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unsere „Thorbecke-Reihe" und andere wohl nennen
könnte, erfreuen sich solcher Beliebtheit, daß von verlegerischer
Seite wohl kaum Mut dazu gehört, den
bereits laufenden Reihenbüchern eine neue Reihe folgen
zu lassen. So wundert man sich auch nicht, wenn
die „Deutschland im Bild" - Reihe mit dem 13. Band
es unternimmt, uns das schöne Baden in Wort und
Bild auf den Tisch zu legen, nachdem ihm Bände
wie „Schönes Württemberg", „Unvergessenes Sachsen",
„Schönes Bayern" u. a. vorausgegangen sind.
Der Frankfurter Verlag war nicht schlecht beraten,
als er die Aufgabe, das schöne Baden in all seinen
geschichtlichen und landschaftlichen Intimitäten einer
breiten Öffentlichkeit vorzuführen, in die bewährten
Hände des Freiburger Schriftstellers Franz Schneller
legte, der auch auf diesen Seiten wieder beweist, daß
er die gehobene Sprache des Dichters spricht. Er ist
einer von jenen, von denen er selber sagt, daß sie,
die Dichter, „in ihrer Sprache immer das rechte Wort
finden".
Den Text zu den 110 das ganze Land Baden umfassenden
Meisteraufnahmen (an denen auch der
bekannte Freiburger Pressephotograph Willy Pragher
beteiligt ist) hat Schneller in zwei Abschnitte aufgeteilt.
Beginnend mit den prähistorischen Anfängen, eilt er
über die Zeiten der Kelten und Römer, die in Baden-
Baden und Badenweiler ihre Spuren bis auf den heutigen
Tag hinterlassen haben, hinweg, um sich etwas
breiter der Christianisierung der Alemannen Südbadens
und schließlich jener Zeit zuzuwenden, die von Herzögen
(Zähringer) und von Markgrafen ihre mehr oder
weniger gesicherte Ordnung erhielten. Neben einem
Seligen Bernhard und einem soldatischen Türkenlouis
sorgte die badische Geschichte immerhin auch für einen
Karl Wilhelm, der nicht nur die Stadt Karlsruhe gründete
, sondern auch in orientalischer Besessenheit einen
Harem von 160 „Gartenmägdlein" unterhielt, die, als
Husaren und Heiducken kostümiert, zu seiner Verfügung
zu stehen hatten. Auch unter den später folgenden
Großherzögen von Napoleons Gnaden gab es solche
und solche. Während noch unter Großherzog Karl (1812)
ein Hofskandal möglich war, wie die bis heute nicht
widerlegte Kindesunterschiebung, die dann als Kaspar-
Hauser-Legende bis auf den heutigen Tag lebendig
blieb, zeigten sich die letzten Großherzöge auf vorbildlicher
Höhe. Auf jeden Fall verabschiedete sich Friedrich
II. 1918 würdiger von seinem Volke, als jener
Sachsenkönig, der seine Untertanen mit der Aufforderung
verließ: „Macht euren Dreck alleene!"
Während der Verfasser den ersten Abschnitt des
Textes mit dem Untergang der Fürstenherrlichkeit abschließt
, beginnt er den zweiten Teil mit dem Baden
von heute. Ehe er sich auf Einzelheiten einläßt, erinnert
der Verfasser, um eine Grundlage des Verständnisses
beim weniger unterrichteten Leser zu schaffen,
an die stammesmäßige Zweiteilung der Bevölkerung
Badens in Alemannen südlich der Murg und Franken
nördlich der Murg. Aber dann hemmt ihn nichts mehr,
sein Füllhorn der Entdeckungen über seine Leser auszuschütten
. Und so macht er uns denn mit dem Brauchtum
, der Mundart, den Erwerbszweigen der Landschaften
bekannt, aber nicht in trockenen, in Statistiken
steckenbleibenden Aufzählungen, sondern eben in jener
„Sprache, die immer das rechte Wort findet." Da blitzt
und blinkt es nur so vom Gold der Metaphern, und
wenn er vom Schwetzinger Schloßgarten sagt, „nirgends
fallen Tropfen aus blauem Himmel wie beglückende
Noten einer Regensonate, wenn nicht hier", so ist es
ihm gelungen (ein Beispiel für viele!), das letzte Geheimnis
der Atmosphäre in Worte zu kleiden. Und dann
läßt der Verfasser an unserem geistigen Auge die
Städte Mannheim, Heidelberg, Karlsruhe, Baden-Baden,
Freiburg, Konstanz vorüberziehen, nicht ohne der mit
ihnen verbundenen geschichtlichen, wissenschaftlichen
oder kunsthistorischen Höhepunkte zu gedenken. Fürwahr
, hier hat einer der intimsten Kenner eines Landes
dessen Geheimnisse erschöpfend ausgebreitet und
enthüllt.
Dem Text kongenial ist das Bildmaterial, das die
Ausführungen des Verfassers ergänzt und kommentiert.
Verwechslungen bei den Unterschriften wären gelegentlich
einer Neuauflage richtig zu stellen.
