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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-01/0014
„Erstens: Alle diejenigen, so nicht des Herren-
undt Ritter-Standtes oder aber unsere würkh-
lichen Räthe seind, keiner anderen, als der inn-
ländischen Tücher undt wollene Zeüge, welche
nemblich in unseren Erb-Könnigreich und Land-
ten fabricirt wordten. Deroselben Weiberen jedoch
glat-seidene, ebenfahls in unseren Erblanden
gemachte Zeüge, nebst einem dergleichen
seydenen Tüchel und Strümpf ohne eingetragenes
Gold und Silber zue tragen bis auf weitere
Verordnung erlaubt sein solle undt zuemahlen

Andertens der schädliche Luxus in dem Ge-
schmukh von Juweelen sich vornemblich bey
dem Frauen-Volkh äußeret, alß wollen Wür disen
kostbahren Zierath umb des gemeinen und eines
Jeden besonderen Nutzens willen hiemit gene-
raliter verbotten und solchen allein zum Splendo
Unseres Kayserl. Hoffes dergestallten vorbehal-
then haben, daß selbiger nur von jenen Cavalie-
ren und Damen, die bey Unseren Hoffe allhier
in Wienn und in anderen Unseren Erbkönigreich
und Landen zue erscheinen pflegen, erlaubet und
zuegelaßen sein solle; ingleichen ist

Drittens unser ernstlicher Wüll undt meinung,
daß jenem Mißbrauch, so von einigen Jahren
her mit dem kostbahren Tafel-silber sogar bey
ringeren Standespersohnen eingerißen, Zihl und
Maaß gesetzet werde, und sich diser prächtigen
Tafel-Zierde niemand, alß die des Herren- undt
Ritter-Standes oder auch unsere würkhl. Kays.
Räthe seyend, und auch dise mit geziemend
moderation in einem geringen quanto gebrauchen
sollen; damit aber

Viertens disem Unserem Gebott und Verbott,
welches wegen der Kleydung vom 1. Jenner 1733
anfangen, wegen der Juweelen und des Tafel-
Silbers aber ä Die Publicationis diser Patente
innerhalb 4 Monnathen seine Kraft und Wür-
khung haben, wegen abtragung der alten Kley-
der hingegen mit nächstem ein weithere Vorsehung
beschehen solle, durchaus mit schuldigstem
Gehorsamb nachgelebt werde, statuiren
und ordnen Wür, daß die Übertrettere als freventliche
Verächter Unserer Landesfürstlichen
Gesätze mit Einzieh- und Hinwegnembung aller
angemaßt - verbottenen Kleydung, Geschmuckh
und Silbers, wovon Wür die Helfte dem Denun-
cianten, die andre Halbscheyd aber denen Armben
überlassen, Je nachgestallten Dingen noch
mit anderweith empfindlicher Bestraffung ganzt
unverschonet angesehen werdten. Hierinnen auch
alle Vorsteher und Hausvätter auf ihre Untergebene
, daß selbe dargegen nit handien, genaue
Obsicht tragen, mithin ob der Befolgung diser
Unserer Pragmation angelegentlich halten sollen.
Undt daß aber

Fünftens jedermann die innländische von der
ausländischen Waar sichtbarlich unterschiden
möge, solle sowohl der dermahlige Vorrath von
inn- und ausländischen Tüchern und seidenem
Zeüg als auch was von nun an weithers von
frembten Tüchern undt wollenem Zeüg hereingehet
, sogleich bey der ersten Auspackhung der
Waar mit besonderer von denen einheimischen
distinguirten Bleyzeichnung signirt werden."

Unterzeichnet ist diese Verordnung außer von
Kaiser Karl, durch Philipp Ludwig Graf von
Sintzendorf und Joh. Friedrich Graf von Seilern.
Die Eindringlichkeit, mit der er sich von seinem
Schloß Laxenburg aus an alle Vasallen und
Untertanen wendet, ruft in den verschiedenen
Herrschaftsgebieten des Landes eifrigste Verfolgung
durch die Landvögte hervor, die nun
ihrerseits bis in kleinste Detail erweiterte Verordnungen
erlassen. Die Kleiderordnung der
Herrschaft Triberg, für deren Ausarbeitung sie
allerdings 16 Jahre brauchte, fand das allerhöchste
Wohlgefallen. Wien empfahl sie allen
Herrschaften zum Vorbild. 1712 — 1732 — 1748.
wir sehen, wie wenig die Jahrzehnte vor dieser
Regierung bedeuten, die wie eine zeitlose von
Gott verordnete Form über den Ländern ruhte.
Die Schreiben reihen sich ein, als wären sie nur
Tage voneinander verfaßt.

Triberg begnügt sich nicht mit einer allgemeinen
Erwähnung der Kleidung. Es verlangt
auch von den Untertanen beiderlei Geschlechts
in ihrer Kleidung künftighin eine vollkommene
Gleichförmigkeit in der ganzen Herrschaft. Sie
nimmt sich zuerst der Schuhe an:

„Erstlichen sollen hinfüro keine Manns- noch
Weiberschuch oder Pantofflen auf rahmen getragen
, noch auch die Absätze daran höcher als
höchstens IV2 Zoll hoch, auch nicht schmöhler
als IV2 Zoll (1 Wiener Fuß - 0,316 m, = 12 Zoll,
1 Zoll = 0,026 m) oder zwey zwerche Finger breit
gemacht, die Laschen oder Ohren an denen
Schuhen nicht breiter als eine zwerche Handt
überlegt, auch die Schuehe oder Pantofflen nicht
gerißen oder gestämpft werden, sondern solche
nach der vor 20 und mehr Jahren von ehrlich
und braffen Leüthen jeder Zeit beobachteten
ehrbahren Arth und modi widerumb eingerichtet
werden."

Es geht dieser Verordnung um mehr als nur
um eine Erzwingung einer Vorschrift. Die Zeit
drohte aus der Form zu geraten. Es ging so um
die Wiedergewinnung der Ordnung überhaupt,
der äußeren Ordnung nur als ein Ausfluß der
inneren. Es ging darum, der Zeit und den Menschen
wieder eine Norm zu setzen und ihnen
dadurch einen Halt zu geben, um gegenüber
dem gefährlichen, unheimlichen Form- und Ordnungslosen
einen schützenden Wall aufzuwerfen.

„Zweytens sollen hinfüro die Weiberröcke
oder Juppen nicht mehr mit Bäuschen gemachet
oder getragen, auch alsogar solle derley Bausch-
röckh abgeänderet, die Bäusch darvon gethan
und zu Beobachtung aller Ehrbarkeit diese Juppen
so lang gemacht werden, daß solche die
Unterröckhe völlig bedeckhen, auch wenigst bis
unter die Waden ablangen und bey gewachsenen
Persohnen das ende des Rockhs auf das allerhöchste
mit einer hiesigen halben Ehlen
(1 Wiener Elle = 77,76 cm, also hier 38,88 cm)
vom Boden an errichtet werden könne.

Drittens sollen die wollene Weiberküttel
künfftighin nicht mehr von allzufein und theü-
ren, sondern von dauerhaft und gemeinen wollenen
Tuech, wie man die Ehle umb 20 bis 25
Groschen erkaufen kann, gemacht und getragen,

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