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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-04/0006
das Erdendasein zurückgekehrt und dieser „aufgeweckte
" Charakter sprach: „Der Tod ist nicht,
wie er uns gelehrt wird!" — Diese ketzerische
Behauptung schockierte Columba und er befahl
rasch und heftig: „Uir, uir, air bal, Orhain, ma'n
labhair e tuile combh radh" — was bedeutet:
Erde, Erde auf den Mund des Orhain, daß er
nicht mehr aussagen kann.

Und so wurde das Grab wieder zugeschaufelt.

Daher heißt diese Stätte: der Friedhof des
Orhain.

Columba war ein heiliger Mann. Seine rigorose
Entscheidung entsprach seiner religiösen
Überzeugung, daß Zweifel sündig sind und von
schlechtem Einfluß. Mochte Orhain mit seinen
Jenseitserlebnissen selber fertig werden — auf
Jona standen sie nicht zur Debatte.

Columba beschäftigte sich nicht nur damit,
klösterliche und kirchliche Gründungen vorzunehmen
und dem unfruchtbaren Boden Ernten
abzuringen — er übersetzte die Psalmen, und
die Legende erzählt, daß er selbst hinüberschlief
ins Jenseits bei der Übersetzung des 34. Psalms:
die in dem Herrn sterben.

Seine Mönche setzten seine Werke fort, und
die christliche Gemeinde auf Jona führte ein
vorbildliches Leben in Werktätigkeit und religiösen
Übungen.

Es war 20 Jahre nach dem Tode des Heiligen
Columba, als der junge Königssohn Oswald von
Northumbrien in diese Welt christlichen Lebens
flüchtete. Es war von ausschlaggebender Bedeutung
für seine Entwicklung, daß der Geist dieser
Klostergemeinde auf seine junge Seele wirkte,
seine Gedanken bestimmend beeinflußte.

Was Canterbury in Südengland war, ein Vorposten
und Stützpunkt des katholischen Christentums
mit römischem Ritus, das war Jona für den
Norden mit keltischem Ritus. Hier in Jona wurde
Oswalds Charakter geformt, seinem Leben Ziel
und Richtung gegeben. Während seine älteren
Brüder Jona verließen, den christlichen Glauben
aufgaben, war für Oswald die christliche Lehre
der Ausgangspunkt seiner Entschlüsse, als er
nach dem Tode seiner Brüder den Thron von
Northumbrien bestieg.

Tapfer stellte er sich den heidnischen Feinden
entgegen, die sein von ihm dem Christentum zugeführtes
Königreich an sich zu reißen drohten.
Oswald hatte eine Vision. Der Heilige Columba
erschien ihm als Lichtgestalt und breitete sein
leuchtendes Gewand über Oswald und seine
kleine - Schar.

„Seid guten Mutes und tapfer", mahnte der
Heilige, „zieht in die Schlacht sobald der Tag
anbricht. Gott wird euch den Sieg geben und
dem heidnischen Tyrannen den Tod bringen. Du
aber, Oswald, wirst dann in Frieden dein Land
regieren".

Im Zeichen eines von ihm aufgepflanzten
Holzkreuzes gewann Oswald den ihm zugesagten
Sieg. Er regierte sein Land in Frieden; er verstärkte
sein apostolisches Wirken. Die Saat ging
auf, die die Mönche in Jona gesät hatten, als sie
den schutzsuchenden Knaben aufnahmen um

einen Gotteslohn. Mit Hilfe der Mönche errichtete
Oswald Klöster in seinem Lande, Schulen
für die Jugend und Missionsschulen. Mit Umsicht
und Menschenkenntnis ging er zu Werke in weltlichen
und geistigen Belangen. Er festigte seine
irdische Macht, wurde Oberkönig (Overlord) der
britischen Heptarchie und konnte mehr und
mehr tun für die Ausbreitung des Christentums.
Doch es kam der Tag, an dem er wieder den
Kampf gegen das Heidentum aufnehmen mußte.
38 Jahre war Oswald alt, als er dem heidnischen
König von Mercien gegenüberstand und im Jahre
642 auf dem Schlachtfeld von Maserfield fiel.

Oswald fiel mit den Worten: Gott sei den
armen Seelen gnädig. Auf die Überlieferung dieser
Worte bezog sich der nicht mehr bestehende
Oswald - Altar „zu den armen Seelen" im Freiburger
Münster.

Die Legende erzählt weiter: Oswalds Leichnam
lag vor dem Tor eines Frauenklosters, doch
die angsterfüllten Nonnen wagten es nicht ihn
zu bergen. Penda von Mercien ließ den Leichnam
zerstückeln. In der Nacht stieg eine Lichtsäule
auf von dem Märtyrer Oswald, und die
Zellen des Klosters waren von diesem Licht erfüllt
. Nun nahmen die Nonnen die Reliquien
in ihre Obhut. Oswalds Haupt aber mußte auf
Pendas Befehl ein Jahr auf einer Stange zur
Schau gestellt werden. Früh schon wurde Oswald
unter die Heiligen aufgenommen. Der 5. August
ist sein Namenstag6.

Oswald ist der Prototyp seines britischen Volkes
, kein Träumer, der über Visionen und Gebet
die Forderungen des Tages versäumt. Diese Kraft,
mit der er sich bis zum Tode für seine religiöse
Verpflichtung einsetzte, soll auch von seinem
physischen Leibe ausgegangen sein. „Das Gras
wuchs grüner, wo Oswald fiel", sagt die Legende.
Noch im Tode gab er seinem Volke seine Kraft.

Sein Kult verbreitete sich über die britische
Grenze hinaus auf das Festland, von dem seine
Vorfahren gekommen waren. Die Überlieferung
sagt, daß Odin selbst, der Asenwalter, der Stammvater
von Oswalds Geschlecht sei.

Als die Germanen („Die Oswaldlegende und
ihre Beziehungen zur deutschen Mythologie" von
Zingerle) getauft waren und ihre Nebengottheiten
aufgeben mußten, wurde Oswald, der Asenwalter
, mit Odins Raben zum Sinnbild einer
Vereinigung des alten Götterglaubens mit dem
Christentum.

In den Legenden sehen sie Oswald auf einem
Schimmel durch die düstere Bergnacht reiten.

Wie weit sich der Oswaldkult über den europäischen
Kontinent ausbreitete, beweisen die
Legenden in Tirol, wo auch eine Oswaldkapelle
steht (am Idefinger), wohin alljährlich Pilgerzüge
wandern. In Niederbayern gibt es Gegenden, wo
die Erntebauern Randhalme stehen lassen,, die
mit Waldblumen zusammengebunden eine Dankesgabe
an Oswald sind, ein Altarschmuck auf
der fruchtbaren Erde (Bernouilli).

Als Alkuin, der Lehrer und Freund Karls des
Großen, noch in seiner britischen Heimat York

6 auf Jona der 9. August.

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