http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-01/0012
Unterdottingen und Welmlingen. Alle Möglichkeiten
wurden bezüglich ihrer Vor- und Nachteile
diskutiert. Am günstigsten erschien ihm
Unterdottingen; hier habe das Flöz seine tiefste
Lage, daher müßten nach hier alle Salzwässer
zusammenströmen. Auch werde man hier schon
in 12 m Tiefe auf das Salzflöz treffen, weil die
höheren Flöze durch die Wässer des Sulzburger
Tales hinweggeschwemmt worden seien. Mehrere
Brunnen, so der untere Ziehbrunnen in Sulzburg
, ein Brunnen in Muggardt und vor allem
der Brunnen des Schmieds Beat in Unterdottingen
sollen Anzeichen von Schwitzsole gezeigt
haben. Alle für ein Salzwerk wichtigen Voraussetzungen
lägen vor. Triebwasser kann in Kanälen
aus dem Sulzburger Bach herangeleitet werden
; zur Erhöhung der Wassermenge könne man
oberhalb von Sulzburg Schwellweiher anlegen,
notfalls die Mühlen bei guter Gradierwitterung
stillegen. Eine auf dem erhöhten Ball rechter Feld
aufgestellte Gradierung kann von Winden aus
allen Richtungen bestrichen werden.
In einem erneuten Schreiben an den Markgrafen
vom 29. Februar 1776 betonte Erhard, daß
er die Nachgrabung an der Salzquelle in Unterdottingen
nicht aus Ehrgeiz oder Eigennutz
machen wolle, sondern um Fürst und Vaterland
zu dienen. Er möchte in einer Audienz dem Markgrafen
die Dinge selber darlegen, da er befürchtete
, daß ihm das Bergwerkskollegium seines
„habenden Caracters als Geometra" wegen nicht
wohl wolle und daß er dort „bello modo" abgewiesen
werde. Beim Bergkollegium werde man
außer in Rechtssachen wenig Consilium finden,
meinte er, denn die Herren seien von der Praxis
weit entfernt, auch hätten sie keine Lokalkenntnis
.
Man möge also hinter der Schmiede in Unterdottingen
einen Schacht mittlerer Größe bis auf
die Gipsflöze abteufen. Solange man mit Menschenhänden
die wilden Wässer halten könne,
solle geschachtet werden, hernach müsse man das
Gipslager mit Bohren völlig durchteufen, weil
auf seiner Unterseite die reiche Sole zu erwarten
sei. Nach Aufzählung von Einzelheiten meinte
er, daß 18 000 fl für den Bau des Schachtes ausreichen
würden.
Ein Anonymus — Ort und Name sind auf
seinem Schreiben vom 9. Mai 1776 unleserlich
gemacht — griff Erhards Darlegungen an. Zwar
könne man die Voraussetzungen und Hypothesen
des Ingenieurs keineswegs ganz verwerfen, doch
solle man allein auf dieser Basis keine so teuren
Schürfungen durchführen. Für eine Beratung
seien die amtlichen Bergsachverständigen geeigneter
als der Außenseiter. Eine Beschränkung
des Gradierens auf die Zeitspanne zwischen Mai
und September wurde kritisiert; man müsse die
Luftgradierung nur während des Frostes einstellen
, könne sich dann aber der Eisgradierung
bedienen. Erhard erhielt Kenntnis von diesem
Schreiben und beklagte sich sehr über die darin
offenbare kleinliche Denkweise. Man müsse den
Autor wohl im Kreise der Salzdirektoren suchen,
die von den technischen Dingen nicht viel
Ahnung hätten, da sie ganz auf die Oeconomie
beschränkt seien. Dieser Herr habe wohl kaum
das vorgeschlagene Gelände in Augenschein genommen
. Wenn er winters nicht gradieren wolle,
so geschehe das den Müllern zuliebe. Schließlich
seien 18 000 fl für ein wohlhabendes Land kein
zu großer Betrag, wenn man damit eine Saline
gewinnen könne.
Die Regierung hatte vom Kammerrat Fuchs
aus Basel ein Gutachten über die Denkschriften
eingefordert. Dieser Fachmann sah alle von
Erhard genannten Orte an und untersuchte weitere
Quellen in Badenweiler, Ballrechten, Kan-
dern, Kleinkems, Müllheim, Oberdottingen,
Oberweiler und Sitzenkirch. Alle enthielten nur
alkalische und sulphurische Bestandteile, doch
keine Anzeichen von Kochsalz; vitriolischer Geschmack
rührte von nahen Dunggruben her. Die
Quelle von Muggardt . erschien ihm noch am
besten; Fuchs erhielt aus 507 Pfund Wasser
durch Eindampfen 9 Pfund festen Rückstandes,
das ist eine Sole von 1,77 °/o Gehalt. Das Konzentrat
wurde durch den Apotheker Joh. Samuel
Vulpius in Müllheim untersucht; Kochsalz wurde
nicht darin nachgewiesen. Bei der Probeschachtung
in Unterdottingen hatte man zuoberst 4 m
Kiesboden durchgraben; darin standen viele
wilde Wässer. Es folgten 1,2 m blauer zäher
Letten, sodann 1,5 m eines festen schwarzen
Lettens mit Fasergips und sehr üblem Geruch.
Da man das Wasser nicht gebrauchen konnte,
wurde der Schacht wieder zugeworfen. Zum
Betrieb der Saline würde das Aufschlagwasser
nicht ausreichen, da man ja auch die anderen
Wassergewerbe und die Wiesenwässerung nicht
außer Acht lassen dürfe. Baue man Schwellweiher
oberhalb von Sulzburg, so müßte das
Städtchen mit Hilfe von langen, in widerstandsfähigen
Fels eingetieften Kanälen umgangen
werden, was die Sache sehr verteuere. Auch die
anderen von Erhard genannten Orte wurden von
Fuchs nicht gut beurteilt. Aus einer Quelle bei
Sitzenkirch soll ein Bergmannssohn Salz erzeugt
haben; 2 Maß Wasser gaben angeblich 1/8 Pfund
Salz her. Bei einem selbst angestellten Siedeversuch
blieb nur Kalkerde zurück. Als er in
die Leute drang, gaben sie den Betrug zu.
Trotz allen Schwunges, mit dem der Außenseiter
Erhard an die Salzsuche in den oberbadi-
schen Landen heranging, ist aus seinen Plänen
nichts Bemerkenswertes entsprungen. Weder die
Schichtenfolge noch die außerordentlich komplizierte
Tektonik im Oberrhein-Graben war in der
damaligen Zeit bekannt. Unbekannt war auch
die sehr große Salzlagerstätte im Sannois des
südlichen Grabenteils; diese war freilich mit den
damaligen beschränkten technischen Mitteln
nicht zu erreichen.
Wiederum vergingen Jahrzehnte. Im Rahmen
der sehr gesteigerten Bemühungen des jungen
Großherzogtums Baden, Salz auf eigenem Territorium
zu entdecken, geriet auch die Umgebung
von Sulzburg erneut ins Licht. Das „Historischstatistisch
-topographische Lexicon von dem Großherzogthum
Baden" meldet über eine Salzquelle
bei Sulzburg folgendes:
10
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-01/0012