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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-10/0004
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Obwohl die verschiedenartigsten Kunstfasern
mehr und mehr die Naturprodukte zu verdrängen
versuchen, kommt der Wolle eine besondere
Bedeutung zu. So bevölkern heute noch zahlreiche
Schafherden die kargen Hänge der Schwäbischen
Alb und suchen während des Sommers
zwischen den dunkeln Wacholderstauden ihre
Nahrung. Im Winter jedoch, wenn tiefer Schnee
die Fluren bedeckt, heißt es neue Weideplätze
ausfindig machen.

Mancher mag sich schon darüber gewundert
haben, wenn er im Spätherbst oder zu Beginn
des Winters im Schwarzwald plötzlich einer
Schafherde begegnet, die ihren Weg westwärts
hinunter zum Breisgau nimmt. Ein Hund, der
kläffend bald vor den Tieren herläuft, bald die
sich absondernden zurücktreibt, nimmt die ihm
anvertraute Aufgabe, die Herde über verkehrsreiche
Punkte zu geleiten und sie vor vorbeifahrenden
Autos und anderen Gefahren zu
schützen genau so ernst wie der Schäfer selbst.

Gemessenen Schrittes, die Schaufel oder
Schippe in der Hand, stapft er den Schafen voraus
. Gegen den rauhen Wind schützt ihn der
breitrandige Hut und der malerisch umgeworfene
, mit Lammfell gefütterte Radmantel, unter
dem manchmal noch die selten gewordene blaue
Schäferbluse hervorleuchtet. So kommen die
wetterharten Gesellen, die Schwabenschäfer, von
der Schwäbischen Alb, vom Heuberg, heruntergezogen
. Mit dem Wetter so gut vertraut, wie
sonst niemand, wissen die Schäfer genau den
Zeitpunkt, an dem es nötig wird, dem harten
Winter auszuweichen und mit der Herde zur
Winterweide zu „fahren". Solch eine „Fahrt" ist
wahrlich kein Vergnügen, sondern ein mühsames
Wandern von Ort zu Ort. Da die Weide am
Wegrand karg geworden ist, achten die Schwarzwaldbauern
argwöhnisch darauf, daß der landfremde
Schäfer mit seinen Tieren ihnen nicht
über den „Samen", die junge Frucht, „fährt",
von der, wenn sich ein paar Dutzend hungrige
Schafe daran gesättigt haben, nicht mehr viel
übrig bleibt.

Solch ein Schäfer ist nicht nur der Betreuer,
sondern auch zugleich der Arzt der Herde. Wenn
eines der kaum ein paar Tage alten Lämmchen

kläglich blökend dem Troß nicht mehr folgen
kann und am Wegrand stehen bleibt, erbarmt
sich das Herz des „guten Hirten". Er birgt das
hilflose Tier unter dem großen warmen Mantel.
Und weiter .geht die „Fahrt" der Rheinebene
entgegen. Hirte und Herde haben im Schwarzwald
ihre bestimmten Wege und auch Herbergen
: zu Lehengericht, in Gutach oder am „Turner
". Dann geht es kinzigtalabwärts, Richtung
Offenburg, oder über den Schönberg nach Lahr,
hinaus ins Ried. Andere Schäfer fahren von
Gutach über Rothalde und die Prechtaler Schanzen
ins Elztal. Ihr Ziel ist der mildere Breisgau
oder das Markgräflerland. Dort hat der Schafhalter
die Weide gepachtet, und hier verbringt
die Herde den Winter. Jetzt ist auch für den
Schäfer eine stillere Zeit gekommen. Endlich
darf er sich den Kaiserstühler oder Markgräfler
in Ruhe munden lassen.

Früher gingen die Schäferfahrten auch über
den Rhein ins Elsaß, ja sogar von dort hinein
nach Frankreich, bis in die Argonnen, wo in
Urgroßvaterszeiten die Herden durch starke
Hunde gegen Wölfe abgesichert werden mußten.
Im Frühjahr wurden die Schafe dann in Frankreich
selber verkauft, wo ihr Fleisch in Paris als
Leckerbissen besonders geschätzt war. Längst
sind diese Zeiten vorbei. Jetzt fahren die Schwabenschäfer
meist nur noch in den Breisgau und
hinüber zum Kaiserstuhl. Weht schließlich der
erste laue, lenzverheißende Wind durch die Burgundische
Pforte herüber, wird es Zeit, an den
Heimweg zu denken. Mit dem ersten Grün des
Frühlings steigen eines Tages Hirt und Herde
wieder durch die Schwarzwaldtäler empor und
streben in Eilmärschen der alten Heimat zu.
Dann wird uns wieder das altvertraute Bild entzücken
, wie der Hirte, umringt vöm braunen
Gewoge der Herde, über die Albhänge zieht und
seine fast mystische Gestalt sich Silhouettenhaft
vor den Abendhimmel schiebt. — Da gedenken
wir des alten Spruches:

„Schäfer fahr zu! Noch eine Tagreise nur!

Dann wird geweidet, dann soll sich laben

Hungrige Herde auf saftiger Flur.

Einmal kommt wieder die Rückfahrt nach Schwaben.

Schäfer fahr zu!

Drüben bei Freiburg, am Rhein hast du Ruh."

Otto Ernst Sutter, Gengenbach:

,öec Kettet von Lfyrefelb

Johann Peter Hebel bezeugte ihm hohes Lob

Endlich ließ sich der langgehegte Plan verwirklichen
. Im Zug der Rückkehr von einer Studienfahrt
durch Niedersachsen bogen wir von
der Autobahn ab und fuhren nach Bad Hersfeld,
das vor allem über die Festspiele in der mächtigen
Ruine seiner Stiftskirche in den letzten Jahren
zu Ansehen und Ruhm gekommen ist. Es
fügte sich merkwürdig genug, daß die Hersfelder
ihr alljährliches Lullusfest feierten. Das abendliche
Städtlein war in Fluten von Licht getaucht,
auf dem Marktplatz brannte zwischen Schaubuden
ein großes Feuer. Lullus, ein Schüler des
Bonifatius, hat das ehemalige Benediktinerkloster
gegründet und gilt als Stadtpatron. Wir
fragten, ob ihm zu Ehren die wabernde Lohe
leuchte. Ja, dem sei so — sie erinnere aber auch
an den Retter der Stadt im Jahre 1807, den
General Lingg von Linggenfeld — nun, da fand

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