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er ziemlich groß, mußte wie ein Brückenheiliger
dahergehen, weswegen er den Übernamen Nepo-
muk erhielt.
Seine Mutter war das Schnitzmadel, Magdalena
Hägin. Sie war Witwe des Hans Jerg Schöninger
und wurde auch wegen ihres Buckels
Schnitzbuckel genannt. Sie hatte mit ihren 62
Jahren schon ein bewegtes Leben hinter sich.
Einmal war das häßliche von Blattern gezeichnete
alte Weib bei der Hinrichtung der Julian
Speltin in Rottweil mit hinausgeführt und vor
allem Volk ausgepeitscht worden.
Durch ihre Schwester Regina, 56 Jahre alt,
hing auch diese Familie wiederum mit einer anderen
asozialen Sippe zusammen. Regina war» die
Frau des auf 40 Jahre auf der Galeere befindlichen
Jacob Bandles vulgo Schildacher Jakobles.
Sie war die Hehlerin ihrer vier diebischen Töchter
. Die älteste war 24 Jahre alt, sie hieß Julia
und saß im Zuchthaus zu Buchloe. Die zweite,
Anna Maria, war ein Jammerbild: „Sie war vermutlich
von der venerischen Krankheit stockblind
und in dem Gesicht und Hals angefressen,
so daß sie fast nicht reden kann und immer von
ihren Schwestern herumgeführt werden muß."
Die dritte Tochter von 21 Jahren war die Geliebte
des Kostanzerhans gewesen und hatte viel
Anlage zu einer Hauptjaunerin. Zur Zeit war
Andreas Stiefel ihr Liebhaber, ein junger Bursche
von 20 Jahren, „für sein Alter ziemlich korpulent
, wetzt im Gehen mit den Knien." Bleibt
noch die vierte Tochter Anna von 16 Jahren,
vulgo Anneiii, mit ihrem sauberen langlechten,
doch etwas bleichen Gesicht; allerdings kommt
zu diesem lieblichen Bild ein freches Mundstück.
Ein Prachtexemplar war auch die über fünfzig
Jahre alte Marianne Bäurin. Was für Lebens-
schicksale sind hier in konzentriertester Form
vor uns gestellt: „Marianne Bäurin, vulgo Mehl-
baschins Meyanne, oder Stillheberinn, die Mutter
von Magdalena Schauberin und Catharina Schau-
berin, welche den auf 101 Jahr auf die Galeere
geschickten Maurer Mathißle, zur Ersten — den
zu St. Blasien verstorbenen V'renahans, Johann
Schauber, zur zweyten — und den, den 16ten
Jenner 1783 zu Rothmünster gehängten Schultoni
zur dritten Ehe hatte, und vor etlich und dreyßig
Jahren zu Haßlach gebrandmarkt worden ist, von
Kappel bey Freyburg gebürtig, etlich und 50 Jahr
alt, nicht gar groß und mager, hat braune Haare
und graue Augen."
Von ihrer Schwester Barbara ist nicht viel zu
sagen; sie war lang und dürr. Ihre zweite Schwester
: „Sophia Bäurinn, vulgo Mehlbaschins Sophie
, welche den im Jahr 1750 zu Wolf ach geräderten
Felix Franz Moser zur Ehe gehabt, dort
gebrandmarkt und ausgepeitscht worden, halte
sich viel im hintern Hambach auf, seye mittelmäßiger
Größe, dürr, habe ein schwarzes langes
Gesicht, braune Augen und schwarze Haare."
Schließlich hatte sie noch eine dritte Schwester,
Catharina, 40 Jahre, „ein dick besetztes Mensch
und Schwester des mit dem Moser zu Wolfach
1750 gehängten Mehlbaschins Joekele."
So geht die Reihe weiter zum Meinrädle, der
eigentlich Meinrad Wahler hieß, von Lautenbach
bei Schramberg stammt und auch der schwarze
Bettelbub oder Schweizerbub genannt wurde.
Von ihm ist nichts Schlechtes außer im Vorbericht
gesagt; er war ein Hausierer mit öl und
kurzer Ware.
Einen reizenden Namen trug mit ihren 23 Jahren
das Schnauzmadel, Magdalena Flaiginn, die
bei Zell oder Gengenbach zu Hause war. Eine anschauliche
Beschreibimg ist auch für den Johann
Nikolaus Höltzle gegeben, dessen Geschichte sogar
noch in einer großartigen Romanze endet:
„Der schöne oder starke, Maußbübin oder Schwabenhans
, auch Rasi genannt, des eigentlichen Namens
Johann Nikolaus Höltzle, gegen 30 Jahr alt,
von vagirenden Eltern im Würtenbergischen erzeugt
und erzogen, zimlich gros und besetzt, habe
schwarzbraune Augen, schwarze Haare, ein aufgeworfenes
Maul, eine grose Nase, breite Schultern
und dicke Waden. Ist ein gefährlicher Dieb,
der mit Pistol und Messer versehen, und schon
bey einigen Mordthaten gewesen seyn soll. Zu
Rottweil ist er inngesessen, und durch Hülfe des
Stadtbotten Tochter daselbst, um Ostern 1782
entwischt." Seine Frau war die Julian Speltin,
bei deren Enthauptung zu Rottweil die Magdalena
Hägin ausgepeitscht worden war. Der schöne
starke Schwabenhans hat sich mit der Marian
Rohrin von Wieblingen getröstet, die ein paar
Jahre zuvor zu Deisenhofen von ihrem Ehemann
Adolph durch den Strang befreit worden war.
Wenn man die Beschreibung der Barbara
Reinhardin liest: „sehr schwarz wie eine Zigeunerin
vom Gesichte, mit hellrothen Lippen,
schwarzen Augenbrauen und Haaren", kann man
den schon mehrmals erwähnten Kostanzerhans
verstehen, daß er sie ihrem Manne, dem Schlei-
fertonele, entführt hat. Es wundert uns auch
nicht, daß sie als eine gefährliche Jaunerin bezeichnet
wird, da sie zu Sulz am Neckar aus dem
Gefängnis durchgekommen.
Zu nennen wäre noch der Hafenguck oder
Geschirrkaspar, der in der Waldshuter Gegend
mit Geschirr und Sägen handelte. Der blatternarbige
krumme Peter mit dem ausdrucksvollen
Übernamen Scheißhacken soll zu Buchloe gerichtet
worden sein. „Der Luxentoni und Schwarz-
Märtele haben in Gesellschaft des verstorbenen
V'rönahansen den 11. Jenner 1765 ihren Schwager
, den Freiburger Metzgerle beym Löcherberg
im Bischöfl. Straßburgischen Oberamt Oberkirch
totgeschlagen, wobey des Märteles Frau sich auch
gebrauchen lassen."
Vom Zundel-Vere ist nur berichtet, daß er
auch Hosensaicher genannt wurde. Der Spengler
Sephen Kristele war noch ein junger Bursche von
18 Jahren, hatte aber ein Weib von 30 Jahren, an
der außer ihrem Namen Agathe nichts Gutes
war, ein dürres wüstes Weibsbild mit rotbraunem
Haar, von dem es heißt, sie „seye ein unflätiges
Mensch." Zur Zeit saß sie aber für sechs
Jahre im Hüfinger Zuchthaus samt des Sephen
Schwester. Glück hatte in dieser Hinsicht des
Peter Baschis Kathrinen Hans, der mit 17 Jahren
das schöne Bärbel von gleichem Alter zum Weib
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