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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-09/0018
mit dem Zurückweichen der Brandwirtschaft vor
dem eindringenden Pflugbau war man gezwungen
, in diesen klimatisch weniger günstigen
Rückzugsgebieten zum Anbau anspruchsloserer
Getreide (Buchweizen, Roggen, Hafer) überzugehen
. Wenn die „typischen Getreidearten" des
Brandrodungs - Feldbaus „sehr jung oder doch
nicht ganz alt sind", kann man darin also keineswegs
einen Beweis für das junge Alter der
Brandrodungs-Wirtschaft der deutschen Mittelgebirge
sehen, wie U. Berner (1959, S. 124) annehmen
möchte. Der Brandrodungs-Feldbau fand
sich ursprünglich auch in der Ebene auf günstigeren
Böden und bediente sich anderer Kulturpflanzen
. Sehen wir somit im Brandrodungs-
Feldbau die primäre Form neolithischer Landnahme
, was sicherlich auch für die Oberrheinlande
zutrifft, so scheint ihm selbst noch im
frühen Mittelalter eine größere Bedeutung zugekommen
zu sein. Darauf verweist nicht zuletzt
die Namengebung einiger mitten im „Mooswald"
in der Freiburger Bucht gelegenen frühmittelalterlichen
Rodungssiedlungen (vgl. K. Mader,
1926, S. 8). Allein schon das bereits 773 erwähnte
Reute scheint eine solche Annahme zu rechtfertigen
. Erst das Aufkommen verbesserter,
weniger waldverwüstender und bodenzerstörender
Methoden erlaubte den Verzicht auf den
Brandrodungs-Feldbau, während er sich auf ungünstigerem
Terrain zu halten vermochte. Hier
war man allerdings gezwungen durch die fortschreitende
Boden- und Vegetationsverarmung
zu einer abgeschwächten Form dieses „Raubbausystems
" überzugehen. In der Eifel erfolgte so
eine Umstellung von der Rottwirtschaft auf die
Schiffelwirtschaft (K. H. Paffen, 1940, S. 170).
Heute ist der Brandrodungs-Feldbau (Reutbergwirtschaft
), an den noch überall Flur- und
Ortsnamen mit -„rütte" erinnern (z. B. „Rütte"
[Todtnauberg]) (N. Krebs, 1942, S. 137) auch in
seinen Rückzugsgebieten in den Mittelgebirgen
mehr und mehr im Schwinden begriffen und
selbst in Gemeinden, in denen der Reutbergwirtschaft
noch vor wenigen Jahren eine gewisse
Bedeutung zukam, wird heute das Reutfeld aufgeforstet
, ein Vorgang, den man sowohl in den
zur Rheinebene sich öffnenden Schwarzwaldtälern
als auch im Hotzenwald (Ortsteil Rütte,
Gemeinde Herrischried) beobachten kann.

Anmerkungen:

1.) Zur Laubfütterung in außereuropäischen Ländern
vgl. J. Huppertz (1951, S. 41 ff.), C. Rathjens (1957, S. 57),
E.Schüz (1959, S. 12), H. Bobek (1936, S. 12).

2. ) Wenn auch seine Hauptbedeutung in dieser mit
der Schiffelwirtschaft der Eifel zu vergleichenden Wechselwirtschaft
in der Stickstoffanreicherung des Bodens
liegt (C.Troll, 1951, S. 152).

3. ) Es erscheint deshalb nicht mehr erforderlich, mit
G.Endriss (1949, S. 113 ff.) und Fr. Schlette (1958, S. 72)
erst mit einem späten Aufkommen der Stallfütterung in
historischer Zeit (Mitte des letzten vorchristlichen Jahrtausends
) zu rechnen. — Allerdings wurden noch in vielen
frühmittelalterlichen Siedlungen, etwa Haithabu
(Schleswig), die Haustiere (Rinder, Schweine) ausschließlich
im Freien gehalten (G. Sieving, 1953, S. 140).

4. ) Zur Diskussion über diese Frage vgl. zuletzt G.
Smolla, 1960, S. 105 ff.

5. ) Zur Terminologie vgl. W. Müller-Wille, 1954.

6. ) „Brand", „Brände" usw., vgl. N. Krebs. 1942, S. 137.

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