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//7es lofet, wm i toill fage.. /
Halbwegs astrologisches, halb ironisches Neujahrsgedicht des Johann Peter Hebel
Johann Peter Hebel hat zu Neujahr an seine
Freunde in der Heimat gar mancherlei gute
Wünsche aus der Residenz geschickt, all die
Jahre hindurch, die ihm vergönnt waren.
Aber der Neujahrsbrief von 1813, den er an
seinen alten Freund Georg Friedrich Dreuttel
sandte, in Versen und in alemannischer Mundart,
ist in seiner Art ein besonderes Carmen gewesen
und geblieben. Das mag in erster Linie hinwiederum
an der Art des Empfängers gelegen haben,
denn von dem Herrn Stadtpfarrer und Dekan
von Müllheim war bekannt, daß er, ein geborener
Efringer, zu den heiteren Theologen zählte,
deren es, wie es scheint, zu Hebels Zeiten mehr
gegeben hat wie später. Dreuttel war acht Jahre
älter als Hebel, war nie über das Markgräfler-
land hinausgekommen; was Hebels nie erfüllter,
sehnsüchtiger Wunsch so lange gewesen war,
nämlich eine dörfliche Pfarrei im Markgräfler
Oberland zu versehen, hatte Dreuttel in fast
reichlicher Fülle gehabt, ist Pfarrer in Wieslet,
in Hertingen, in Haltingen, in Schopfheim und
schließlich zu Müllheim gewesen. Dort starb er
1825, ein Jahr vor Hebel.
Aber nun sei endlich die Rede von dem Neujahr
sbrief, den ihm der Freund aus Jugendtagen
und nunmehr berühmter alemannischer
Dichter und hochangesehener Professor und Kirchenrat
ein Dutzend Jahre zuvor schrieb. Er
lautet folgendermaßen:
Jez loset, Dreuttel, was i euch will sage:
's neu Johr het uffem Chilchturm drizeh gschlage;
druf lueg i no de Sterne, wie's au stoht,
und wie's im neue Johr echt öppe goht!
Bi euch goht's guet. Denn was en Astrolog
gern seh möcht, sieht er, sei es an der Woog,
am Widder oder Leu, und an der Jumpfere
(wohl verstände, selsch am Himmel, jelimol au
uf der Erde).
Nun, wir wollen nicht alle drei Dutzend mundartlichen
und gereimten Zeilen aus des alemannischen
Dichters Neujahrsgedicht hier abdrucken
— wer hat schon heutzutag so wenig Eile, daß
er die gemächlichen Verse Hebels so liest, wie
sich das gehört; es mag genügen, den Inhalt zu
umschreiben. Er ist heiter genug.. .
Da hat also Johann Peter Hebel den netten
Einfall gehabt, in die eine Schale der Woog, der
Waage, tausend Zentner Gold zu legen, Glück
und Freud und Fried in die andere. Und wie
der Dichter einen Einwand macht, putzt die
Waage ihn ab: „Halt's Muul! Verstohsch du's
echterst besser?"
Worauf er antwortet: „He nei. I bi jo nummen
e Professer!" Um dann die weise Erkenntnis
anzufügen: „Isch Gold kei Glück, so bringts doch
au kei Harm, und macht's nit rieh, so macht's
doch au nit arm, wer's z'bnutze weiß..."
Die launigen Neujahrsverse von Hebel für
1813 an seinen alten Freund, den Dekan Dreuttel
von Müllheim, ein Original, von dem mancherlei
heitere Stücklein erzählt wurden, schließen mit
dem Wunsch:
Jez wisseners, und wird's im neue Johr
an Euch und Eurer Frau und Chinder wohr,
so isch's mi Freud. I blib, bis i verebel
Euer Hebel
(Aus einem Zeitungsblatt der BNN.)
Fritz Schülin, Binzen.
3afelö Kebgarten im OTatfgcäflerlanb
„Im Blaue zue ne sunnig Rebland,
E Lebland voller Obs un Wy,
E schöner Ländli fundsch nit gly,
's Markgräfler Land am Rhy!"
Glückliche Stadt, die vor den Toren ihre
gesegneten Fruchtäcker und Weingärten hat!
Wenn wir auf dem Münsterturm am großen
Rheinbogen mit Augen und Herzen dem Strom
und seinen Uferlanden zwischen Vogesen und
Schwarzwald folgen, dann offenbart uns die
Schau die Schönheit und Fülle einer begnadeten
Landschaft. * Wie der Rote Milan darüber seine
Schwingen breitet, alle Grenzen über dem Drei-
Staaten-Eck ignorierend, so möchte auch unser
Herz und Sinn das ganze, weit ausgebreitete
Land auf dem hohen Turm zu Pfalzmünster in
Liebe und Dankbarkeit umfassen. Wie der Sund-
gauer und Markgräfler seit eh und je zu ihrer
Stadt, zum Herzen ihrer Heimat drängten, so
führten auch zu allen Zeiten die Wege der Basler
zu den Feldern und Reben, zu den gastlichen
Häusern und sauberen Dörfern im Bauernland
der Stromebene, in die landschaftlich abgegrenzte
Bannmeile ihrer Stadt.
Besonders innig war von jeher die glückliche
Eintracht Basels mit seinem Rebland, dem Mark-
gräflerland. Das ist natürlich, wirtschaftlich,
sicher auch menschlich familiär wohl begründet!
Im Bewußtsein des Baslers sind Land und Leute
vom Blauen bis an den Rhein und ihr Wein
unter dem gleichen Begriff als „Markgräfler"
registriert. Wie gemütvoll sind doch die Besuche
der Basler Freunde zu den vertrauten Rebdörfern
, ihren Weinstuben und Kellerproben von
Jakob Burckhardt in seinen trefflichen Briefen
an den Lörracher Amtmann von Preen beschrieben
, so wie es zuvor und immer schon von allen
Generationen auch erlebt worden ist und wie
wir wünschen, daß es bleiben möge! Einst feierten
Stadt und Rebland gemeinsam d'Chilbi, den
Herbst, und huldigten nebeneinander fröhlich
dem jungen Wein, genossen dankbar die Gaben
des Herbstes, zum „Suuser" das kräftige Bauernbrot
. Nüsse und süße Trübli. Vor der Basler
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