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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-07/0017
angetrieben, daß ich der Dienerschaft und mehreren
Bürgern zu Kandern, welche sich von 1750
bis 1776 daselbst befunden, die ununterbrochene
Gelegenheit zu dem von den gegenwärtigen
Bedienten nachgesuchten Unterricht un- und
mittelbar mit sehr geringen Kosten also verschafft
habe, daß die Söhne derselben und auch
die, welche zum Studium tauglich und gewidmet
waren, denselben bis ins 13. und 14. Jahr ihres
Alters mit Nutzen empfangen". Am 11. 12. 1777
verzeichnet der Hofrat Posselt folgende Resolution
Serenissimi: Haben zur Anstellung eines
lateinischen Lehrers in Candern, wozu der wieder
begnadigte Kandidat Mahler gebraucht werden
können, jährlich 150 fl auf unbestimmte Zeit
ex Cassa gnädigst bewilligt. Am 24. 2. 1778 berichtet
Welper, er habe Mahler in seine Funktionen
eingewiesen. Die Kanderner Dienerschaft
sei bereit, zu den 150 fl weitere 100 fl zuzuschießen
. Es sollen aber nie mehr als 10—12 Kinder
sein, die Canderner und die der benachbarten
Pfarrer eingeschlossen. Der Unterricht umfaßte
Religion, Latein, Griechisch, Geschichte, Geographie
. Die ersten Schüler waren drei Kinder
des Forstverwalters Reich, ein Kind des Faktors
Friedrich August Kümmich, ein Kind des Dr.
Hoyer, eins des Einnehmers Ludwig und William
Huntsmann, Sohn des Stahlfabrikanten zu Cheffielt
in England.

Im Oktober 1779 richtete der lateinische Praeceptor
Mahler ein Gesuch an den Markgrafen,
ihm die Hälfte seiner Besoldung in Naturalien,
in Frucht, Wein und Holz geben zu lassen. „Unter
allen Orten dero Hochfürstl. Markg. Badischen
Landen wird Candern in Ansehung des hohen
Preises der Lebensmittel sich wohl vorzüglich
auszeichnen. Erfordert schon aller Orten bei der
Last einer Haushaltung der ganze Betrag meines
Gehaltes ad 250 fl den strengsten Austeiler die
die nötigsten Bedürfnisse des Lebens zu bestreiten
, um wieviel mehr werde ich bei denen im
Preis erhöhten Lebensmitteln unter Sorgen der
Nahrung seufzen müssen". Er erhält als Antwort
den Trost, wenn er weiterhin so fleißig sei, werde
er dadurch „vergangene Zeiten ganz in Vergessenheit
bringen". 1782 wird der Kandidat
Sievert sein Nachfolger; Mahler kommt an das
Pädagogium in Lörrach. Der Unterricht wird im
Forsthaus gehalten bei Oberforstmeister von
Adelsheim. 1783 kommt Sievert als Pfarrer nach
Gondelsheim.

Die Besetzung der Stelle machte Schwierigkeiten
, weil sich niemand meldete. Auch der
Kanderner Pfarrer Fecht machte Einwendungen,
weil er von seinem Einkommen 50 fl für den
Praeceptor latinus abgeben soll neben freier Kost
und Wohnung. Das betrachtete er als Strafe,
denn er hat um keinen Vikar nachgesucht; er hat
acht Kinder und kann den Dienst noch gut versehen
. Weshalb soll ihm dann der Praeceptor
alle vierzehn Tage die Predigt abnehmen? Er
erreicht lediglich, daß er ihn nicht zu beköstigen
braucht; aber 50 fl Geld nebst Logis, Holz, Licht,
Wasch und Bett muß er geben. Man kann sich
nun vorstellen, wie der Kandidat Sonntag
empfangen wurde, als er 1784 kam. Der Pfarrer

ließ ihn nicht predigen und keine Krankenbesuche
machen. Die hiesigen Eltern wollten die
100 fl nicht bezahlen, weil Sonntag auch auswärtige
Schüler habe und deren Eltern sich
beteiligen sollen. Als Pfarrer Fecht 7 Monate
lang Riedlingen mitversehen sollte, übergab er
diese Arbeit an Sonntag. Trotzdem behauptete er
nachher, es bestehe für ihn keine Veranlassung,
an Fecht 50 fl zu zahlen, denn er habe das
ganze Jahr hindurch fast nicht gepredigt; über
Sonntags Tätigkeit in Riedlingen schwieg er.
Weil alles nicht half, denunzierte er jetzt seinen
Vikar und behauptete, dieser sitze häufig in
Wirtshäusern und spiele Karten. Im September
1785 untersagte er ihm alle Predigt, weil ihm
am 7. 8. ein Kind geboren worden war und er
erst am 4. 1. Hochzeit gehalten habe. Der Spezial
Welper, der ja die Verhältnisse kannte, stand auf
Sonntags Seite. Welper betonte immer wieder,
Pfarrer Fecht müsse einen Vikar haben schon
mit Rücksicht darauf, daß zahlreiche fürstliche
Beamte den Gottesdienst besuchen. (Wilhelm
Engelhard Sonntag war ein Sohn des Burgvogts
Sonntag; er war ein besonderer Freund Hebels,
der um dieselbe Zeit mit Sonntags Bruder zusammen
in Lörrach war. Der Kanderner Sonntag
begegnet uns zweimal in Hebels Briefen: am
13. April 1811 heißt es in einem Brief an Hitzig:
„Bin ich dazu 9 Sommer lang in der Wiese
gelegen und Einmal mit dem kanderer Sonntag
im Gräblein?" Und in einem Briefe an Gustave
Fecht vom Anfang August 1803 lesen wir:- „Ich
habe vor drei Jahren meinen zuverlässigsten
Freund durch den Tod verloren". Wilhelm Engelhard
Sonntag war 1762 in Kandern geboren; er
starb als Pfarrer von Bötzingen 1799. Ihn meint
Hebel hier.) Daß Sonntag auch in Karlsruhe Hilfe
hatte, war kein Wunder: der Oberhofprediger
und Kirchenrat Walz war sein Vetter.

1789 bat Sonntag um Aufnahme des Kanderner
Praeceptorats in den Fürstl. Witwenfiskus,
der bisher noch nicht beantragt worden sei. Anfänglich
hatte „auch diese lateinische Schule mit
allen neuerrichteten das gemeinschaftliche Schicksal
, daß einheimische und auswärtige Eltern ihre
Kinder noch nicht mit jenem Zutrauen dahin
schickten, welches der durch viel] ährige gute
Proben gegründete Kredit einer Schule erst zu
erwecken pflegt". Nachdem er aber „seit meh-
rerem die Wirkungen des damit verknüpften
Vertrauens meiner Mitbürger in solcher Stärke
erfahren, daß ich wegen der großen Frequenz
genötigt war, viele um Zulassung zum Unterricht
bittende Schüler abzuweisen", lasse sich kein
Eingehen der Schule befürchten. Aber Serenissimus
kann sich noch nicht entschließen, die lateinische
Schule als ein ständiges Institut zu fundieren
, was Voraussetzung für die Aufnahme in
den Fiskus ist. Sonntag soll aber aufgenommen
werden.

Im Juli 1790 möchte er als Pfarrer nach
Weitenau und bittet unter Vorlage eines amtsärztlichen
Zeugnisses, Serenissimus möge „auf
meine sich täglich verschlimmernde Umstände
landesväterliche Rücksicht nehmen und gnädigst
gestatten, daß ich wegen schwacher Brust und

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