Karl Willy Straub, Freiburg
„Heinrich Hansjakob, Dichter der Heimat
und des Volkes"
Preisgekrönte französische Arbeit wird in deutscher
Sprache gedruckt
Es muß nicht immer das Kinzigtal oder die Stadt
Haslach sein, aus deren Sicht man Leben und Werk
des Volksschriftstellers Heinrich Hansjakob betrachtet.
Ungefähr ein Viertel seines Lebens hat er in Haslach
zugebracht, der Stadt Haslach gebührt die Ehre Geburtsstadt
und Sterbeort zu sein, ganz in der Nähe liegt sein
Grab. 15 Jahre weilte er im Bodenseedorf Hagnau und
30 Jahre wirkte er in Freiburg als Stadtpfarrer von
St. Martin. In diese Freiburger Jahre fiel die reifste
und fruchtbarste Zeit seiner schriftstellerischen Tätigkeit
. Der Aufenthalt am Bodensee mag als Vorbereitungszeit
für sein eigentliches literarisches Schaffen
gelten, dessen Vollendung sich schließlich in seinen
Volkserzählungen findet. Damit ist ganz kurz sein
literarischer Weg gezeichnet, er wird immer den Kern
jeglicher Hansjakob-Biographie bilden. Man hat jedoch
in den letzten Jahren unverkennbar eine Hansjakob-
Renaissance erleben dürfen, die weit hinaus über unsere
Grenzen beachtenswerte Wellen geworfen hat, die aber
andererseits in kleineren oder größeren Darstellungen
Hans jakobscher Lebensschilderungen kaum einen Widerhall
finden. Nur zaghaft gehen diese über den konventionellen
, gut - bürgerlichen Lebenslauf Hansjakobs
hinaus und erschöpfen sich im Erzählen seiner mehr
oder weniger schon bekannten Lebensdaten. Kaum wird
beachtet, daß eine Hansjakob-Gesellschaft entstanden
ist, die sich bemüht, den Gesichtskreis um Hansjakob
zu vergrößern und die veranlaßt hat, daß die Stadt Haslach
als Erbin der Urheberrechte schon eine Anzahl
seiner besten Werke neu herausgab. Als einen beinahe
leidenschaftlichen Vorläufer der heutigen ökumenischen
Bewegung kann man Hansjakob bezeichnen, und nur
selten wird auf diese Zusammenhänge näher hingewiesen
; eine eigene selbständige Abhandlung darüber
könnte Hansjakob einmal von einer ganz anderen Seite
zeigen. Vieles das heute schon Wirklichkeit geworden
ist, hat er vorausgeahnt, anderes, damals noch unter
großen Widerständen, hat er geistvoll prophezeit. Große
Aufmerksamkeit fand unser Volksschriftsteller in
Frankreich, ein französischer Gelehrter nannte ihn einen
abendländischen Menschen, sein aufrichtiges und überzeugungstreues
Bekenntnis zur Demokratie, zu einer
echten Toleranz und Friedensliebe imponierte den Franzosen
außerordentlich, zwei Dissertationen beweisen die
Vorliebe der Franzosen zu unserm alemannischen Volksschriftsteller
. Dazu kommt noch, daß eine eingehende
Sippenforschung mehrerer Elsässer eine größere Anzahl
Hansjakob-Familien entdeckt, die sich bis zum Jahre
1600 zurück verfolgen lassen. Obwohl die urkundliche
Brücke zu den badischen Namensvettern noch nicht
gefunden ist, kann man mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit
annehmen, schon wegen der Eigentümlichkeit des
nicht sehr häufig vorkommenden Namens, daß irgendwelche
verwandtschaftliche Beziehungen bestehen. Jedenfalls
sind, begründet durch diese Forschungen, schon
zwei deutsch - französische Hansjakob - Tage zustande
gekommen.
Aus dieser erweiterten Schau her betrachtete Frl.
Marie-Paule Stintzi aus Mülhausen (die Tochter des bekannten
Historikers Professor Paul Stintzi) Leben und
Werk Hansjakobs und überließ, was sehr nahe lag, den
elsässischen Forschungen einen größeren Raum. Ihre
sehr gründliche, in deutscher Sprache abgefaßte Arbeit
reichte sie an der Universität Grenoble ein, die ihr dafür
einen Preis verlieh. Durch einige namhafte Spenden ist
es gelungen, die Arbeit beim Verlag Rombach, Freiburg,
in Druck zu geben, so daß sie bis in einiger Zeit im
Buchhandel erscheint. Damit ist nicht nur eine Lücke,
infolge des Fehlens einer neuen, zeitgemäßen Biographie
Hansjakobs, ausgefüllt, Hansjakob wird in der vorliegenden
Arbeit nach ganz neuen Gesichtspunkten gewertet
, der konventionelle „Becke-Philipple" übersteigt die
Pfähle seiner Geburtsstadt Haslach in neue Gefilde, weit
über die Grenzen seiner Heimat und übernimmt moderne
europäische Verpflichtungen; Franzosen und mit
ihnen die Abhandlung der Frl. Stintzi, haben zum ersten
Male auf diese Gesichtspunkte im literarischen Werke
Hansjakobs hingewiesen und machen den Volksschriftsteller
uns noch weit wertvoller. Dr. Mötsch, Freiburg
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