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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-07/0011
Nun hat Dr. Erhard Richter in seiner ausgezeichneten
Dissertation über die „Flurnamen von
Wyhlen und Grenzach" (E. Albert Verlag, Freiburg
, 1962) nachgewiesen, daß das Kreuz schon
1313 genannt wird, demnach, entgegen der Überlieferung
, nicht mit der erwähnten Mordtat in
Verbindung gebracht werden kann. Dr. Richter
hält es dagegen für wahrscheinlich, daß es zur
Erinnerung an die hl. Christiana (Chrischona)
errichtet wurde, wofür ein Beleg von 1538 „zu
sant Christiana chrütz" spricht.

Wie man weiß, soll die hl. Christiana, die im
Volksmund Chrischona genannt wurde, zusammen
mit den drei hl. Jungfrauen. Kunigundis,
Mechtundis und Wibrandis auf einer Wallfahrt
von Rom an den Rhein gekommen sein. Von
einer Krankheit befallen, verließen sie zwischen
Wyhlen und Grenzach das Schiff — andere sagen
bei Beuggen, wieder andere bei Äugst. Noch in
der Nähe des Ufers wurde Christiana so schwer
krank, daß sie starb. Der quadratische, leicht
erhöhte Sterbeplatz wird heute noch „Chrischona-
bettli" genannt. Er befindet sich, wie Pfarrer H.
Lang schreibt, „in der Nähe des sogenannten
Donnerloches (heute geht die Eisenbahn darüber
)", was auch durch Dr. Richters Flurnamenarbeit
bestätigt wurde. Wie die Legende weiter
berichtet, konnten sich die Bewohner von Grenzach
und Wyhlen nicht über den Verbleib des
Leichnams der hl. Jungfrau einigen. Deshalb
legte man ihn auf einen Wagen, den man von
zwei Rindern ziehen ließ, die noch nie ein Joch
getragen hatten. Auf wundersame Weise erreichte

das Gefährt die zunächst gelegene Anhöhe des
Dinkelberges. Hier wurde Christiana begraben.
Später errichtete man zu ihrer Verehrung über
ihrem Grabe eine Kirche.

Wenn die Legende, die noch in anderen Versionen
lebendig ist, auch nicht mehr mit Bestimmtheit
mit dem zwischen Wyhlen und
Grenzach liegenden „Chrischonabettli" in Zusammenhang
gebracht werden kann, so machen doch,
wie Dr. Richter feststellt, „die Nähe ihres Grabes
(etwa 2 km vom Flurnamen „Chrischonabettli"
entfernt) und das in der Nähe stehende Kreuz"
es sehr wahrscheinlich, daß es sich hier um die
Todesstätte der hl. Christiana handelt und das
Steinkreuz an der B 34 zu ihrem Andenken errichtet
wurde.

Doch nicht genug damit. Neben der Legende
bemächtigte sich auch die Sage dieses denkwürdigen
Platzes. Alte Leute berichteten vom Hörensagen
, daß sich an dieser Stelle um Mitternacht
manchmal ein weißes Pferd gezeigt habe, nach
anderen war es ein schwarzer Hund. Pfarrer Lang
sieht darin einen Anklang an die Sage vom wilden
Jäger und dem wilden Heer, die auch in
unserer Gegend, namentlich auf dem Rührberg,
ihr Unwesen getrieben haben sollen.

Durch die Flurnamenforschung wurde das
Steinkreuz zwischen Wyhlen und Grenzach um
eine alte Legende ärmer. Ihren Untersuchungsergebnissen
verdanken wir aber gleichzeitig genauere
Kenntnis über seinen Ursprung und seine
•wahre Bedeutung. Dennoch wird es auch in Zukunft
manches Geheimnis für sich bewahren.

Otto Ernst Sutter:

£>ec leiste Ran^kt bzv Waltefec in Lfyitecötyeim

Joseph Albert von Ittner

(Schluß.)

Köstlich sind auch die Vorschläge, die Joseph
Albert von Ittner verliebten jungen Leuten
machte, die sich über die angekündigte Erhöhung
der Postgebühren beschwerten. Er rät ihnen, im
Namen aller Liebenden, von den Postgewaltigen
zu verlangen, für sie das unerschwingliche Postgeld
herabzusetzen. Und meint dann: „1.) Die
Post würde dabei doch nichts verlieren, weil man
desto öfter schreiben würde; also käme doch bei
einer mäßigen Taxe die nämliche Summe in vermehrter
Quantität wieder heraus. 2.) Seien die
Liebenden gar harmlose Geschöpfe, die gewiß
nicht über Staatsgeheimnisse, sondern nur Geheimnisse
des Herzens schreiben würden, und
weit entfernt wären, politische Unruhen zu stiften
. Im Gegenteil, sie beförderten die Harmonie
in den Familien, und erzeugten allerlei angenehme
Verhältnisse, durch welche die innigsten
und unsträflichsten Seelenbande geschlossen würden
. 3.) Gesetzt, man wolle auch für Geschäftsbriefe
die Taxe nicht herabsetzen, so wäre doch
leicht das Mittel zu finden, durch welches die
Briefe der Liebenden sogleich kenntlich gemacht
werden könnten, um das erbetene Privilegium
zu genießen. Man brauchte nur zu verordnen,

daß sie auf rosenrotes oder meergrünes, geglättetes
Papier geschrieben sein müßten, woran sie
dann auf der Post gleich kenntlich wären, und
wovon auch den landesherrlichen Papierfabriken
ein Vorteil zuflösse. Würde aber dergleichen Papier
im Lande nicht fabriziert, so sollte man auf
gewöhnliches weißes schreiben, und wenigstens
auf der Adresse mit deutlichen Buchstaben bemerkt
sein: ,Herzensangelegenheiten betreffend4;
auf diese Weise würde die Post schon von dem
Inhalt des Briefes unterrichtet. 4.) Endlich wäre
mit dieser Einrichtung der Bevölkerungspolizei
und der politischen Arithmetik gedient. Denn
aus der Menge dergleichen Briefe, die in einem
Jahr einkommen oder abgehen, könnte man auf
die beiläufige Anzahl der bald zu schließenden
Ehen und auf die Wahrscheinlichkeit der künftigen
Bevölkerung, von der doch die Stärke des
Staates abhängt, schließen".

Ein Kabinettstück Ittnerschen Schalkes ist auch
eine Bittschrift der Totengräber, die sich bei der
Regierung darüber beklagen, daß im Zuge der
Kuhpocken-Impfung immer weniger Leute stürben
, wodurch sie in ihren Bezügen sehr geschmälert
würden. In ihrer Beschwerde heißt es: „Ist
es nicht — wie die wenigen rechtgläubig geblie-

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