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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-08/0006
lerpersönlichkeit. Wenn er auch nicht den Tälern
unserer Heimat entstammt, so hat er doch in
den duftigen und melodisch wie rhythmisch
lebendigen Melodien Lieder geschaffen, die mit
Recht zu alemannischen Volksliedern geworden
sind. Am 18. April 1854 starb Vogt als Organist
an der Martinskirche zu Kolmar.

Bereits 1813 erscheint in Basel eine weitere
Sammlung mit Hebelliedern: „Leichte Melodien
für eine und mehrere Stimmen, mit Ciavierbegleitung
zu Hebels Allemannischen Gedichten
. Componirt und dem edeln Verfasser der
Gedichte, meinem unvergeßlichen Lehrer, als
Beweis unveränderter Hochachtung, Liebe und
Dankbarkeit zugeeignet von Johann Christian
Haag, Lehrer an der Gesangsanstalt in Basel. Im
Verlage des Autors 1813".

Es läge nahe, in Haag einen Basler zu vermuten
, da diese Familie um 1800 in Basel sehr
häufig anzutreffen ist. Allein ein Johann Christian
ist weder in den Geburts- noch Sterberegister
des Basler Staatsarchivs nachweisbar4. Dagegen
fanden wir in einem Schreiben des Pfarrer Merian
vom 20. 1. 1820 an den Rat, die Errichtung einer
Gesangsanstalt betr. Haag erwähnt5:

„ ... der durch Herrn Haag, unter der Mitwirkung
der gemeinnützigen Gesellschaft unternommene
Versuch (einer Gesangsanstalt) scheiterte
bald. an der unverträglichen Denkungsart
des Lehrers, der indessen, obwohl ein gründlicher
Musiker, durch Tätigkeit und gute Methode bei
einem längeren Aufenthalt manches Gute gewirkt
haben würde..."

Über die Entstehung seiner Lieder orientieren
uns am deutlichsten Haags eigene Worte, mit
denen er seine Sammlung einleitet:

„Vielseitig wurde schon oft seit dem Erscheinen
dieser Gedichte gewünscht, passende Melodien
dazu zu haben, jedoch dieß rief die meinigen
nicht ins Daseyn, denn ich unterstuhnd mich nicht,
als Anfänger in der Musik, da absichtlich aufzutreten
, um beßer machen zu wollen, wo es anerkannten
Tonkünstlern nicht beßer ergieng, als
es den Dichtern ergieng, denen es ein Leichtes
schien, den beliebten allemannischen Dichter
nachzuahmen. — Indeß meistens in der Heimath
dieser Gedichte lebend, wurde ich oft im ländlichen
wie im Kinderkreise veranlaßt, diese Gedichte
sangbar zu machen, und so entstuhnd nach
und nach diese Sammlung von Melodien, von
denen ich nichts zu sagen habe, als daß ich sie
in der Form gebe, in der sie schon oft Freude
gemacht haben. Leicht wäre es gewesen, da und
dort den Gesetzen der Kunst mehr Genüge zu
leisten, allein ich glaubte, die Einfachheit und
Leichtigkeit, oder gar die Form in diesem Fall
der Strenge der Kunst nicht opfern zu müßen.
Bey der Clavierbegleitung sind die ersten Anfänger
und Schullehrer auf dem Lande absichtlich
berücksichtigt, dadurch ist dieselbe freylich
hie und da etwas arm geworden 6. Die Ursache
einer öfteren Gleichheit des Rhythmus und Ähnlichkeit
der Sätze muß man natürlich im Metrum
suchen, noch tiefer aber im Charakter der
Gedichte; man erinnere sich hiebey an die

Erklärungen von Pastorale, Siciliano und andere
Nationalstücke, und man wird dann aus Gründen
, deren Entwicklung dem Kunstkenner leicht
seyn wird, diese Form billigen (weshalb ich es
für unnöthig erachte, sie diesen Melodien als
Reisepaß mitzugeben).

Die meisten können von mehreren Stimmen
gesungen werden. 2 sind als 4 - stimmige Chöre
bearbeitet. • Die Grundlage zu einigen dieser
Melodien verdanke ich einem meiner Freunde,
der es mir nicht verargen wird, sie hier etwas
geändert oder weiter ausgearbeitet zu sehen.

J. C. Haag."

Von seinen Liedern ist heute nur noch ein
einziges allgemein bekannt: Die Marktweiber in
der Stadt.

Damit schließt der Kreis derjenigen Komponisten
, deren Verfasser zu Hebel in persönlichem
Verhältnis standen.

Auch der für das schweizerische Volkslied so
überaus fruchtbare Liederkomponist Ferdinand
Fürchtegott Huber 7 (1791—1863) hat das alemannische
Volkslied bereichert. Mehrere heute nur
als anonym bekannte Lieder stammen von bedeutenden
Komponisten, die allerdings nicht unserer
engeren Heimat angehören: so haben ,,Z' Müllen
an der Post" und ,,Z' Basel an mim Rhi" Franz
Abt zum Komponisten. Der bekannte Chorsatz
„Freude in Ehren" stammt von C. Spohn, und
einer der bedeutendsten Liederkomponisten des
vorigen Jahrhunderts, Felix Mendelssohn, schrieb
einen vierstimmigen Chorsatz zu Hebels Neujahrslied
„Mit der Freude zieht der Schmerz".
Mit dem letzten Lied treten wir jedoch schon
über die Grenzen des alemannischen Volksliedes,
da das Neujahrslied eines der wenigen hochdeutschen
Gedichte Hebels ist, das sich bis in
unsere Tage als Lied lebendig erhalten hat.

Bis in die letzten Jahre haben sich Musiker
durch die Melodik der Sprache Hebels zu Kompositionen
anregen lassen. Es sind hier vor allem
die Lieder von W. Röther, J. v. Salvini,- Wilhelm
Lauterburg, Schilling, O. Schlageter und Albin
Neininger zu nennen. Ob sie zu bleibenden Volksliedern
werden, wird die Zeit uns lehren. Jedenfalls
aber spricht aus der Fülle der Vertonungen,
die die Hebeischen Gedichte erfuhren, die Liebe
zu dem Dichter und seinem Werk. Mögen diese
Hebellieder ein lebendiges Denkmal zur dauernden
Ehrung Hebels werden.

Ne Gsang in Ehre,

Wer wills verwehre?

Singts Tierli nit in Hurst und Nast,

der Engel nit im Sterneglast?

E freie, frohe Muet,

goht über Geld und Guet!

1 Vgl. Alte Weisen zu J. P. Hebels Alem. Gedichten, ges.
von K. F. Rieber. J. Umbach Verlag 1926, vergriffen.

2 Die Sammlung wurde nicht in Karlsruhe, sondern in
Bourglibre im Elsaß (wahrscheinlich von seinem Sohn,
der Lithograph war) gedruckt und herausgegeben. Vorhanden
in der Universitätsbibliothek Basel.

3 Vogt muß nach damaligen Angaben sehr viel komponiert
haben, jedoch konnten wir erst in letzter Zeit außer
den bisher unbeachteten Hebelliedern eine Sammlung
leichter Orgelstücke nachweisen. Beide Sammlungen sind
undatiert.

4


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