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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1964-10/0006
neue Garnison in Freiburg im Breisgau, wo er
Stadtkommandant wurde. Am 12. Februar 1810
ernannte die Stadtverwaltung der Breisgaustadt
Lingg zum Ehrenbürger in Anerkennung seiner
„allgemein erkannten Humanität gegen jeden
Stand und der mancherlei Gefälligkeiten, die er
dem Magistrat und der Bürgerschaft unserer
Stadt während seiner Kommandantur erwiesen
hat."

Kurz, ehe Lingg mit seinem Bataillon zur
Teilnahme am russischen Feldzug auszog, ehelichte
er Adelheit Freifräulein von Gruau, eine
Kreolin aus St. Domingo, Hofdame der Großherzogin
Stephanie.

Nach seinem Abschied lebte Lingg von
Linggenfeld zunächst in Karlsruhe und später in
Mannheim. Schon im Jahre 1834 wurde ihm die
Gattin entrissen, Mutter einer Tochter und von
drei Söhnen. Er selbst lebte noch acht Jahre und
verschied dann, tief betrauert im ganzen Land,
in Mannheim, auf dessen altem Friedhof seine
sterblichen Überreste ruhen. Zur Beisetzung war
auch ein Geistlicher aus Hersfeld erschienen, der
einen Kranz am Grabe niederlegte: „Dem Erretter
der Stadt Hersfeld die dankbaren Bürger
von Hersfeld".

In Hersfeld hält ein Denkmal mit der erzgegossenen
Gestalt des Retters das Gedächtnis
an Lingg von Linggenf eld wach. Und im Heimatmuseum
erinnert neben seinem sehr schönen
Porträt mancherlei an diesen tapferen Helden.
Johann Peter Hebel fügt seiner Erzählung die
Worte an: „ .. und so etwas ist des Lesens zweimal
wert." Das Grab des Generals in Mannheim
schmückt ein eindrucksvolles Denkmal, das die
Stadtverwaltung pflegt.

Der Leiter des Hersfelder Heimatmuseums,
der betagte Dr. Falk, der Leiter des Kulturbundes
, Dr. Bramme, der im Ruhestand lebende,

J. Helm:

Der 23. April als St. Georgstag und der 11.
November als St. Martinstag spielten im Leben
unserer Altvorderen eine bedeutsame Rolle.
Ging „auf Martini" das Gesinde-Dienstjahr und
oftmals auch die Pachtzeit zu Ende, so waren
„auf Georgi" häufig bestimmte bäuerliche Zahlungen
fällig; denn St. Georg, der Drachentöter,
war nicht nur der Patron der Ritter und Reiter,
sondern auch der Bauern. Aber auch als Antrittstag
gewisser Berechtigungen hat der 23. April
seine Bedeutung gehabt.

So wird mit dem 23. April des Jahres 1808
die Erteilung der Schildgerechtigkeit für eine
Gastwirtschaft auf der Sirnitz rechtskräftig. Seit
über 150 Jahren also sitzt auf diesem Betrieb, der
seither so manchem Wanderer und Reisenden
schon willkommene Gelegenheit zu Rast und Erholung
geboten hat, ein ständiger Wirt. Die Verhältnisse
, die vorher dort geherrscht haben, kennen
wir recht genau. (Vgl. „Markgrafschaft" 7/8,

historisch unablässig forschende Oberstudiendirektor
Dr. Schoof und letztlich die ganze Stadt
Hersfeld sind mit rühmenswertem Eifer besorgt,
Lingg von Linggenfeld neben Lullus als Schutzpatron
unverlöschlichen Dank und immer wieder
sich erneuernde Verehrung zu bezeugen. Aus der
„Hersfelder Heimatpost" kam in den Mund der
Bewohnerschaft der Vers:

Ihr Männer und Frauen
Von Hersfeld in Hessen,
Ihr sollt mir den wackeren
Lingg nicht vergessen,
der in trüber Zeit
. die alte Stadt
von Plünderung und Brand
bewahret hat!

Wir setzten, nachdem wir beglückt den unvergessen
gebliebenen Spuren des hochpreislichen
badischen Landsmannes aus Meersburg
zwei Tage gefolgt waren, unsere Fahrt fort der
oberrheinischen Heimat zu. Unterwegs gab Lingg
von Linggenfeld den beherrschenden Gesprächsstoff
ab. Und einige Tage nach der Rückkehr
gerieten dem Chronist — was für ein merkwürdiger
Zufall! oder war es gar keiner? — Heinrich
Vierordts, 1884 erschienenen „Neuen Balladen
" beim Stöbern in alten Büchern in die Hand.
Da stieß er auf eine Dichtung „Der Jäger von
Hersfeld 1807". Das Lied schildert vielstrophig
das Auftreten Linggs, vor allem das Schweigen
der Soldaten, als ihnen das Recht zum Plündern
angetragen wird:

„Ich wußt's", spricht Lingg und zieht den Hut,
„Ihr seid ein echtes Schützenblut!
Wir Badener kennen Zucht und Pflicht,
Wir kränken den deutschen Bruder nicht!"

O Hersfeld, lindenumrauschter Ort,
Du bist gerettet, du blühest fort!
Deinem Helden flecht' ich den Ehrenkranz
Als Ehrendank des Vaterlands.

1957). Bei der Wichtigkeit dieses Platzes als
Kreuzungspunkt mehrerer Straßen und Wege
dürfen wir uns nicht wundern, wenn schon 1733
eine Wirtschaft auf der Sirnitz genannt wird.
Aber sie befand sich nicht in Händen eines
Wirtes, sondern wurde reihum von den sechs
Lehenmeiern, den Pächtern der ausgedehnten
herrschaftlichen Besitzungen im Sirnitzgebiet,
wahrgenommen. Sie versprechen im Lehenbrief
des genannten Jahres, „vor die Abnutzung der
Äcker und Matten und Weyd, wie auch vor die
Wärthschaft jährlich... in allem 300 Gulden
zu zahlen."

Gelegentlich wird der Vorschlag gemacht, diesen
Wechselwirtschaftsbetrieb einzustellen und
statt dessen eine ständige Wirtschaftsgerechtigkeit
zu erteilen. 1754 empfiehlt man, auf der
Sirnitz einen Waid gesellen zur Forstauf sieht anzustellen
und diesem zur Aufbesserung seiner
Besoldung den Betrieb einer Wirtschaft zu erlau-

Vom ^icfdjen'7 sum ^utn^aW

Über 150 Jahre Schildgerechtigkeit auf der Sirnitz

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