeten
, der Kirche eine ähnliche Bedeutung für
ihre Familie zugedacht hatten, wie Karl der
Große mit seinem Bau. Gleich einer Burg erhebt
sich das Oktogon des eindrucksvollen, von dem
elsässischen Grafensohn Papst Leo IX. im Jahre
1049 geweihten Gotteshauses über die niederen
Häuser des oberelsässischen Dorfes. Überzeugend
wie das Äußere ist die Harmonie des achteckigen,
mit einer Kuppel überwölbten zweigeschossigen
Mittelraumes mitsamt seinen zum unteren und
oberen Geschoß sich öffnenden Arkaden.

Wie Ottmarsheim ist auch die Wallfahrtskirche
zu Ronchamp eine „Burg Gottes". Schräg und
abweisend ragen die Mauern der anstelle einer
im letzten Kriege zerstörten Wallfahrtskapelle
errichteten Kirche aus dem Grün der abgeflachten
Bergkuppe, einem Vogesenausläufer, empor.
Unwillkürlich wird man an einen Bunker erinnert
, wie er zu der nahen, die Burgundische
Pforte bewachenden Festungsstadt Beifort gehören
könnte. Das tief heruntergezogene Betondach,
die unregelmäßig über die Vorderfront zerstreuten
, schießschartenkleinen Fenster und die aus
dem Dach wie Kanonenrohre drohenden Wasserspeier
verstärken den Eindruck des Wehrhaften.
Im Innern umfängt die Wallfahrer ein katakombenartiger
Raum, in dem der Beton unkaschiert
die ihm eigene Sprache spricht. Über dem schlichten
Altar grüßt aus dem großen, von den Lichtpunkten
eines symbolischen Sternbildes umschlossenen
Fenster das alte hochverehrte Gnadenbild
der Mutter Gottes, das je nach Bedarf
den Betern im Kircheninnern wie auch den
draußen versammelten Wallfahrern zugekehrt
werden kann. Le Corbusier hat mit diesem viel
diskutierten Bauwerk, dem ersten dieser Art,
einen Gedanken aufgegriffen, wie er in den
Wehrkirchen des Mittelalters verwirklicht ist, so
in dem spätgotischen, in den Weinbergen bei
Hunaweier gelegenen Gotteshaus, dem besterhaltenen
Beispiel einer Kirchenfestung in den
Rheinlanden. Die Kirche, in der heute Katholiken
und Protestanten abwechselnd ihren
Gottesdienst abhalten, wird umschlossen von
einer sechseckigen Befestigungsanlage, aus deren
Mauerring sechs halbrunde Bastionen herausgestülpt
sind. Hinter diesem Wall, der den Bewohnern
des nahen Dorfes in gefahrvollen Zeiten
Schutz bot, sind heute die Toten zur letzten
Ruhe gebettet.

Besonders reich beschenkten die Stauferkaiser
das Herzstück ihrer Lande, das Elsaß, mit imponierenden
Gotteshäusern. In vielen der malerischen
, oft noch mit Zinnen und Toren bewehrten
Städten und Weindörfern, wächst eine der
Achtung gebietenden Kirchen aus jener Zeit
empor. So gilt die 1142 begonnene St. Leodegar-
Kirche zu Gebweiler als hervorragendes Beispiel
des Übergangsstiles. Ihre beiden romanischen
Fassadentürme, die den mit einem eigentümlichen
Gittermuster geschmückten Dreiecksgiebel
in ihre Mitte genommen haben, blicken zusammen
mit dem wuchtigen Vierungsturm auf einen

stimmungsvollen Platz. Die reich skulptierte Vorhalle
gibt eine reizvolle Einstimmung für das
Innere der kreuzförmigen fünfschiffigen Kirchenanlage
. Diese wirkt in der Gedrungenheit noch
rein romanisch, während der lichte Chor bereits
der strebenden Gotik angehört. Die an der Decke
eines Seitenschiffes hängenden Strickleitern wurden
zum Dank für die Hilfe der Mutter Gottes
aus Kriegsnot im Jahre 1445 hier aufgehängt.

Mit Gebweiler aufs engste verbunden ist das
ehemalige Ritterstift von Murbach. Es geht zurück
auf eine vom heiligen Pirmin nach seiner
Vertreibung von der Insel Reichenau 727 gegründete
und von Graf Eberhard von Egisheim
gestiftete Benediktinerabtei. Im 8. und 9. Jahrhundert
war diese der kulturelle Mittelpunkt im
Oherelsaß. Der im Laufe der Jahre dem Kloster
zugewachsene große Besitz erklärt sich aus der
Tatsache, daß nur Adlige zu Chorherren ernannt
wurden, die eine Reihe von mindestens sechzehn
Ahnen vorweisen konnten. Das heute noch vorhandene
Ostwerk der einstigen Abteikirche, ein
Riesenmonument, das mit seinen zwei wuchtigen
Türmen zeitlos, dem Irdischen entrückt, auf
einem Anger in der Abgeschiedenheit des Waldtales
emporwächst, ist leider nur noch ein Überrest
des einstigen Gotteshauses. Das sich anschließende
Langhaus wurde bereits im 18. Jahrhundert
abgetragen. Aus dem Material baute
man in klassizistischem Stil die Notre-Dame-
Kirche in Gebweiler, deren gewaltige, in rotem
Sandstein errichtete Prunkfiassade an jene von
St. Blasien im Schwarzwald anklingt. Das unversehrt
erhaltene Ostwerk von Murbach ist immerhin
noch so groß, daß es heute die Gläubigen des
Dorfes und seiner Umgebung beim Gottesdienst
bequem zu fassen vermag.

Das im Tal der Lauch gelegene Lautenbach
besitzt in seiner ehemals zu einem Kollegiatstift
gehörenden Kirche St. Michael und Gangolf eines
der schönsten Zeugnisse romanischer Baukunst
im Elsaß. Obwohl nur einer der Türme ausgebaut
wurde, ist das Äußere der im 12. Jahrhundert als
kreuzförmige Basilika erbauten Kirche eindrucksvoll
, vor allem die dreischiffige Vorhalle mit den
teilweise spiralisch kannelierten Säulen und den
reich gezierten Kapitälen.

Ungefähr in dieselbe Zeit reichen die Anfänge
des künstlerisch und kunstgeschichtlich für das
gesamte Elsaß wichtigen Baues der Liebfrauenkirche
zu Rufach zurück. Die architektonische
Aufteilung des im 14. Jahrhundert begonnenen
Westwerkes, das dem um 1230 begonnenen Langhaus
vorgeblendet wurde, lehnt sich stark an den
ersten Fassadenriß des Straßburger Münsters an.
Im Jahre 1866 ging man daran, die beiden Turmstümpfe
auszubauen. Was aber dem himmel-
stürmienden Geist der Gotik nicht gelang, blieb
auch dem Bemühen unserer Zeit versagt. Das
ganz im Geiste der Gotik gestaltete Kircheninnere
überrascht durch Höhe und Harmonie, sowie
durch die Leuchtkraft der schlanken Chorfenster.
Wähnend des Gottesdienstes dürfen die Frauen
von Rufach, die ehemals bei der Vertreibung
eines Zwingvogtes die Männer an Tapferkeit
übertrafen, heute noch die rechte Kirchenseite

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