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ben. Der Bauernwirt (also der jeweils wirtende
Lehenmeier), der zwar schon vorhanden sei, habe
selten ein Glas guten Weines anzubieten. Aber
in Karlsruhe beurteilt man die Dinge zunächst
doch anders und hält eine (dauernde) Wirtschaft
nicht für „profitabel", da die Wechselwirtschaft
schon den Lehenmeiern zugestanden sei.
Rund fünfzig Jahre später aber kann einer
der Meier, nämlich Christian Kiefer, gebürtig
von Stockmatt, die Wirtschaft ganz an sich ziehen
. Er versteht es, den zweijährigen Turnus
mehrere Jahre hindurch zu seinen Gunsten zu
unterbrechen und hat damit gewissermaßen im
voraus die Grundlage dafür geschaffen, daß sein
1806 eingereichtes Gesuch bei den vorgesetzten
Behörden auf guten Grund fällt. Wenn sich auch
die Mitmeier wehren und darauf bestehen, daß
weiterhin „in der Köhre ge wirtschaftet" werden
solle, so können sie doch darüber nichts Schriftliches
beibringen, denn die alten Lehenbriefe
sprechen eben nur von der Wirtschaft ganz allgemein
, nicht jedoch von der Wechselwirtschaft
im besonderen. Auch das Oberamt in Müllheim
befürwortet das Gesuch des Chr. Kiefer, denn es
sei wirtschaftlich und polizeilich vorteilhaft, wenn
nur ein Wirt da sei. Bei dieser Gelegenheit taucht
erstmalig ein Name für die Gastwirtschaft auf
der Sirnitz auf, und zwar nicht der uns heute
geläufige „Auerhahn", sondern der „Hirschen".
Selbst den Pfarrer bemühen die sich zurückgesetzt
fühlenden fünf Lehenmeier. Um der
Eintracht willen — so schreibt er — solle man
doch den alten Zustand beibehalten. Aber das
Oberamt reagiert sauer auf diese Eingabe des
geistlichen Herrn, denn es berichtet der Kreisregierung
in Freiburg, das Gesuch bringe nichts
Neues und enthalte außerdem einige unrichtige
Redensarten, „wozu auch der Pfarrer Gmelin
von Badenweiler (Georg Jeremias Gmelin, amtierend
1787 bis 1830, der dritte Pfarrer dieses Namens
aus der gleichen Familie in Badenweiler),
den übrigens die Sache gar nichts angeht, wie
gewöhnlich in beleidigenden Ausdrücken seinen
Senf gegeben hat." Es bleibt bei der getroffenen
Entscheidung. Erklärend erfahren wir noch aus
einem Protokoll, daß Kiefer die Schildgerechtigkeit
auf Lebenszeit erhalten solle. Es ist also
eine persönliche Konzession und kein sogenanntes
Realrecht, das in früheren Zeiten mit dem
Haus verkauft werden konnte und den Nachfolger
ohne weiteres zum Betrieb der Wirtschaft
berechtigte.
Der neue „Hirschenwirt" kann jedoch auf
Georgi 1808 seinen Betrieb noch nicht zur eigenen
Zufriedenheit besorgen, da der letzte Wechselwirt
, der Lehenmeier Georg Schick, nicht aufhört
zu wirten. Nachdem noch am 26. Mai 1808
Klagen einlaufen, Schick habe das Wirten noch
immer nicht eingestellt, erteilt das Oberamt den
Befehl, den Maienbaum — der wohl, ähnlich wie
bei einer Straußwirtschaft, das Zeichen der zeitweiligen
Wirtschaftsberechtigung war — umzuhauen
. Das geschieht am 8. Juni. Aber noch ehe
der Vollzugsbericht des Vogtes in Müllheim ist,
kommt von der Sirnitz die Nachricht, man habe
dort bereits einen neuen Maibaum gesetzt und
' dabei „ein förmliches Jubelfest mit Gesang und
Schießen" abgehalten.
Diese offensichtliche Mißachtung herrschaftlicher
Verfügungen und Befehle treibt das Oberamt
zum Letzten: Der Wechsel wirt Schick wird
verhaftet und in Müllheim „eingetürmt". Der
widerspenstige Ex-Wirt wird mit 10 Reichstalern
und acht Tagen Gefängnis bestraft und erhält
Verdoppelung der Strafe angedroht, wenn er
nicht sofort nach seiner Freilassung den Maienbaum
entferne und das Wirten einstelle. Auf den
Einspruch des Eisenwerkverwesers Irion von
Oberweiler hin wird die Strafe suspendiert und
Schick auf Wohlverhalten freigelassen, da seine
Anwesenheit auf der Sirnitz beim Kohlenbrennen
unbedingt erforderlich sei. Dieser Erwerbszweig
sowie der Transport der Holzkohle zum
Eisenwerk war von jeher ein wesentlicher Bestandteil
des Lehenakkords der Sirnitzmeier und
durfte zum Wohle des herrschaftlichen Eisenwerkes
nicht gefährdet werden.
Nun erst kann Chr. Kiefer als Hirschenwirt
uneingeschränkt seines Amtes walten. Aber
immer wieder versuchen die Lehenmeier auf
eigene Faust und unterstützt von der Eisenfaktorei
, die alten Zustände wieder hergestellt
zu sehen. Doch sie werden stets abgewiesen.
1833 folgt als nächster Wirt Kiefers Schwiegersohn
Christian Lais. Natürlich lassen die Mitmeier
diese Gelegenheit, ihre Forderungen aufzuwärmen
, nicht ungenutzt vorübergehen. Aber
auch diesmal. dringen sie nicht durch. Als es den
Anschein hat, daß der Lehensanteil des Christian
Lais wegen fehlender Leibeserben an die Herrschaft
heimfallen würde, stellt einer der Meier
namens Gutmann den Antrag, statt des bisher
gewährten Personalrechtes auf der Sirnitz nun
ein Realrecht zu stiften. Die Vorgesetzten stellen
dem Antragsteller zwar das Zeugnis aus, daß er
der geeignetste Einwohner der Sirnitz sei, eine
Wirtschaft zu führen, falls Lais abziehen müsse;
der aber glaube, Rechtsansprüche zu besitzen,
die ihm erlauben würden, im Besitz der Wirtschaftsgerechtigkeit
zu bleiben. Lais bleibt wirklich
bis zu seinem Tode im Frühjahr 1836, und
auf Martini dieses Jahres tritt Lorenz Gutmann
als neuer Wirt auf, ohne aber das erstrebte Realrecht
zu erhalten. Seine Konzession wird auf
drei Jahre beschränkt.
Nun macht aber ein anderer Bewerber neben
Gutmann seine Ansprüche geltend. Es ist der
Schwager des verstorbenen Wirtes Lais, der Altvogt
Johann Georg Kalt von Schweighof, dessen
Ehefrau seinerzeit bei der Güterteilung der
Christian Kiefer'schen Eheleute benachteiligt
worden sei und nun berücksichtigt werden
müßte. Man schiebt die Entscheidung in dieser
Angelegenheit bis zum Ablauf der befristeten
Konzession des Lorenz Gutmann hinaus.
1840 ist es so weit. Es melden sich als, Bewerber
für die Schildgerechtigkeit nun David
Gutmann, der Sohn des obengenannten Lorenz
Gutmann, und Johann Georg Kalt. Der Gemeinderat
von Schweighof muß ein Gutachten abgeben
. Während Gutmann in seinem Gesuch sein
Haus als das günstig gelegenere und solider ge-
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