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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-08/0007
Eine Beziehung der Lörracher Familie Hauptlehrer Haag,
weiland Organist an der St. Bonifatiuskirche Lörrach
zum Komponisten ließ sich nicht nachweisen.

In den Akten Musikerziehung und Gesangsunterricht des
Basler Staatsarchivs wird schon 1786 in mehreren Schreiben
der Rat der Stadt Basel um Einrichtung einer besonderen
Gesangsanstalt am Gymnasium in Basel ersucht
. Von 1786 bis 1820 sind keine Akten erhalten. Ob
in dieser Zeit eine kleinere Gesangsanstalt existierte, ist
daher nicht nachweisbar. Jedenfalls begegnet uns Haag

Hubert Baum, Freiburg:

?toei iMdjtertnnen

tma ^romec am

Betrachtung über ihr Gedicht
Vom Tod

Mer lebe n all im Warte
uf unsre Brueder Tod,
dä wo im Schöpfigsgarte
dur d Gschwister vo all Arte
still mit em Vatter goht.

Dem folgt er ohni z froge
un würd drum gförcht un ghaßt.
Dä schickt en nit zuem ploge,
er isch halt s Teil am Boge,
wo s Lebe zsämmefaßt.

Was lebt un stirbt, soll werde,

alls wider, bis es isch.

Do loßt si nüt abmärte,

öb aisecht, öb in Herde:

Im Sterbe merksch, aß bisch.

Mueß vo de Stern ain sinke,
e Mensch in s Dunkel goh,
so hebt er s. — Im Vertrinke
loßt er vo wytem winke
ne Liecht enandernoo.

Eimol — s isch chuum zuem sage —
eimol goht s Sterbe ii!
Eimol würd s endli tage,
der Garte heerli trage
un alles zytig sii.

No spürt dä dusse d Wendi,
goht in si un chunnt heim
as letschte us der Fremdi. —
Un Freud isch ohni Endi,
wyl alli, alls in Aim.

Ein solches Gedicht kann man nicht einfach
lesen oder hören, ohne es nicht länger als üblich
auf sich einwirken zu lassen. Halten wir aber
inne, um uns eine Weile mit ihm zu beschäftigen
, so empfinden wir das, was Goethe in seiner
. Hebel-Recension meint: „daß der Höhergebildete
von dem ganzen Kunstwerk die Einwirkung auf
sein inneres Ganze erfahren und so in einem
höheren Sinne erbaut sein will."

Zur Meisterung einer solchen Dichtung gehört
zunächst die Beherrschung des rein Technischen
: möglichst keine Hyathen, keine hinkenden
Verse, treffende, überraschende Reime,
musikalisches Mitklingen der Sprache (wie es
hier durch den Doppelreim der 3. und 4. Zeile
geschieht) und ein klarer Aufbau, der zum Ende
hin in eine Verdichtung des bisher Gesagten
führt. Dazu gehört aber auch, daß die Gedanken
des Dichters das Thema in großer Vielfalt umkreisen
. Und es ist großartig, wie uns hier die
Gedanken in landläufigen Bildern und Verglei-

nach 1820 nicht mehr, da nach Beschluß des kleinen Rates"
(Akten des Staatsarchivs St. 74 B 123 Gesangsunterricht)
F. Laur v. 6. Sept. 1820 Leiter und Lehrer der Gesangsanstalt
als Nachfolger von Haag wurde.

6 Auch beim Neudruck dieser Lieder in den „alten Weisen'48
enthielten wir uns jeglicher „Korrektur".

7 Vgl. K.Neef: F.F. Huber 1898.

Durch den Verfasser überarbeiteter Aufsatz aus der
Zeitschrift „Mein Heimatland", Heft 3/5, April 1926.

sum 75. Cl^ebuctötag

3. eeptembec 1889

chen dargelegt werden und wie dann gleichzeitig
etwas Übersinnliches ausgedrückt ist.

Verfolgen wir nun, zur besseren Erklärung,
den Gang des Gedichtes: Wir leben, indem wir
warten auf den Tod, — den brüderlichen, der
still zwischen allem andern Lebenden — vielleicht
sogar mit Pflanze und jeder Materie — mit
Gott dem Vater geht, „goht mit em" bedeutet
im Alemannischen nicht nur ein Nebeneinandergehen
, sondern das Zusammengehören, Einende
zweier Liebenden. Ihm — dem Vater — folgt
er, nur ihm gehorcht er, er ist Teil am Ganzen
(am Boge), welches Leben heißt. Wer lebt urid
stirbt — also alles auf der Erde — soll werden,
das heißt: sich entwickeln und läutern, bis es
gewahr wird, daß es ist, — da ist auf Erden
als ein Teil der Welt, unvergänglich. Und dieses
Da-Sein wird ihm gezeigt im Sterben; denn hier
im Übergang vom Leben ins „Dunkel-hinein-
gehen" „hebt, d. h. hält ihn der Tod und läßt
ihn in diesem einzigen Augenblick von weither
das Licht schauen, das Ewige, Unaufhörliche der
Schöpfung. Aber alles ernsthafte Sinnieren über
den Tod mündet endlich doch in einen reinen,
bäuerlichen, einfachen Trostgedanken: „eimol
goht s Sterbe ii" — dreimal wird dieses „eimol"
wiederholt; es tönt in uns hinein wie die Posaunenstöße
am Jüngsten Tag. „S goht ii" wie das
Vieh im Stall; das ist ganz bewußt in der Alltagssprache
gesagt, um das Grausige zu betonen,
wenn der Tod den Tod besiegt, wenn — nach .
Luther — „ein Tod den andern frißt". Doch in
dem „goht s Sterbe ii" klingt auch das Eingehen
zu Gott, wenn der Tod — überflüssig geworden
— endlich heimkehrt.

Dieses alemannische Gedicht ist natürlich
von der hochdeutschen Dichtung, vom ernsthaften
Studium der technischen Mittel und von
der großen Literatur überhaupt wesentlich
beeinflußt, und dennoch ist das keine „Übersetzung
" vom Hochdeutschen ins Alemannische.v
Wir haben es nicht etwa mit „hochdeutschen
Gedanken" zu tun, wie man einmal lesen konnte.
Gedanken sind gottlob international. Und daß
man alles in der Mundart ausdrücken kann,
beweisen eben diese Strophen, in denen nicht
ein Wort der Hochsprache aufklingt. Dennoch
bemerken wir: da ist ein Anderes, ein Unge-

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