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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/markgrafschaft-1965-04/0008
wurden, erfolgte zu Verwaltungszwecken die
Aufteilung des eroberten Landes in Gaue, an
deren Spitze ein fränkischer Graf stand. Die
Niederlassungen der neuen Herren im Klettgau
aber erkennt man an der Silbe -heim, wie bei
Grießen (Grießheim), Rheinheim, Horheim usw.
Sie wurden von den Franken an den strategisch
wichtigen Fluß- und Bergübergängen angelegt.

Im frühen Mittelalter bis zum Jahre 1408 regierte
das Haus Habsburg-Laufenburg im Klettgau
, der nun zu einer reichsunmittelbaren Landgrafschaft
erhoben worden war. Ihm folgten die
aus Schwaben stammenden Grafen von Sulz,
deren fast dreihundertjährige Herrschaft es nie
verstanden hat, das Vertrauen und die Zuneigung
der Klettgauer Untertanen zu gewinnen.
Viel Unglück, Kriegsnot und willkürliche Unterdrückung
brachen über das Land am Randen
herein. Dazu waren die neuen Herren in ständiger
Geldnot, was sich wiederum zum Nachteil
des Ländchens auswirkte. Als der Bischof Otto
von Konstanz 1482 Schloß und Stadt Tiengen an
die Grafen von Sulz verpfändete, wurde dieser
Ort zur Residenz der Grafen und damit zur
Hauptstadt des Klettgaus. 1497 erwarben die
Grafen von Sulz auch noch die Herrschaft Küssa-
burg. Die ausgedehnten Ruinen der stolzen Burg,
deren Großartigkeit uns noch heute beeindruckt,
lassen sich mit der Festung auf dem Hohentwiel
und mit den zerstörten Burgen der Markgrafen,
der Burg Rötteln bei Lörrach und der Hochburg
bei Emmendingen, vergleichen. Vom idyllisch
gelegenen Dorf Bechtersbohl gelangt man auf
den Burgberg, von wo der Blick weit über die
Lande schweift, nach Süden über die Stadt der
hl. Verena und der Messen des Mittelalters,
Zurzach am Rhein, bis zum Säntis und den Berner
Alpen, nach Norden und Westen zum Hochranden
und den dunklen Schwarzwaldbergen.

Das Städtchen Tiengen, das einst im Jahre
1146 den berühmten Kreuzzugsprediger, den hl.
Bernhard von Clairvaux, in seinen Mauern sah,
war 1241 aus der Herrschaft der Grafen von
Küssaburg in diejenige des Bistums Konstanz
übergegangen, dessen Wappen, eine thronende
Madonna mit dem Jesuskind, als Stadtsiegel gewählt
wurde. Die Konstanzer Bischöfe belehnten
zunächst die Freiherren von Krenkingen mit
Schloß und Stadt Tiengen, zu Beginn des 15.
Jahrhunderts aber kamen beide als Pfand an die
Herren von Blumeck und später an den berüchtigten
habsburgischen Landvogt Bilgerin von
Heudorf, der sich in unablässigen Fehden mit
den Eidgenossen herumschlug und so deren Haß
auch auf das Städtchen Tiengen lenkte. So kam
es am 1. August 1415 zum Überfall der Schweizer
auf die Stadt und 1468 zur Einnahme Tiengens
durch die Eidgenossen, während die feindlichen
Truppen die Belagerung des benachbarten Waldshut
aufgaben und mit Herzog Siegmund von
Österreich Frieden schlössen.

Die Stadt Schaffhausen hatte gegen die Willkür
und die Rauflust des vorderösterreichischen
Adels, der sogar ihren Bürgermeister Amstad
gefangen und erpreßt hatte, erfolgreiche Hilfe
und Zuzug durch Züricher, Berner und Solo-

thurner erhalten und schloß sich der Eidgenossenschaft
an..., der Klettgau, die einstige zusammengehörige
Landgrafschaft, war nun damit
politisch endgültig gespalten! Immer schärfer,
wurde der Gegensatz zwischen Schweizern und
„Schwaben"; die auf Österreichs Schutz pochenden
Ritter des Klettgaus und des Hegaus verachteten
die Schweizer Bauern und verspotteten
sie als „Kühmelker". Als es im Jahre 1499 zum
offenen Krieg zwischen der Schweiz und dem
Reich kam, zum sogenannten Schwabenkrieg,
trat der Graf von Sulz, nunmehr Tiengens Landesherr
, obgleich er in das Bürgerrecht von
Zürich aufgenommen war, auf die Seite des
habsburgischen Kaisers und ließ seine Stadt
Tiengen und die Küssaburg durch die Truppen
des Schwäbischen Bundes besetzen. Der Graf von
Sulz selbst, Lux von Reischach und Graf Sigmund
von Lupfen führten mit drei Geschützen
diesen Zug durch, den die Eidgenossen als verräterischen
Überfall bezeichneten. Voll Genugtuung
bemerkt ein Schweizer Chronist zu dieser
Tat, daß die Untertanen des Grafen — im Gegensatz
zu ihrem Herrn — den Eidgenossen die
Treue gehalten und — 300 an der Zahl — in
deren Lager gezogen seien. Sie standen bis zum
Ende des Krieges beharrlich auf ihrer Seite.

Im April des Jahres 1499 erfolgte nun der
Gegenschlag der Eidgenossen gegen den Grafen
von Sulz und den Schwäbischen Bund. Bernes
Züricher, Freiburger, Luzerner und Zuger zogen
vor das Städtchen, um an den Grafen von Sulz,
Lupfen und Fürstenberg wegen ihrer feindseligen
Haltung Rache zu nehmen und ihren grimmigsten
Gegner, den kaiserlichen Hauptmann in
Tiengen, Dietrich von Blumeneck, zu bekämpfen.
Am ersten Tag der Belagerung hielt sich die
Besatzung des Städtchens trotz starker Beschießung
recht tapfer. Anders wurde die Lage, als
schon am zweiten Tag der von Blumeneck den
Mut zum weiteren, erfolgreichen Widerstand
verlor und sich in Verkleidung aus dem Staube
machte. Es gelang ihm, sich in Sicherheit zu
bringen; sein Schreiber dagegen, der ihm folgte,
wurde im eidgenössischen Lager, durch das er
hindurch mußte, erkannt und von einem Soldaten
getötet. Man fand bei ihm eine Anzahl wichtiger
Geheimschriften. Nach der Flucht ihres
Hauptmanns stellten die kaiserlichen Truppen in
Tiengen Johann von Baldegg zum Kommandanten
auf. Die feige Flucht Dietrichs von Blumeneck
aber hatte in der Stadt ansteckend gewirkt:
„Es entfiele ihnen das Herz", wie der Schweizer
Chronist Michael Stettier 1627 anschaulich vermerkte
. Die Besatzung beschloß, mit den Eidgenossen
zu verhandeln. Ein Priester im Chorrock
wurde an einem Seil die Stadtmauer herabgelassen
, begab sich als Parlamentär in das
feindliche Lager und bot die Übergabe der Stadt
Tiengen an. Die Schweizer nahmen das Anerbieten
an. Den Kaiserlichen wurde freier Abzug
gewährt unter der Bedingung, daß sie an keinen
kriegerischen Handlungen gegen die Eidgenossen
mehr teilnehmen würden. Zu ihrer Sicherung
verlangten die Schweizer außerdem 20 Geiseln.

Eigenartig mag das Schauspiel gewesen sein,

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