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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-08/0013
Pädagogio in Karlsruhe erforderlich ist. Bergrat
Kümmich gibt ganz kurz sein Einverständnis mit
den andern kund. Dagegen äußert sich Dr. Brodhag
sehr ausführlich. Nach seiner Meinung soll
der Lehrer Gelehrter sein; er muß nicht nur
Latein, sondern auch Sprachen, Geschichte, Geographie
, Geometrie und vernünftige Religionskenntnisse
lehren. Kandern verdiene wohl soviel
Aufmerksamkeit, daß man hier gute Lehranstalten
errichte. Es gibt hier Väter, welche bei und
durch ihre ausschließlich dem Nutzen des Staates
gewidmeten Geschäfte keine großen Schätze
sammeln können, welche ihnen ermöglichen,
große Kosten auf die Erziehung und Bildung
ihrer Kinder zu verwenden. Auch der Bürger soll
seine Kinder in bessere Schulen schicken. Er
wünscht einen befähigten, erfahrenen Mann für
die Stelle, weniger Lehrerwechsel, einen verheirateten
Mann, und erklärt schließlich, daß der
Staat kein unverdienstliches Opfer bringen
würde, wenn er einen Schulmann, der - Gelehrter
sein müßte, so besoldete, „daß drückende Nahrungssorgen
ihm die Lust an seiner allerdings
beschwerlichen Arbeit nicht benehmen". Der
Forster Roth verlangt von der hiesigen Schule,
„daß die Schüler von hier leicht an dem gym-
nasium illustre in Karlsruhe rezipirt werden
können. Beispiele davon sind da, da schon sehr
brauchbare Männer in dieser Schule gebildet,
als Pfarrer in unserem Land angestellt sind".
Schließlich äußert sich Dr. Rieggerd dahin: „Die
Schule ist gut, wenn der Lehrer ein brauchbarer
Mann ist. Nicht jeder an der Promotion seiende
Candidat theol. wird ein guter Schullehrer". Zusammenfassend
wird die Ansicht vertreten, daß
hier ein Vikar angestellt werden solle, der dem
hiesigen Pfarrer hilft. Sitzenkirch soll bei Kandern
bleiben, das sei auch dort die Meinung. Aus
einer Aktennotiz geht hervor, daß Fecht angestellt
werden soll, unabhängig vom Pfarramt,
aber ohne Heir^tserlaubnis.

Über diese Vorgänge berichtet auch ein Brief
Hebels vom 21. März 1802 an Ringer. Dieser war
(nach „Hebel, Briefe der Jahre 1810 bis 1826",
herausgegeben von Wilhelm Zentner) zunächst
Feldprediger bei dem badischen, in englischen
Subsidien stehenden Bataillon in den Niederlanden
, seit 1796 Pfarrer in Wies. Er bewarb sich
um Brombach und Obereggenen, kam aber 1803
nach Hertingen. Hebel schrieb ihm: „Ob Obereggenen
vakant wird, ist noch ungewiß. Wenn
Sitzenkirch wieder von Kandern getrennt wird
und an Obereggenen zurückfällt, ist Sonntag
geneigt zu bleiben". Karl Friedrich Sonntag war
von 1797 bis 1816 Pfarrer in Obereggenen. Er ist
der Bruder von Wilhelm Engelhard Sonntag, der
als Praeceptor latinus in Kandern war. Karl
Friedrich Sonntag starb 1818 als Dekan in
Auggen.

Pfarrer Scheuermann, der von 1801 bis 1816
hier war, schrieb im August 1812 zur Frage der
Besoldung: „Da die Akten fehlen", haben die
Erkundigungen ergeben: Der Erbprinz Karl Ludwig
als Protektor der Wissenschaften hat ex
propriis 150 fl für diese Anstalt ausgesetzt.
Naturalien keine, aber 4 Klafter Holz, das zu

Was nottut

Was nottut — das ist in Tagen der Not

ein Schluck Wasser, ein Stückchen Brot.

Doch kaum hast Brot genugsam du,

verlangt's nach der nötigen Butter dazu.

Und immer Wasser nur allein?

Wie wär's mit einem Gläslein Wein?

Allein was frommt der leckerste Schmaus,

kann ich ihn nicht kosten im eigenen Haus?

Deshalb zu Wein und Butterbrot

ein eignes Dach ist bitter not.

Jedoch dies Haus verdrießt mich bald,

umgürten es nicht Feld und Wald.

Und schon ist not, Potz Wetterblitz,

Großkapital und Grundbesitz!

Drum, lieber Tadler, sieh nicht schief:

was nottut, ist immer — relativ!

Wilhelm Zentner

1 fl das Klafter abgegeben wurde und dessen
Macherlohn nach der Tax bezahlt werden mußte.
Den Rest der Besoldung bis 300 fl mußten die
Eltern aufbringen. Auch wurde vermutlich 1800
die Verwesung der Pfarrei Sitzenkirch dem
Praeceptor latinus mitgeteilt, aber in der Folge
der Pfarrei Obereggenen wieder einverleibt".

In die Amtszeit Scheuermanns fällt auch sein
Konflikt mit Dr. Brodhag. Anläßlich einer Kirchenvisitation
zeigte der Pfarrer pflichtgemäß
an, daß Dr. Brodhag „durch seinen zur Publizität
gekommenen Atheismus nicht nur manches
Ärgernis in dieser Gemeinde stifte, sondern daß
er auch seinen Sohn ohne allen Religionsunterricht
auf die Akademie geschickt habe". Der
Landvogt von Kalm in Lörrach wurde zur Berichterstattung
aufgefordert. Die weltlichen Vorgesetzten
in Kandern erklärten, daß ihnen kein
Ärgernis bekannt sei. Nun forderte Herr v. Kalm
von Brodhag einen Bericht, in dem die Worte
stehen: „Kann mich auf weitere Erinnerungen
nicht einlassen, da er schon mehrmals bezeugt
hat, daß er nach allen Äußerungen des Oberamts
und meiner selbst nichts achte". (18. 3. 1809).

Es ist zu vermuten, daß der Herr von Kalm
und der Herr Dr. Brodhag sich kannten, weil
von Kalm während der Besetzung von Lörrach
durch die Franzosen von Ende 1799 biß Juli 1800
im Kanderner Forsthaus gewohnt und geamtet
hatte. Endlich am 1. Juli 1809 gab Brodhag einen
ausführlichen Bericht, in dem er erklärt, daß
sein Sohn seit 3A Jahren in Heidelberg sei. Dort
habe ihn Stadtpfarrer Dettenberger am 11. Mai,
am Schluß seines 18. Lebensjahres, feierlich konfirmiert
. Er habe geglaubt, so handeln zu müssen
im Interesse seines Kindes, das jetzt diesen
Fragen ganz anders gegenüberstehe als mit
14 Jahren. „Ich habe die leidige Erfahrung machen
müssen, wie in hiesiger Gegend Religionsunterricht
größtenteils mit Lauigkeit nach einem
fast imbegreiflichen geisttötenden Schlendrian
erteilt wird. Sein Sohn sollte „die ewigen Wahrheiten
nicht blos wissen, um davon schulgerecht
reden zu können, sondern er sollte religiös werden
; jene Wahrheiten sollten bei ihm zu Grundsätzen
werden, welche das ganze Leben hindurch
seine Handlungen leiteten, ihm den Sieg über

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